Unterwegssein – zu zweit


Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

Auch in diesen Tagen lässt sich das wieder schön beobachten. Entweder beim Spaziergang am Strand, an der Eisdiele, auf der Plaza – Menschen sind unterwegs, und das häufig zu zweit.

Das jung verliebte Paar, der Vater mit seinem Kind, zwei Jugendliche auf dem Weg zum Strand, das ältere Ehepaar, das sich anschickt, ein Café aufzusuchen. Die einen gehen Hand in Hand, die anderen nebeneinander her, manche berühren sich gar nicht und dennoch ist zu sehen: Die gehören zusammen.

Zu zweit unterwegs, das tut offensichtlich gut. Sicher, manchmal ist es mehr als wichtig, allein zu sein, für sich selbst zu bleiben. Aber genauso wichtig ist es, jemanden anderen neben sich zu wissen, zu spüren: Ich bin nicht allein. Da ist meine Frau, Freundin, mein Bekannter, meine Bekannte da, auf die ich mich immer verlassen kann. 

Für mich ist es kein Wunder, dass Jesus seine Freunde immer zu zweit losschickt. Immer zu zweit sollen sie seine Botschaft unters Volk bringen. Eigentlich gewöhnungsbedürftig, wenn man es nach heute geltenden Maßstäben bedenkt. Denn da würde man doch sagen, wenn er jeden allein losschickt, dann kann er 6 Dörfer und Städte mehr abdecken, erreicht er doch noch viel mehr Menschen. Das ist wahr. Aber zu zweit unterwegs, das ist wichtiger, als nur einfach mehr Leute anzusprechen. Zwei können sich unterstützen, austauschen, einander Hilfe sein. Zwei können intensiv miteinander sprechen, gemeinsam überlegen, was als Nächstes zu tun ist. Und: zwei können auch leichter miteinander lachen und fröhlich sein. Übrigens ist es im jüdischen Recht bis heute so, dass niemals ein Zeuge allein ausreicht; es müssen wenigstens zwei sein.

Mich erinnert das ein Stück weit an die Schöpfungsgeschichte. Denn schon dort wird deutlich wie schnell Gott merkt, dass ein Mensch eigentlich nur eins ist: allein. Deshalb bilden Adam und Eva nicht nur das erste Paar der Geschichte, sondern sie zeigen auch: Menschen brauchen andere Menschen, sind auf andere angewiesen, leben von und durch andere Menschen. Wenn Jesus also seine Jünger zu zweit losschickt, dann lautet ein Teil seiner Botschaft eben auch: Es geht nicht darum, dass jede/r nach seine/r Fasson selig wird, sich durchs Leben kämpft und für sich selbst den Alltag besteht. Nein: Leben braucht immer auch den anderen.

Unsere Gesellschaft hat lange nach dieser Überzeugung gelebt. Schließlich sprechen wir nicht umsonst von einer Solidargemeinschaft: Kranken-,

Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung funktionieren bis heute doch nur, weil Menschen füreinander da sind, aufeinander achten. Im Moment aber scheint es so, als würde diese Übereinkunft kippen. Als würden Menschen vor allem nur noch auf sich selbst schauen und für sich selbst sorgen wollen und damit zeigen: ich brauche den/die anderen nicht. Wenn Jesus seine Jünger aber zu zweit losschickt, dann sagt er damit überdeutlich: mit einer solchen Einstellung seid ihr auf dem Holzweg. Ihr braucht einander sehr wohl. Sichtbar wird das doch auch, wenn ich mal krank bin. Wie gut tut es da, wenn jemand da ist, der mir einen Tee macht, mal die Hände auflegt, einen Zwieback ans Bett bringt oder mich einfach besucht. Das hilft oft mehr als jedes Arzneimittel. Und genauso will ich dann auch für andere da sein, die mich mal brauchen.

Ja, Menschen brauchen Menschen, um gesund zu werden. Wenn die Bibel davon erzählt, dass die Jünger losziehen und die Kraft von Jesus bekommen, unreine Geister und Dämonen auszutreiben, dann mag das im ersten Moment etwas ungewohnt für unsere Ohren klingen. Welche Krankheitsbilder sich dahinter verbargen, lässt sich heute nur vermuten. Aber für mich ist viel wichtiger, dass die Jünger damit eben nicht nur von einem menschenfreundlichen Gott erzählen, sondern davon, dass der Glaube heil macht. Dass unser Glaube ein Gaube ist, der den ganzen Menschen meint, der Leib und Seele betrifft.

„Wer heilt, hat recht“. Dieser Satz hat etwas. Letztlich ist es mir doch egal, ob ich durch ein Medikament, durch ein Gespräch oder durch Handauflegen gesund werde. Hauptsache ist doch: Ich werde gesund! Und ich bin dem dankbar, der mich gesund gemacht und das richtige Mittel gefunden hat. Genau so stelle ich mir aber auch die wandernden Jünger als Menschen vor, die heilen und damit deutlich machen, dass ihre Botschaft die richtige ist. Denn wer mich gesund macht, dem kann ich vertrauen, der oder die ist gut zu mir. Und dann sehe ich auf meinen eigenen Glauben und mein eigenes Leben und frage mich: Lebe ich das, was ich glaube? Rede ich nur vom Glauben – oder mache ich Menschen auch gesund? Das muss nicht so sein, wie bei den Jüngern. Aber hat das, was ich sage und tue, eine heilende Wirkung auf andere Menschen? Macht es sie vielleicht zuversichtlicher, fröhlicher, gelassener, selbstbewusster, dem Leben zugewandter? Vielleicht noch nicht oft genug. Aber Medizin für die Seele ist jeden Tag gefragt – also habe ich jeden Tag eine neue Chance.

Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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