Spanien nähert sich der Normalität

Die Präsidentin von Spaniens Epidemiologischer Gesellschaft, Elena Vanessa Martínez, mahnt zur Vorsicht. Foto: efe

Die Präsidentin von Spaniens Epidemiologischer Gesellschaft, Elena Vanessa Martínez, mahnt zur Vorsicht. Foto: efe

Regionalregierungen heben Beschränkungen für die Gastronomie, die Kultur sowie das Nachtleben auf

Madrid – Die fünfte Welle schwächt sich ab und die 14-Tage-Inzidenz ist auf 91 gesunken, der niedrigste Stand seit einem Jahr. So weisen sämtliche Indikatoren auf eine Verbesserung der epidemiologischen Situation hin. Alles Zeichen dafür, dass sich Spanien der Normalität vor Beginn der Corona-Krise annähert. In der gleichen Woche, in der die Schüler wieder in ihre Klassenräume strömten und das Büro wieder das Homeoffice ablöste, haben zahlreiche regionale Verwaltungen die Beschränkungen für Gaststätten und Nachtlokale sowie für Kultur- und Sportveranstaltungen aufgehoben.

91 Fälle auf 100.000 Einwohner in zwei Wochen ist der niedrigste Stand seit August 2020. Andere Indikatoren wie Krankenhauseinweisungen, die Belegung der Intensivbetten und die Zahlen der positiven Tests weisen in dieselbe Richtung. Und auch Umarmungen in den Alten- und Pflegeheimen, sind endlich wieder möglich, denn in einigen Regionen ist nach so langer Zeit der persönliche Kontakt wieder erlaubt. Andalusien erlaubt nun auch wieder Prozessionen.

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, erklärten die von der Zeitung El País befragten Epidemiologen, doch die Situation ­erlaube auf jeden Fall ein gewisses Aufatmen nach der recht schlimmen fünften Welle. Alle Anzeichen seien zurzeit sehr vorteilhaft: Die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ­ausbreitet, lag zum Beginn des Monats nach den letzten vorliegenden Daten bei 0,77 also unter eins, wie es die Gesundheitsbehörde empfiehlt. Außerdem liegen die diagnostischen Tests (585.000) die in der letzten Woche durchgeführt wurden mit 4,77% unter dem von der Weltgesundheitsbehörde festgelegten Wert von 5% um anzunehmen, dass sich die Pandemie unter Kontrolle befindet. Weitere positive Werte: Am 18. September wurden 3.809 Krankenhauseinweisungen wegen Covid registriert. Weit entfernt von den 30.000 im Januar. 1.028 Patienten befinden sich auf den Intensivstationen, fünfmal weniger als zum Jahresbeginn. In einigen Regionen wurde mehrere Tage lang kein Todesfall registriert, und weniger als 100 ­Patienten werden in den Krankenhäusern behandelt. In den Alten- und Pflegeheimen sind wesentlich weniger Sterbefälle zu verzeichnen. Die wöchentliche Zahl ist von 176 im August auf 76 im September zurückgegangen.

Elena Vanessa Martínez, die Präsidentin der Spanischen Gesellschaft für Epidemiologie, warnt dagegen, nicht die Vorsicht zu vergessen und weiterhin aufmerksam zu bleiben. Auch wenn es wegen der hohen Impfquote für das Virus schwieriger sei, sich zu verbreiten, müsse man beobachten, wie es sich zu den Jahreszeit-bedingten Viren verhält. Martínez stimmt mit Professor José Martínez Olmos vom Andalusischen Gesundheitsdienst überein, der vor einer neuen Welle warnt. „Es gibt noch sieben Millionen ungeimpfte Personen in Spanien und wir sind auch nicht vor einer neuen Variante des Virus sicher.“

Schulen und Hochschulen haben den Unterricht aufgenommen und bei den Letzteren ist ein großer Teil geimpft: 65,8% der 12- bis 19-Jährigen haben inzwischen beide Impfungen erhalten und auch die Präsenz am Arbeitsplatz hat wieder weitläufig an Raum gewonnen. Nur noch 9,4% der Angestellten arbeiten von zu Hause, halb so viele wie im zweiten Quartal 2021.

Wie schon eingangs erwähnt, haben viele Autonomien damit begonnen, soziale Aktivitäten flexibler zu gestalten. So hat Madrid sämtliche zeitlichen Beschränkungen für Restaurants, Bars, Kinos, Theater und Nachtlokale aufgehoben und die Zahl der zugelassenen Personen auf 75% angehoben. Tanzen und der Aufenthalt an der Bar sind jedoch nach wie vor nicht erlaubt. In Andalusien müssen die Bars um 2.00 Uhr und die Discotheken um 3.30 Uhr schließen. Auch hier wurde die Personenzahl auf 75% erhöht und es darf – allerdings mit Mund- und Nasenschutz – getanzt werden, wenn die Tanzfläche sich im Freien befindet. Verbote für Kinos, Theater, Konzerthäuser, Sportevents und religiöse Veranstaltungen wurden aufgehoben. Besonders wurde begrüßt, dass auch Prozessionen wieder abgehalten werden können.

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