Verteidigungsministerin wegen Kleiderwahl kritisiert


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Bei einem Militärfestakt erschien sie im Anzug, obwohl für Frauen „Kleider“ vorgeschrieben waren

Verteidigungsministerin Carme Chacón hat einmal mehr für Aufsehen in Spanien gesorgt. Allerdings nicht wegen einer beruflichen Neuigkeit, sondern – und das zeugt einmal mehr davon, dass Spanien noch weit von echter Gleichberechtigung entfernt ist – wegen ihrer Kleiderwahl.

Madrid – Chacón, die im April 2008 nicht nur als erste Frau in Spanien die Leitung des Verteidigungsministeriums übernahm, sondern bei Amtsantritt auch noch im siebten Monat schwan­ger war, ist bei dem „Pascua Militar“, dem Militärfestakt, mit dem jeweils am 6. Januar symbolisch das neue „Militärjahr“ eingeläutet wird, nicht im Kleid erschienen, sondern in einem Anzug, der vom Stil her entfernt an einen Smoking erinnerte. Und das, obwohl das strenge Protokoll für Frauen ausdrücklich festliche Roben vorschrieb. Ebenfalls Gegenstand von Kritik war die Tatsache, dass sie zu allem Überfluss auch noch viel stärker geschminkt war, als man es von ihr gewohnt ist.

Dass die Ministerin an diesem Tag eine bravouröse Rede vor den versammelten Militär- und Politgrößen Spaniens und natürlich den Mitgliedern der Königsfamilie hielt, darüber war am nächsten Tag in den Medien so gut wie nichts zu erfahren. Viel mehr ließ man sich lang und breit darüber aus, ob die Ministerin sich diese Freiheit hat herausnehmen dürfen und ob ihre Wahl, ganz abgesehen von den Vorschriften rein vom „ästhetischen Gesichtspunkt“ aus „adäquat“ war. War die neue Frisur nicht etwas zu streng und die Farbe ihres Lidschattens zu grell? so lauteten unter anderem die Fragen, über die sich zahlreiche prominente TV- und Radio-Kommentatoren lang und breit unterhielten.

Eine Militärvereinigung machte Chacón derweil vía Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass „Disziplin“ im Militär großgeschrieben werde und wer sich nicht daran halte, bestenfalls mit Disziplinarmaßnahmen zu rechnen habe, schlimmstenfalls sogar eingesperrt werden könnte.

Die Ministerin selbst reagierte einige Tage darauf mit einem Kommuniqué, in dem sie versicherte, sie habe sich im Vorfeld darüber informiert, ob ihr Anzug (von der Designerin Purificación García) dem Protokoll gerecht werde. Vor allem aber wunderte sie sich darüber, dass ihre Kleiderwahl Gegenstand der Berichterstattung wurde, wo doch an diesem Tag zum ersten Mal in der Geschichte des 300-jährigen Bestehens der Pascua Militar eine Frau vor dem König und der Militärspitze gesprochen hatte.

Der Aufruhr warf erneut die Frage auf, ob es vorstellbar wäre, dass einem Mann an ihrer Stelle derartiges widerfahren könnte.

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