Verletzte und Festnahmen nach Massenprügelei

Nachdem die Polizei die Prügelei, unter anderem unter Einsatz von Gummigeschossen, beendet hatte, wurden acht Männer festgenommen. Fotos: EFE

Nachdem die Polizei die Prügelei, unter anderem unter Einsatz von Gummigeschossen, beendet hatte, wurden acht Männer festgenommen. Fotos: EFE

Gewalt im Migrantenlager in Las Raíces: Bereitschaftspolizisten feuerten Gummigeschosse ab

Teneriffa – Die Spannungen im Migrantenlager von Las Raíces haben sich in den letzten Wochen verschärft. Es kam mehrfach zu Zwischenfällen, zum einen zu tätlichen Angriffen unter Migranten, zum anderen auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Insassen und dem Personal der Organsation Accem, die das Lager im Auftrag des Staates betreibt. Am 6. April spitzte sich die Lage im Lager durch heftige Ausschreitungen zu und zeigte, wie der angestaute Frust unter den Migranten, deren Zukunft weiter ungewiss ist, zu einem gefährlichen Zündstoff werden kann.
Ein Streit zwischen Migranten – einer Gruppe Marokkaner und einer Gruppe Afrikaner aus Gebieten südlich der Sahara – endete mit mehreren Verletzten, die zum Teil ins Krankenhaus gebracht werden mussten, und der Verhaftung von acht der Unruhestifter. Die Prügelei begann angeblich im Außenbereich des Lagers, wo sich eine Gruppe von Migranten aus Protest gegen die Zustände im Lager in Zelten niedergelassen hat Danach wurden Gegenstände von außen in das Lager geworfen und zurück, und die Ausschreitungen gipfelten in einer gewaltigen Schlägerei im Inneren des Lagers, wobei unter anderem Stöcke, Steine, Teller und Flaschen zum Einsatz kamen und die Einheit der Bereitschaftspolizei der Policía Nacional einschreiten musste. Zeugen berichteten später, die Beamten hätten Gummigeschosse auf die Kämpfer abgefeuert. Acht Verhaftungen und eine unbestimmte Zahl von Verletzten, von denen mindestens zehn im Krankenhaus behandelt werden mussten, so lautete die Bilanz der Ausschreitungen. Die meisten Verletzungen waren Schnittwunden und Prellungen. Fünf Marokkaner landeten in Untersuchungshaft.
Einzelheiten darüber, wie es zu der Massenprügelei kam, wurden nicht bekannt. Das spanische Ministerium für Migration ließ Tage danach wissen, der Streit sei außerhalb des Zentrums zwischen zwei Personen ausgebrochen und anschließend im Inneren des Lagers eskaliert. Das Ministerium überwache ständig alle Migrantenaufnahmezentren und im Speziellen das von Las Raíces, um jederzeit nachjustieren zu können, sollte beispielsweise festgestellt werden, dass es an Sicherheit mangelt. Vom Ministerium wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Grund für den Zwischenfall nicht mit der Essensversorgung im Zentrum zusammenhing, da diese in der letzten Zeit verbessert worden sei.
Nach Auskunft von Accem war die aufgebaute Spannung im Lager der Grund für den Ausbruch der Gewalt. Etwas mehr als 1.500 Männer aus verschiedensten Ländern Afrikas sind aktuell in Las Raíces untergebracht. Dabei prallen Kulturen aufeinander. Vor allem zwischen Marokkanern und Afrikanern aus Gebieten südlich der Sahara gibt es häufig Konflikte.
Die Generaldirektorin der spanischen Flüchtlingshilfe CEAR, Estrella Galán, mahnte, dies sei „nur die Spitze des Eisbergs“. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Lage weiter verschärfe und sich nicht nur die tätlichen Auseinandersetzungen vermehren, sondern auch selbstverletzendes Verhalten und Suizidversuche auftreten könnten. Den Einsatz von Gummigeschossen durch die Bereitschaftspolizei bezeichnete sie als „Barbarei“.

Nachdem die Polizei die Prügelei, unter anderem unter Einsatz von Gummigeschossen, beendet hatte, wurden acht Männer festgenommen. Fotos: EFE
Nachdem die Polizei die Prügelei, unter anderem unter Einsatz von Gummigeschossen, beendet hatte, wurden acht Männer festgenommen. Fotos: EFE

Viele der rund 1.600 Migranten in Las Raíces – in dem Aufnahmezentrum sind nur Männer untergebracht – sind schon vor Monaten auf den Kanarischen Inseln angekommen und waren zuvor in Hotels untergebracht. In dem Zeltlager in La Laguna ist die Unterbringung weit weniger komfortabel; die Migranten schlafen in großen Gemeinschaftszelten, die Wasch- und Duschmöglichkeiten sind begrenzt, auch Warmwasser ist knapp. Obwohl die Migranten sich frei bewegen und das Lager verlassen können, ist diese Unterkunft ihre einzige Möglichkeit, ein Dach über dem Kopf zu haben. Unter ihnen herrscht große Unsicherheit und Nervosität. Einerseits fürchten sie die Rückführung in ihre Herkunftsländer, andererseits werden sie an der Weiterreise auf das spanische Festland oder in andere europäische Länder gehindert. Sprachliche Schwierigkeiten, kulturelle und religiöse Gegensätze führen unterdessen immer wieder zu Konflikten.

Präsident Torres droht mit Ausweisung

Der kanarische Präsident Ángel Víctor Torres (PSOE) hat auf die angespannte Lage im Migrantenlager Las Raíces reagiert und gewarnt, dass Migranten, die durch gewalttätiges Verhalten auffallen, umgehend ausgewiesen werden. Tatsächlich fällt die Ausweisung illegaler Migranten aus Spanien allerdings nicht in den Kompetenzbereich der Regionalregierung, sondern ist Sache des Innenministeriums. „In Notfällen muss für Ordnung gesorgt werden“, erklärte Torres in einer Pressekonferenz, in der er sich zu dem Zwischenfall in Las Raíces äußerte und die Arbeit von Accem in Las Raíces sowie der Nationalpolizei lobte, die die Schlägerei beendete. Gleichzeitig wies Torres aber auch darauf hin, dass Notunterkünfte für Migranten nicht zu Orten werden dürfen, an denen diese Menschen „Wochen, Monate oder Jahre“ verbringen.

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