Soziale Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung


Trotz steigender Beschäftigungszahlen geht das Armutsrisiko nicht zurück. Foto: EFE

In einem Bericht bestätigt die EU das Wirtschaftswachstum, schlägt jedoch Alarm wegen der anhaltenden sozialen Krise

Brüssel/Madrid – Die EU-Kommission hat die politische, wirtschaftliche und soziale Lage Spaniens unter die Lupe genommen und die Ergebnisse in dem „Bericht Spanien 2017“ festgehalten. Dabei hat Brüssel den wirtschaftlichen Aufschwung bestätigt und die ehrgeizigen Reformen, die Stabilisierung des Finanzsektors und die Verbesserung der Arbeits­losenquote gelobt. Auf der anderen Seite hat die EU-Kommission auf das dramatische „Vermächtnis der Krise“ und die „bedeutenden Herausforderungen“ hingewiesen, denen sich das Land zu stellen hat. Dabei sieht die EU-Kommission die übermäßige Staatsverschuldung und die wenig stabile Finanzlage zwar als problematisch bei einer Wirtschaftsflaute an, schlägt jedoch regelrecht Alarm hinsichtlich der wachsenden sozialen Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung. Im EU-Vergleich würde Spanien besonders schlecht abschneiden, urteilt die EU-Kommission.

Als einen der Hauptgründe führt Brüssel die problematische Struktur des Arbeitsmarktes und die hohe Quote zeitlich befristeter Arbeitsverhältnisse an, die dazu geführt habe, dass 13% der Beschäftigten von Armut bedroht seien.

Wachsende Armut

Die EU-Kommission kommt in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass sich Spanien, trotz der Verbesserung der makro-ökonomischen Daten, drei großen Herausforderungen stellen muss: Der sozialen Ungleichheit, der Armut und der Ausgrenzung.

Die Schere zwischen den Reichsten und den Ärmsten klaffe immer weiter auseinander, und zwar mehr als bei den anderen EU-Mitgliedsstaaten, heißt es in dem Bericht. Dabei weist die EU-Kommission speziell auf die wachsenden Probleme der ärmeren Bevölkerungsschichten, den Zugang zur Gesundheitsversorgung betreffend, hin.

Zwar habe sich die Lage der spanischen Wirtschaft in den vergangenen drei Konjunkturjahren verbessert, jedoch nicht die sozialen Indikatoren. Die Wirtschaft würde Arbeitsplätze schaffen und die Arbeitslosigkeit abbauen, trotzdem seien die Daten über Armut und Ausgrenzung nur leicht zurückgegangen. Das Armutsrisiko sei sogar weitaus größer als in den schlimmsten Krisenjahren. Besonders bedroht seien Kinder und junge Erwachsene im arbeitsfähigen Alter.

Zur Untermauerung dieser Fakten führt Brüssel folgende Zahlen an: Einer von acht Beschäftigten sei von Armut bedroht. 28% der Bürger – davon ein Drittel Kinder – befänden sich in der Gefahr der sozialen Ausgrenzung.

Dringender Handlungsbedarf

Als Hauptgründe für die anhaltende soziale Krise nennt die EU-Kommission die im Vergleich zu anderen EU-Staaten „begrenzten“ besonderen Sozialleistungen seitens der Unternehmen (beispielsweise Teil­übernahme von privater Kranken- oder Rentenversicherung, Zuschüsse für Weiterbildung oder Schulgeld der Kinder, Flexibilität der Arbeitszeiten), die fehlende Koordination zwischen den Arbeits- und den Sozialämtern, die geringe Unterstützung für Familien und, vor allem, den hohen Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse. Nur in Griechenland liege der Anteil befristeter Arbeitsverträge noch höher als in Spanien mit 27%.

Jeder vierte, 2016 neu abgeschlossene Arbeitsvertrag sei für weniger als sieben Tage abgeschlossen worden. Es bestehe das „hohe Risiko“, dass sich die Langzeitarbeitslosigkeit verfestige und die Jugendarbeitslosigkeit nicht unter die 40%-Marke sinke. Alle Programme und Pläne der Regierung zur Bekämpfung von Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit hätten nicht gefruchtet, so heißt es in dem niederschmetternden Urteil der EU-Kommission, die dringenden Handlungsbedarf seitens des Staates für erforderlich hält.

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