Spektakuläre Entführung


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Unternehmer stundenlang in Verbrechergewalt

Am Mittwoch, dem 24. November, wurde Francisco Morales, Inhaber der Juwelier-Kette „Te quiero“, in seinem Haus in Igueste de Candelaria von maskierten Männern überwältigt. Stundenlang befand er sich in der Gewalt der Entführer, die ihn bedrohten, erpressten und schlugen. In einem unbemerkten Moment konnte der verletzte Unternehmer fliehen.

Kurz darauf wurden vier Verdächtige festgenommen und der Justiz überstellt. Drei Tage nach dem Geschehen schilderte Francisco Morales einer kanarischen Tageszeitung das Erlebte. Seine Geschichte könnte aus einem erstklassigen Action-Film stammen, doch tatsächlich ist sie real. Der Unternehmer machte stundenlang das Schlimmste durch.

Den polizeilichen Untersuchungen zufolge beobachteten die vier Verdächtigen bereits im Voraus den Juwelier, um seinen Tagesablauf kennenzulernen. Daraufhin entwickelten sie einen minutiösen Entführungsplan, der in der Nacht vom 23. November in die Tat umgesetzt wurde. Die Untersuchungen weisen darauf hin, dass ein Mitglied der Bande zwei weitere in einem Mietwagen zum Haus von Morales brachte. Scheinbar kletterten der 38-jährige J.H.L.B. und der 28-jährige J.J.R.S. über die Mauer des Anwesens und verbargen sich dort bis 13.00 Uhr des nächsten Tages, Zeitpunkt, in dem der Juwelier nach Hause kam.

Nachdem Morales seinen VW-Bus California in der Garage geparkt hatte, versperrten ihm auf einmal zwei maskierte Individuen in Militärkleidung den Weg. Einer der beiden trug ein Maschinengewehr mit abgeschnittenem Kolben. Nach den Worten „Dies ist ein Überfall“ warfen sich beide auf den Unternehmer, verpassten ihm einen Schlag mit dem Gewehr und legten seine Hände in Handschellen. Die Füße wurden mit Draht zusammengebunden. Als Nächstes filzten sie den hilflosen Mann, nahmen ihm 2.750 Euro sowie Rolex-Uhr, Armband, Ring und Halskette im Wert von circa 105.000 Euro ab. Dann zogen die beiden Maskierten ihr Opfer in den VW-Bus und ließen ihn erst einmal dort allein zurück.

Nach einer Weile holten sie ihn wieder heraus, um ihn nach Lage und Codes für den Safe zu fragen. Doch die Entführer warteten die Antwort des Juweliers nicht ab, sondern zerrten ihn aus dem Bus und schleppten ihn zum Tresor. Unter Druck öffnete Morales den Sicherheitsschrank und die Verbrecher entnahmen Goldstücke, Silbermünzen, zwei Kreditkarten und 300 Euro Kleingeld. Die maskierten Männer zeigten sich unzufrieden mit der Beute und verdeutlichten ihrem Opfer, nicht mit weniger als 300.000 Euro das Haus zu verlassen.

Nachdem sie Morales erneut die Hände auf dem Rücken gefesselt hatten, warfen sie den hilflosen Mann auf ein Bett. Während mehrerer Stunden wurde er von einem der beiden mit dem Gewehr in der Hand in Schach gehalten, während der andere des Öfteren zum Telefonieren den Raum verließ. Mehrmals schlugen sie den wehrlosen Mann und zerbrachen ihm diverse Zähne. Um ca. 16.00 Uhr brachten sie ihn wieder in den VW-Bus und fuhren zu einem versteckten Haus im Anaga-Gebirge, wo sie dem Unternehmer eröffneten, ein weiterer Entführter befinde sich drinnen und sie würden diesen nun umbringen, da er ihren Erwartungen nicht entsprochen hätte. Als Nächstes hörte Morales drei Schüsse. Die ganze Zeit über ließen sie den Unternehmer im Bus; zuerst schauten sie alle paar Minuten nach ihm, später wurden die Zeitabstände größer. Scheinbar fühlten sie sich sicher, denn irgendwann entfernte einer der beiden seinem Opfer die Fußfessel. Morales hatte während der gesamten Entführung einen kühlen Kopf bewahrt, und so sah er auch nun seine Chance gekommen. Als er wieder allein war, robbte er sich auf den Beifahrersitz, setzte sich mit dem Rücken zur Tür und öffnete diese mit gefesselten Händen. Zwar frei, aber noch nicht außer Gefahr, rutschte Morales einen Hang hinunter. Am Ende befand sich ein Pfad, den der Unternehmer in absoluter Dunkelheit auf den Knien entlang robbte. Er gelangte auf den Zugangsweg zum Haus der Entführer und von da endlich auf die Straße. Nach insgesamt zwei Stunden erreichte der geschundene Mann, barfuß, die Hände am Rücken gefesselt, blutend und mit ausgeschlagenen Zähnen das Forsthaus in Casas de la Cumbre.

Vier Verdächtige

Der Förster betätigte umgehend den Notruf. Während Morales in das Hospital Universitario Nuestra Señora de la Candelaria gebracht wurde (am Abend des nächsten Tages konnte er dieses bereits wieder verlassen), begannen Nationalpolizei und Guardia Civil mit den Ermittlungen.

Kurz darauf verständigten Anwohner von Bajamar und Tegueste die Behörden über zwei brennende Fahrzeuge; die Entführer hatten VW-Bus und Mietwagen zwecks Beweisvernichtung in Brand gesetzt. Zwar blieben die eilig eingerichteten Straßenkontrollen ohne Ergebnis, doch kamen die Beamten in ihren Untersuchungen schnell voran. Zunächst einmal wurde der Mann identifiziert, der den Mietwagen besorgt hatte. Über Zeugenaussagen und den im Haus von Morales und der Finca im Anaga-Gebirge gefundenen Beweise kam die Polizei auch den anderen drei vermutlich Beteiligten auf die Schliche, so dass innerhalb von 72 Stunden nach der Entführung bereits vier Verdächtigte festgenommen wurden.

Am 29. November ordnete der zuständige Richter die Inhaftierung des 38-jährigen J.H.L.B., des 28-jährigen J.J.R.S. sowie des 39-jährigen R.C.P. an. Letzterer war Tage vor der Entführung immer wieder im Umfeld der Finca im Anaga-Gebirge von Zeugen gesehen worden. Der 39-jährige L.S.S., der den Wagen angemietet hatte, wurde bedingt wieder auf freien Fuß gesetzt. Alle Verdächtigen stammen aus La Laguna.

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