Strafverschärfung für sexuellen Missbrauch beschlossen


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Seltene Einigkeit im Madrider Parlament

Egal, um welches Thema es ging, in den letzten vier Jahren war ein einstimmiger Beschluss im spanischen Abgeordnetenkongress insbesondere wegen des sturen Konfrontationskurses der oppositionellen Volkspartei (PP) nicht möglich.

Madrid – Die Ermordung der fünfjährigen Mari Luz Anfang des Jahres in Huelva durch einen wegen sexuellen Miss­brauchs bereits verurteilten Päderasten, der nur aufgrund einer Reihe schwerwiegender Jusitzirrtümer noch auf freiem Fuß war, hat nun jedoch erreicht, was Terrorismus und Anschläge mit Todesopfern nicht zustande gebracht haben. Am 3. Juni verabschiedete der spanische Abgeordnetenkongress, allen voran die regierenden Sozialisten und die oppositionelle Volkspartei, einen Entschließungsantrag, durch den unter anderem die Strafen für sexuellen Missbrauch verschärft werden sollen. Das betrifft vor allem die Fälle, bei denen die Opfer Kinder, also besonders verletzliche Personen sind. Außerdem wurde beschlossen, dass im zentralen Strafregister künftig auch die Informationen hinzugefügt werden, die die Strafen und Sicherheitsmaßnahmen in rechtskräftigen und noch anfechtbaren Urteilen betreffen, die wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbsbestimmung gefällt wurden.

Sichtlich bewegt wohnte Juan José Cortés, Vater der ermordeten Mari Luz, in Begleitung des Bürgermeisters von Huelva auf der Besuchertribüne der denkwürdigen Sitzung bei. Wenige Tage zuvor waren er und seine Frau von Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero im Moncloa-Palast empfangen worden, wo sie ihm unter anderem eine Liste mit über 500.000 Unterschriften überreichten, durch die die härtere Bestrafung von Päde-rasten gefordert wurde. Der Ministerpräsident hatte ihnen dabei bereits zugesichert, dass er alles, was in seiner Macht steht, unternehmen würde, um eine entsprechende Reform des Strafgesetzbuches zur Verschärfung der Strafen in Fällen sexuellen Missbrauchs anzustrengen.

Einer nach dem anderen richteten die Fraktionssprecher vom Rednerpult aus ihre Worte auch direkt an Juan José Cortés. So erklärte Julio Villarrubio, parlamentarischer Justizsprecher der Sozialisten beispielsweise, die erreichte Einigung aller Parteien zur Verhinderung ähnlicher Fälle sei die bestmögliche „Hommage an Mari Luz“. Jordi Jané, Parlamentarier der katalanischen CiU, erklärte seinerseits: „Wir müssen alle in dieselbe Richtung rudern, das ist die beste Nachricht, die wir der Gesellschaft von hier aus signalisieren können.“ Und Emilio Olabarría von der baskischen PNV richtete sich direkt an Cortés und erklärte: „Die Gesellschaft dankt Ihnen für ihren Mut und die Lektion in Sachen Zivilcourage, die Sie mit Ihrem Engagement erteilt haben.“

Wenige Tage darauf erklärte Justizminister Mariano Fer­nández Bermejo noch eine weitere Veränderung, die im Rahmen des Entschließungsantrags beschlossen wurde und sicher noch lange für Gesprächsstoff sorgen wird, da es um einen äußerst heiklen, womöglich verfassungswidrigen Punkt geht. Demnach sollen Päderasten mit schlechter Rehabilitationsprognose nämlich künftig selbst dann noch nicht die Freiheit wiedergewinnen, wenn sie ihre Haftstrafe abgesessen haben.

Wie eine derartige Sicherheitsmaßnahme in einen gesetzlichen Rahmen gefasst werden kann, der nicht gegen die Verfassung verstößt, ist noch unklar. Bermejo versicherte jedoch, dass sämtliche Möglichkeiten diesbezüglich überprüft werden. So bestehe beispielsweise unter Umständen die Möglichkeit Päderasten, die ihre Haftstrafe abgesessen haben, jedoch nach Meinung von Experten weiterhin eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen, durch besondere psychologische Betreuung, Annäherungsverbote an Orten wie Schulen und Kinderspielplätzen oder den Einsatz eines Ortungschips noch länger und besser unter Kontrolle halten zu können.

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