Deutsche und französische Firmen planen riesige „Solarfarmen“
Im vergangenen Jahr wurde in den deutschen Medien mehrfach über das „Desertec-Projekt“ berichtet, bei dem es darum geht, in Nordafrika mittels riesiger Solaranlagen Strom zu erzeugen und diesen nach Europa zu leiten. Weniger bekannt ist, dass Frankreich ein ähnliches Projekt plant unter dem Namen „Solarplan Mittelmeer“.
Madrid – Dieses Projekt wurde auf einem Kongress für Sonnenenergie in Valencia am 11. und 12. Mai näher diskutiert, wobei sich die Vertreter Spaniens für eine engere Zusammenarbeit mit dem französischen Projekt ausgesprochen haben. Besonders der größte spanische Stromversorger REE und die Firma Abengoa Solar, die in Südspanien schon mehrere Solarkraftwerke gebaut hat, haben ihr Interesse bekundet.
Dabei sehen sie es nicht als ein Hindernis an, dass beide gleichzeitig auch im deutschen Desertec-Konsortium vertreten sind.
„Wir sind nicht mit Desertec verheiratet, darin sind wir polygam“, meinte Alberto Carbajo, der Generaldirektor von REE, scherzhaft. „Unsere geografische Lage macht uns zum Durchgangsland, deshalb sind wir sehr daran interessiert, dabei zu sein, und Desertec hätte keinen Sinn ohne uns. Aber dasselbe haben wir auch den Franzosen gesagt.“ Damit spielt er darauf an, dass der Strom aus Nordafrika am wirtschaftlichsten über Spanien geleitet werden kann.
Auch der Direktor für internationale Entwicklung von Abengo Solar, Michael Geyer, weist darauf hin, dass sich seine Firma nicht in Konkurrenz mit den Franzosen sieht. Die französischen Pläne vergleicht er mit der Bedeutung des Schengen-Abkommens für Europa, nur eben auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien.
Noch sehr viele Fragen offen
Spanien ist nicht nur als Transitland an den Wüsten-Solarprojekten interessiert, sondern weil es als einziges europäisches Land bisher große solarthermische Anlagen gebaut hat und betreibt, wie etwa den Solúcar-Komplex bei Sevilla. Nach derzeitigem Stand der Technik sind solche die preiswerteste Variante, Solarenergie in großem Stil zu gewinnen. „Wir denken eher an solche Anlagen als an Photovoltaik, aber noch ist nicht klar, ob letztere weiterhin die teurere Alternative bleiben wird“, erklärte Carbajo. Photovoltaik-Module wandeln das Sonnenlicht direkt in Strom um, sind aber noch relativ teuer, wenn auch die Preise in letzter Zeit dank weltweiter Großproduktion sinken. Solarthermische Anlagen nach spanischem Muster hingegen gehen den Umweg über Wärmeenergie: Viele computergesteuerte Spiegel konzentrieren das Licht auf einen Behälter in einem Turm, wo ein flüssiges Medium aufgeheizt wird, das dann seinerseits konventionelle Dampfturbinen mit Generatoren antreibt. Der Nachteil an dieser Technik ist unter anderem, dass dafür viel Kühlwasser benötigt wird, wovon es in der Sahara recht wenig gibt. Alternative Luftkühlung durch Luftkondensatoren ist zwar technisch möglich, aber um einiges teurer. Zwar brauchen auch Photovoltaik-Panele Wasser, um regelmäßig den Staub abzuwaschen, aber das sind vergleichsweise geringe Mengen.
Staub- und Sandstürme sind generell ein großes Problem am Standort Nordafrika, denn sie sorgen für einen hohen Verschleiß der Spiegel – ein riskanter Kostenfaktor. Das größte technische Problem ist aber der Stromtransport über solch weite Strecken nach Europa. Die üblichen Wechselstrom-Hochspannungsleitungen haben zu hohe Verluste, von dem Strom würde nur ein Bruchteil ankommen, der Rest ginge unterwegs als Wärme verloren. Einzige Alternative sind neuartige Gleichstromleitungen hoher Leistung, wie sie derzeit in der Nordsee bei Offshore-Windparks getestet werden. Doch auch hier sind die Kosten noch sehr hoch, zu hoch, um Desertec oder ähnliche Projekte wirtschaftlich zu machen. Laut Planungen von Desertec müssten die Leitungen 100 Gigawatt über Tausende von Kilometern transportieren, eine gigantische Leistung, die dennoch nur 15 % des europäischen Energieverbrauchs entspräche. Insgesamt soll aber die fünffache Menge erzeugt werden, da 340 GW für den lokalen Verbrauch und 60 GW für Wasserentsalzung vorgesehen sind. Zu welchem Preis der Strom dann in Europa ankommt, kann nur vermutet werden. Teurer als der derzeitige wird er auf jeden Fall.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die politische Lage im Maghreb, wie das arabische Nordafrika auch genannt wird. Niemand weiß, ob sie langfristig stabil bleiben wird, angesichts der Rebellen in Algerien, der ungeklärten Nachfolge von Libyens Diktator Gaddafi oder dem schwelenden Westsahara-Konflikt. Wer auch immer in diesen Ländern die Macht bekommt, hätte einen wichtigen Teil der europäischen Energieversorgung in der Hand – mit allen denkbaren Folgen.
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]