Die Bürgermeisterin von Candelaria lässt das Viertel Bajo la Cuesta wegen der noch nicht einmal anberaumten „Sicherung eines Steilhanges“ räumen, ohne die Unterbringung der aus ihren Heimen vertriebenen Familien zu organisieren
Teneriffa – Die Begleitumstände lassen den Eindruck von Willkür und Enteignung aufkommen: Eine Häuserzeile am Wasser, gut zwei Dutzend Häuschen unter einer Steilwand am Meer, der Ortsteil Bajo la Cuesta von Candelaria. Eine Wohnsituation, die dank der bergigen Struktur der Insel auf Teneriffa weiß Gott keine Seltenheit ist.
Dort, wo nach Angaben alteingesessener Anwohner seit Jahrzehnten kein Stein aus der Wand gefallen ist, wird der Hang von der Gemeinde für instabil erklärt und die Absicherung angeordnet, eine Absicherung, welche die nicht sonderlich begüterten Bewohner der Häuser selbst bezahlen sollen. Bürgermeisterin María Concepción Brito setzt die Idee vor Gericht durch, der Gerichtsbeschluss wird dem Anwalt der Betroffenen nicht zugänglich gemacht, die Räumung hastig, mit nur einem Tag Vorankündigung und weit vor Ablauf der gerichtlich gesetzten Frist angeordnet und mit Polizeiaufgebot am 27. Oktober durchgezogen – ohne zuvor die Unterbringung der ohne unmittelbare Not oder Gefährdung aus ihrem Heim vertriebenen Familien inklusive verschiedener Babys und Haustiere zu organisieren.
Die Anwohner sollen nun ihre doppelte Unterbringung selbst organisieren und bezahlen, nur einige wenige erhalten für begrenzte Zeit Sozialhilfe. Für die Absicherung der Steilwand ist kein Unternehmen beauftragt und kein Baubeginn angesetzt. Es gibt keinen Anhaltspunkt, wann die Anwohner in ihre eigenen Häuser zurückkehren können. Eine Planung der persönlichen Umstände, der notwendigen Mietdauer der Ersatzwohnung etc. wird damit unmöglich. Die aus ihren Häusern vertriebenen Menschen hängen sozusagen in der Luft. Wird die Sicherung des Hanges tatsächlich zwangsweise auf Kosten der Anwohner durchgeführt, werden die meisten ihre Häuser verlieren, weil sie dann überschuldet sein werden.
Einwohner vermuten Verschleierung
Die Betroffenen befürchten ohnehin, dass hinter der gewaltsamen und angeblich nur vorübergehenden Räumung nicht das Steinschlagrisiko steht, sondern „private und politische Interessen“, einen Sporthafen und eine Urbanisation zu bauen – eine Enteignung durch die Hintertür.
Der Gedanke ist nicht abwegig. Warum sonst werden nicht zuerst eine Gefahrenanalyse und ein Kostenvoranschlag erstellt, die Finanzierung geklärt und dann der Auftrag ausgeschrieben, um die Anwohner erst ganz am Ende dieses Prozesses und nur für die Dauer der Bauarbeiten einvernehmlich in Ausweichquartieren unterzubringen? Die Einwohner von Bajo la Cuesta haben schon vor Jahren bei ähnlicher Gelegenheit bewiesen, dass sie keine Querulanten sind: Wie deren Anwalt José Ortega der Bürgermeisterin in Erinnerung rief, ist das gesamte Viertel schon einmal sechs Monate lang umgesiedelt worden, als oberhalb die dritte Autobahnfahrspur gebaut wurde. Damals gab es klare Absprachen mit dem öffentlichen Bauträger, und es waren keine Gerichtsurteile nötig, um die Maßnahme durchzuführen.
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