Waisenrente für die Opfer der häuslichen Gewalt


Madrids Bürgermeisterin Manuela Carmena (hinter dem Plakat 3.v.r.) bei einer Schweigeminute für eine 27-jährige Kolumbianerin, die am 12. Mai in ihrer Wohnung in Madrid vom Vater ihrer 3 bzw. 8 Jahre alten Kinder erstochen worden sein soll. Foto: EFE

Jede Woche wird ein Kind zum Halbwaisen, Waisenrente gibt es nur selten

Madrid – In den letzten drei Jahren haben 166 Kinder aufgrund häuslicher Gewalt ihre Mutter verloren. Mehr als die Hälfte beziehen keine Waisenrente, weil ihre Mütter zu wenig in die Sozialversicherung eingezahlt haben. Nun haben sich die wichtigsten Parteien zusammengeschlossen, um einen Gesetzentwurf zu verabschieden, damit diese Kinder monatlich mindestens 677 Euro erhalten.

Während der parlamentarischen Debatte schilderte Ángeles Álvarez, Abgeordnete der PSOE, einen konkreten Fall aus Madrid: Ein Mann tötete seine Frau. Der minderjährige Sohn kam in die Obhut der Tante, der Schwester der getöteten Mutter. Nach mehreren Monaten musste sie das Kind den Pflegediensten übergeben, weil sie nicht über die nötigen Mittel verfügte, um ihren kleinen Neffen zu versorgen. Der Staat hatte dem Minderjährigen kein Anrecht auf Waisenrente zuerkannt. Die vom Vater ermordete Mutter hatte nicht ausreichend in die Sozialversicherung eingezahlt.

Das neue Gesetz soll nun dafür sorgen, dass kein Waisenkind, das aufgrund häuslicher Gewalt seine Mutter oder seinen Vater verloren hat, mittellos bleibt und keine Waisenrente erhält. Bislang hing der Anspruch davon ab, ob der getötete Elternteil einen Minimalbetrag an die Sozialversicherung geleistet hat. Doch gerade die häusliche Gewalt, die erst mit der Ermordung des Opfers endet, führt oft dazu, dass dieses nur wenig in die Sozialversicherung einzahlen konnte. Die Täter neigen dazu, über Jahre hinweg ihre Opfer zu isolieren und von der Ausübung einer regelmäßigen Arbeit abzuhalten, sodass diese gar keine Chance haben, überhaupt Beiträge an die Sozialversicherung zu leisten. Darüber hinaus geht es oft um junge Frauen um die 30 Jahre, denen oftmals keine Zeit blieb, um die erforderlichen 500 Tage in fünf Jahren oder insgesamt 15 Jahre Beiträge zu leisten.

Mit dem neuen Gesetz sollen die Halbwaisen nun zumindest 677 Euro im Monat an Rente bis maximal zum 25. Lebensjahr erhalten. Die PSOE würde das Gesetz gerne weiter ausbauen und den Waisen auch die Witwerrente der wegen häuslicher Gewalt und Tötung Verurteilten zuschreiben bzw. insgesamt die Berechnungsgrundlage der Waisenrente erhöhen.

In Spanien wird übrigens fast jede Woche ein Kind aufgrund von häuslicher Gewalt zum Halbwaisen oder gar zum Waisenkind.

Trotz aller politischen Initiativen ist das Drama häusliche Gewalt weiter aktuell und akut.

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