Wahlen – Keine eindeutigen Gewinner


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Zwar erhielt die oppositionelle PP mehr Stimmen, doch die regierende PSOE sicherte sich mehr Stadtratsmandate

Über 35 Millionen Stimmberechtigte, darunter viele Ausländer, waren am 27. Mai in Spanien dazu aufgerufen, über genau 8.111 Bürgermeisterposten sowie die Zusammensetzung der Gemeinderäte abzustimmen. Außerdem wurde in 13 von 17 autonomen Regionen – alle bis auf Galicien, Katalonien, Andalusien und dem Baskenland – die neue Regionalregierung gewählt.

Madrid – Hierbei waren 18,9 Millionen Spanier aufgerufen, über die Regionalparlamente abzustimmen.

Nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass in knapp zehn Monaten bereits die nächsten Parlamentswahlen anstehen, wurden die Regional- und Kommunalwahlen in Spanien als eine Art Stimmungstest für Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero seit seinem Amtsantritt 2004 angesehen. Und tatsächlich gewann in den vergangenen 20 Jahren in Spanien bislang meist die Partei die Parlamentswahlen, die bereits bei den vorangegangenen Regional- und Kommunalwahlen gut abgeschnitten hatte. Kein Wunder also, dass sich sowohl der Ministerpräsident als auch Oppositionschef Mariano Rajoy während des zweiwöchigen Wahlkampfs extrem ins Zeug gelegt hatten. Dabei kamen, sehr zum Unmut vieler Wähler, meist Themen zur Sprache, die mehr auf nationaler als regionaler Ebene von Bedeutung waren. Während sich die Sozialdemokraten dabei eher auf die zahlreichen Korruptionsfälle konzentrierten, die im letzten Jahr in spanischen Gemeinderäten aufgedeckt wurden, ging es den Konservativen hauptsächlich um die Verurteilung der Antiterror-Politik von Ministerpräsident Rodríguez Zapatero, insbesondere im Hinblick auf den gescheiterten Friedensprozess im Baskenland.

Kaum Überraschungen

Letztendlich brachte das Wahlergebnis jedoch weit weniger Überraschungen als erwartet und schon gar nicht eine Veränderung des Machtverhältnisses, denn ein klarer Sieger ist nicht auszumachen. Zwar gewann die konservative Volkspartei (PP) mit einem Anteil von 35,6% landesweit 155.951 Stimmen mehr als die Sozialdemokraten mit knapp 34,9%. Diese konnte sich jedoch insgesamt mehr Stadtratsmandate (697) als die PP sichern. Noch dazu gelang es der PSOE auf den Balearen, den Kanaren und im nordspanischen Navarra, alles Regionen, in denen sie bislang in der Opposition waren, so viele Stimmen für sich zu sichern, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit in Koalition mit kleineren Parteien die Regierungen stellen können. Auch bisher unter dem Zepter der PP stehende Städte wie León, Vigo, Toledo und Tarragona gehen jetzt in die Hände der Sozialisten über. Des Weiteren konnten die Sozialdemokraten auch ihren Stand in den traditionellen PSOE-Hochburgen Kastilien-La Mancha, Extremadura, Asturien und Aragonien sowie in Barcelona und Sevilla und anderen eher „linken“ Städten festigen.

Der Fall Madrid

Ein herber Schlag für die regierenden Sozialdemokraten war jedoch ihre fulminante Niederlage in Madrid, und zwar sowohl in der Region als auch in der spanischen Hauptstadt. Zwar hatten bereits sämtliche Wahlprognosen vorausgesagt, dass die absolute Hochburg der PP auch bei diesen Regional- und Kommunalwahlen unter dem Zepter der Konservativen bleiben wird, dass die Niederlage jedoch so deutlich werden würde, war nicht vorauszusehen. Im Regionalparlament, das weiter unter der Führung von Esperanza Aguirre stehen wird, konnte die Volkspartei ihre absolute Mehrheit mit 55,03% der Stimmen noch ausbauen. Noch deutlicher, ja geradezu historisch fiel mit 55,54% der Stimmen das Ergebnis für Bürgermeister Alberto Ruiz-Gallardón, 48, und seinen Stadtrat aus.

Ebenso konnte die Volkspartei ihre Mehrheit in ihren anderen Bastionen Kastilien-León, Valencia, Murcia und La Rioja verteidigen.

Geringe Wahlbeteiligung

Mit 63,78% fiel die Wahlbeteiligung deutlich geringer aus als bei den Regional- und Kommunalwahlen vor vier Jahren (67,36%). Das wird nicht zuletzt auf den ansteigenden Unmut bei der Wählerschaft hinsichtlich der stetigen Streitereien zwischen den beiden stärksten Parteien, den Sozialdemokraten und den Konservativen, zurückgeführt.

Drittstärkste Partei bei den Kommunalwahlen wurde übrigens die Vereinigte Linke (IU), die mit 1.216.443 Stimmen einen Prozentanteil von 5,7% erhielt.

Baskenland

Besonders im Blickpunkt stand bei diesen Wahlen auch Spaniens Krisenregion, das Baskenland. Zwar wurde hier nur auf Gemeindeebene gewählt (Regionalwahlen stehen hier erst 2009 wieder an), und dennoch sind die Wahlergebnisse in dieser Region immer von besonderer Tragweite. Bereits im Vorfeld hatte es auf nationaler Ebene großen Ärger gegeben, als die verbotene radikale Basken-Partei Batasuna, die als der politische Arm der ETA gilt, versuchte, ihre Kandidaten über die Listen anderer baskischer Parteien wieder ins aktive politische Geschehen zu schmuggeln. Das ist ihr jedoch nur teilweise gelungen, denn die sämtlichen Listen einer dieser Parteien wurden vom Obersten Gerichtshof annulliert. Im Fall der ebenfalls nicht unumstrittenen Basken-Partei ANV konnten aus rechtlichen Gründen jedoch nicht alle verdächtigen Listen annulliert werden, so dass mit Sicherheit der eine oder andere eigentlich nicht zulässige Kandidat aufgestellt werden konnte. Dass es im Baskenland immer noch zahlreiche Einwohner gibt, die den separatistischen Forderungen der Radikalen wohl gesonnen sind, zeigte sich auch bei diesen Wahlen, weil die ANV nicht nur 25 Bürgermeisterposten wird belegen können, sondern auch in 15 Ortschaften die relative Stimmenmehrheit erhalten hat. Damit konnte die izquierda abertzale, wie die Unabhängigkeitsforderer genannt werden, eines ihrer besten Ergebnisse erzielen.

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