Türkei: Mittler zwischen Okzident und Orient


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Marktfocus von Gerd Bennewirtz, Geschäftsführer der SJB FondsSkyline OHG 1989

In seiner turbulenten „Entführung aus dem Serail“ schilderte Wolfgang Amadeus Mozart schon 1782 das Aufeinandertreffen von westlicher und orientalischer Kultur.

Was liegt da in Zeiten heftiger Integrationsdebatten näher, als das Singspiel neu zu interpretieren – auf Türkisch? Kürzlich war in der Frankfurter Oper Premiere. Wenige Wochen, nachdem sich die Türkei erfolgreich als Partnerland der Cebit präsentierte.

 

Deutschland buhlt um Aufmerksamkeit am Bosporus nicht ohne Grund. 2010 war die Türkei eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Auch 2011 werden die Türken  Eu­ropa und die EMEA-Region hinter sich lassen. Von Krise keine Spur mehr.

 Die Investitionen schnellten 2010 beträchtlich in die Höhe. Ein Ende ist nicht in Sicht, schließlich plant Premier Erdogan fleißig am zweiten Bosporus: Einer Wasserstraße zwischen Schwarzem Meer und Marmara-Meer, die Panama- und Suez-Kanal in den Schatten stellen soll. Auch der größte Flughafen des Landes, ein Eisenbahntunnel unter dem Bosporus und ein neuer Istanbuler Hafen sind in Vorbereitung.

Türkei: Schnelles Wachstum

2010 legte das BIP 8,9 Prozent zu – nicht nur in Europa ein Spitzenwert. Der Aufschwung steht auf breiten, stabilen Säulen: Zweistellige Wachstumsraten bei Industrie, Bau, Handel, Transport und Logistik. Über 20 Prozent Umsatzzuwachs in Maschinen- und Bergbau, Automobil-, Textil- und Chemieindustrie sowie bei Verarbeitern von Holz, Eisen und Stahl. Solide auch die Verwendung des BIP: Die Investitionen erhöhten sich 2010 um 29,9 Prozent. Spitzenreiter hier: Maschinen und Ausrüstungen mit 43,0 Prozent. Den kräftigen Aufschwung der Baukonjunktur tragen staatliche Infrastrukturprojekte, Privat- und Wohnungswirtschaft gleichermaßen. „Auffallend im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren ist die gestiegene Wachstums-rate des privaten Konsums“, betont Germany Trade & Invest – Dank der jungen, aufstrebenden Bevölkerung. Davon profitiert auch Deutschland, mit 9,6 Prozent Exportanteil größter Abnehmer der Wirtschaft am Bosporus und mit 10,0 Prozent hinter Russland ihr zweitgrößter Lieferant. Für 2011 prognostiziert die Weltbank ein BIP-Plus von über 5,0 Prozent. Damit ließe die Türkei erneut die gesamte EMEA-Region hinter sich. Eine Überhitzungsgefahr droht dennoch nicht. Im März fiel die Inflationsrate mit 4,0 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 41 Jahren. Die Notenbank rechnet fürs Gesamtjahr mit 5,4 Prozent Teuerung und hat eine Erhöhung des Leitzinses (derzeit 6,25 Prozent) in Aussicht gestellt. Türkische Aktien im ISE 30 sind mit einem KGV von10,97 günstig bewertet. Lob erntet die Türkei auch von Ratingagenturen. S&P und Moody´s hoben ihre Bonitätsausblicke auf „positiv“ an. Grund: Die solide Verfassung des Finanzsektors, der die Krise ohne Staatshilfe meisterte.

Die Staatsverschuldung schrumpfte von 74,0 Prozent des BIP 2001 auf 39,0 Prozent 2008 und erreichte auch 2010 nur moderate 41,0 Prozent. Nach den Parlamentswahlen im Juni könnten die Rater türkische Bonds auf „Investment Grade“ hochstufen und damit weitere ausländische Investoren anziehen. Diese müssen vor Ort steuerlich gemeldet sein, um an der Börsehandeln zu können. Eine Aufgabe für Profis, zumal der Markt nach wie vor volatil ist: In den letzten fünf Jahren schwankte der MSCI Turkey um 42,34 Prozent, der MSCI All Countries World um 16,30 Prozent.

 

Fazit – Türkei: Mittler zwischen Okzident und Orient, Wasser und Wüste, Nato und Nicht-Nato. Das hohe Wachstumspotenzial wird konse-quent genutzt. Konsequent mit­­investieren.

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