Urteil gegen Aufrundungspraxis der Mobilfunk-Anbieter


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Verbraucherschutzbehörde OCU erreicht ersten Etappensieg gegen Telefónica, Amena und Vodafone

David gegen Goliath. Oder auch Verbraucherschützer gegen das Oligopol der Mobilfunk-Betreiber in Spanien. Ähnlich wie im Bereich der Internetanbieter, die sich hierzulande durch überhöhte Preise, mangelhafte Dienstleistungen und einen katastrophalen Kundendienst auszeichnen, sieht sich der spanische Verbraucher einem fast hoffnungslosen Kampf ausgesetzt, wenn es gegen die drei Mobilfunk-Anbieter geht, die den spanischen Markt unter sich aufgeteilt haben.

Madrid –

Undurchsichtige Abrechnungen

Ein Gericht hat nun einer Klage der Verbraucherschutzbehörde OCU Recht gegeben, in der es um die gängige Praxis der Aufrundung bei der Abrechnung von Handygesprächen geht. Am 5. September reichte OCU die Klage bei einem Gericht in Madrid ein. Es ist bei allen drei Anbietern üblich, dass dem Verbraucher jeweils ein Fixbetrag für den Beginn des Gesprächs berechnet wird, ohne dass auch nur ein Wort gesprochen wurde.

Danach wird die erste Gesprächsminute in Rechnung gestellt, egal ob man nun 59 Sekunden oder nur 10 Sekunden gesprochen hat. Alle weiteren Minuten werden dann – in dem vor Gericht behandelten Fall – in 30-sekündigen Abständen berechnet, wiederum ohne Rücksicht darauf, ob das Gespräch nun weitere zwei oder 20 Sekunden gedauert hat.

Gemeinsame Front der Mobilfunk-Anbieter

Wie zu erwarten, legten die drei Unternehmen ihre Unterschiede zur Seite als es darum ging, sich vor Gericht zu verteidigen. Dass diese Unterschiede eh nur in den Farben ihrer Werbekampagnen wiederzufinden sind und eine praktisch identische Preisstrategie am Markt praktiziert wird liegt in der Natur der Sache, wenn die Zahl der Konkurrenten so niedrig ist.

Ihre Argumente gingen in die Richtung, dass die Komple-xität der angebotenen Dienstleistungen eine minutengenaue Abrechnung unmöglich macht. Zudem können Dienstleistungen wie Voicemail, die Anzeige verlorener Anfrufe, etc. nicht getrennt abgerechnet werden und sind mit im strittigen Preis inbegriffen. Und letztendlich sei es Sache der Anbieter, welche Preise sie offerieren würden.

Der Richter gab den Mobilfunk-Betreibern zwar in allen ihren Argumente Recht, kam aber zu einer völlig anderen Schlussfolgerung. Er kritisierte die nicht existierende Transparenz bei der Preisgestaltung für den Kunden, der nicht in der Lage sei darüber zu entscheiden, wofür er wirklich zahlen wolle. Wer nicht wisse wofür er zahlt, könne auch nicht darüber entscheiden, ob und wieviel er dafür zahlen will.

Daher sei die derzeitige Preispolitik, die de facto zu einer Aufrundung der Handyrechnungen zu Gunsten der Mobilfunk-Betreiber führe und nach Angaben der Verbraucherschutzbehörde Facua seit 1998 Gewinne von über sieben Mrd. Euro erbrachte, als unwirksam, missbräuchlich und eindeutig verbraucherfeindlich zu beurteilen.

Keine sofortigen Konsequenzen

Im Urteilsspruch werden Telefónica, Vodafone und Amena dazu aufgefordert, diese Praktiken einzustellen und sie in Zukunft nicht zu wiederholen. Für den Verbraucher wird dies jedoch keine Konsequenzen haben, da es noch Monate oder gar Jahre dauern kann, bis der Urteilsspruch rechtswirksam wird. Bis dahin werden die drei Anbieter alle Rechtsmittel ausschöpfen, um das überraschende Urteil noch zu ihren Gunsten zu ändern.

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