Vorgeschmack auf den Abschied


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Letzte Debatte zur Lage der Nation unter Regierungschef Zapatero

„Niemand sollte die Fähigkeit Spaniens in Frage stellen, einen Ausweg aus der Krise zu finden.“ José Luis Rodríguez Zapatero hatte es wahrlich nicht leicht, bei seiner letzten Debatte zur Lage der Nation als spanischer Regierungschef, die am 28. und 29. Juni stattfand, den richtigen Ton zu finden.

Madrid – Die schwere internationale Wirtschafts- und Finanzkrise, unter der Spanien im Europavergleich ganz besonders zu leiden hat, erforderte einerseits entschiedene und vertrauenerweckende Worte der Ermutigung vom Ministerpräsidenten. Andererseits blieb es aber auch nicht aus, dass er weitere Lösungsvorschläge vorstellen musste, was in der heutigen Zeit nur noch strengere Sparmaßnahmen bedeuten konnte, also eine eher unpopuläre Angelegenheit war. Gleichzeitig musste er der Tatsache gerecht werden, dass er sich im Grunde schon mit einem Bein außerhalb des Moncloa-Palastes befindet. Schließlich ist sein Nachfolger als Parteichef – Vizeregierungschef und Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba – ja schon bestimmt und die konservative Volkspartei konzentriert ihre derzeitige Oppositionspolitik fast ausschließlich darauf, unermüdlich vorgezogene Wahlen zu fordern.

Doch einmal mehr stellte der Ministerpräsident unter Beweis, dass Spaniens Bürger nicht umsonst gerade ihm zwei Mal hintereinander die Führung des Landes anvertrauten.

So kündigte er zwar weitere Sparpakete an, die aufgrund des hohen Staatsdefizits un­­umgänglich seien, er versprach aber gleichzeitig auch Maßnahmen, die Hauseigentümer besser vor einer drohenden Zwangsräumung schützen sollen.

„Spanien wird eine harte Prüfung bestehen müssen in einem komplizierten internationalen und europäischen Kontext“, erklärte Zapatero unter anderem. „Wir müssen bis zum Ende gelangen und wir werden es verstehen, dies zu erreichen.“

Mit keinem Wort äußerte er sich erneut zu dem Thema vorgezogene Neuwahlen, vielmehr schien er sich beide Möglichkeiten offenhalten zu wollen. Keinen Zweifel aber ließ er daran, dass das eigentlich Wichtige in diesem Moment nicht ist, ob vorgezogene Wahlen veranstaltet werden oder nicht, sondern gemeinsam einen Weg aus der Krise zu finden.

Wie aufgrund seines Verhaltens in den letzten Monaten nicht anders zu erwarten war, konzentrierte der Chef der konservativen PP, Mariano Rajoy, seinen Vortrag auf die Kritik an der sozialistischen Regierung und die Forderung nach vorgezogenen Wahlen. Wirkliche eigene Lösungsvorschläge oder eine echte Alternative zur Politik der Sozialisten fehlten hingegen gänzlich. Die Konservativen wähnen sich schon jetzt im Amt.

Spätestens im März kommenden Jahres, wo regulär die nächsten Parlamentswahlen anstehen, werden die Konservativen nach acht Jahren in der Opposition wieder das Sagen in Spanien haben, so die Haltung der PP-Führungsspitze, und dann werde man den Bürgern schon einmal zeigen, wie man ein Land aus der Krise führt. Eben auf dieses „wie“ wollte aber keiner der PP-Sprecher im Rahmen der Debatte zur Lage der Nation eingehen.

Die Sprecher der anderen im Parlament vertretenen Fraktionen sparten zwar ihrerseits nicht an Kritik an der Führungspolitik Zapateros, gleichzeitig zollten ihm aber auch fast alle ihren Respekt und ihre Hochachtung für seine Arbeit in den vergangenen acht Jahren. Obwohl es noch einige Monate hin ist, bis die regulären Parlamentswahlen anstehen – einmal vorausgesetzt, dass es keine vorgezogenen geben wird – fanden viele Parlamentarier Worte des Abschieds für den Regierungschef. Ein gutes Beispiel hierfür war Ana Oramas, die Sprecherin der kanarischen Koalition (CC) in Madrid. „Herr Zapatero und auch Herr Rajoy, Sie müssen wissen, dass Ihre Unfähigkeit, sich zu verstehen, die Steuerzahler viel Geld kostet, weil das Misstrauen gegenüber der Wirtschaft schürt, was wiederum zu einer Erhöhung unserer Schulden führt“, monierte Oramas unter anderem. Auf einer persönlichen Ebene fand die kanarische CC-Vertreterin jedoch besonders herzliche Worte des Abschieds für den Ministerpräsidenten. „Ich erinnere mich noch an unser erstes Gespräch in Ihrem Büro. Wir haben über unsere Töchter gesprochen, die mehr oder weniger dasselbe Alter haben (…) Ich habe Ihnen erzählt, was es für mich bedeutete, als mich meine damals achtjährige Tochter fragte: „Mama, wer ist wichtiger für dich, ich oder die Stadtverwaltung?“ Und ich ihr antwortete: „Ich habe dich sehr lieb.“ Sie setzte dem entgegen: „Das habe ich dich nicht gefragt.“ Und dieses achtjährige Mädchen hatte Recht. Sie, Herr Ministerpräsident, und ich, wir haben so viel vom Leben unserer Kinder verpasst, aber in dem Lebensabschnitt, der nun auf Sie zukommt, gibt es noch so viel zu erleben. Lassen Sie sich keinen Moment davon entgehen, genießen Sie es. Auf menschlicher und persönlicher Ebene haben Sie es sich verdient. Sie sind nicht unfehlbar.“

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