Pack die Badehose ein!!!
Klimaänderungen machten um unsere Inseln noch nie einen Bogen. Auch wenn die Wassermassen des Ozeans manche Extreme abmildern, wirksam werden sie hier auch. Für unsere Hochgebirge bedeutet das zum Beispiel, dass die winterlichen Niederschläge geringer ausfallen als in der Vergangenheit, vor allem die Schneemengen, die vor wenigen Jahrzehnten noch regelmäßig den Pico del Teide zwischen Weihnachten und Ostern weiß vor dem klaren Winterhimmel strahlen ließen, reichen mittlerweile nur noch für wenige Tage. Dort oben liegt die winterliche Durchschnittstemperatur um etwa 20° C höher als die langjährigen Mittelwerte. Für die Sommer sind den Vorhersagemodellen zufolge Hitzeperioden mit Saharawinden, Calima genannt, häufiger zu erwarten. Ob die jetzigen, dicht aufeinanderfolgenden Calimas schon damit zu tun haben oder nur Wetterkapriolen sind, wird erst in ein paar Jahren erkennbar, wenn die heutige Entwicklung aus der Rückschau betrachtet und mit den künftigen Wetterdaten abgeglichen werden kann. In jedem Fall verlangen solche extremen Wetterlagen vom Wanderer auf den Inseln eine umsichtigere Planung. Temperatur und Wegedauer werden neben Steilheit und Exposition des Geländes zu entscheidenden Planungsfaktoren. Die Vorteile kürzerer und weniger anstrengender Routen liegen auf der Hand. Befindet sich unterwegs oder am Ziel zudem noch eine gute Bademöglichkeit, steht einem gelungenen Tag wenig im Wege. Also nicht nur Sonnenschutz und reichlich Trinkflüssigkeit, sondern auch die Badesachen in den Rucksack packen. Unser Körper wird dankbar sein. Mit dem richtigen Ziel ist eine Tour niemals uninteressant. Punta de Teno, die markante Westspitze der Insel, mit ihrem fotogenen Leuchtturm ist solch ein Platz.
Bei angenehmen Wetterlagen empfiehlt sich Wanderern mit guter Kondition der klassische Weg von Buenavista del Norte über den steilen Risco de Teno nach Los Bailadores auf der Hochfläche von Teno Alto und weiter im Abstieg wieder hinunter nach Teno Bajo mit seinem Leuchtturm. So mussten einst, vor dem Bau der Tunnel von El Fraile, alle gehen, die nicht mit dem Boot zur Westspitze der Insel gelangen wollten. Man könnte heutzutage auch die Straße entlang wandern, und gelegentlich sieht man dort auch einzelne Wanderer. Aber auf heißem Asphalt wandert sich nicht gut. Die Straße ist seit ihrer Wiedereröffnung wenig befahren; nur der stündlich in beiden Richtungen verkehrende Linienbus und ein paar Fahrzeuge mit Sondererlaubnis dürfen dort unterwegs sein. An Calima-Tagen ist der Bus unsere Alternative und bei normaler Wetterlage, nach dem langen Weg über die Teno-Hochfläche ein willkommenes Angebot, um nach Buenavista zurückzukommen. Eine mit ausreichend Geld aufgeladene „ten+“-Karte sollte man in jedem Fall mit sich führen, denn anders kann man in diesem Bus nicht bezahlen.
In Punta de Teno angelangt führt der Weg die meisten erst einmal zum Leuchtturm, der auf der Ruine eines 160.000 – 190.000 Jahre alten Vulkans thront. Man erreicht ihn nicht; denn ein Tor versperrt kurz vorher den Zugang. Der Weg lohnt sich trotzdem. Bevor wir den Rückweg antreten, können wir uns nämlich von dieser kleinen Anhöhe einen Überblick über die Isla Baja von Teno Bajo verschaffen. Wir stehen zwischen Hügelchen aus dunkler Schlacke, die sich wie ein Band fast geradlinig noch ein Stück am rechten Rand der vor uns liegenden Ebene entlangzieht. In fast regelmäßigen Abständen ragen niedrige, kegelähnliche Anhäufungen daraus hervor. Sie brechen steil zum Meer ab. Wir sehen die Reste des Punta de Teno-Vulkans, eines typischen Spaltenvulkans der schon größtenteils wieder vom Meer verschlungen worden ist. Bei seinem Ausbruch hatte er hier das Meer zurückgedrängt und zur Entstehung dieser, den steilen Wänden im Hintergrund vorgelagerten, Landschaft beigetragen. Zwei weitere Vulkane waren damals ebenfalls aktiv. Sie waren oben auf der Hochfläche ausgebrochen. Ihre Lava floss durch Schluchten hierher herab und schuf zusammen mit dem Punta de Teno-Vulkan eine ausgedehnte Ebene. Heute ist sie zu großen Teilen von Schuttkegeln bedeckt. Wir sehen auf das Geröll, das seitdem nach und nach von den Steilwänden im Hintergrund abgebrochen ist oder bei schweren Unwettern als Gesteinslawine niederging.
Unschwer erkennen wir, dass sich diese Wände nach Norden bis zu den Klippen von El Fraile fortsetzen, die dort steil aus dem Meer ragen und ohne Tunnel unpassierbar wären. Sie sind der Grund, weshalb Teno Bajo ursprünglich nur auf dem Weg über die Hochfläche erreicht werden konnte. Nach rechts, zum Süden hin, setzen sich die Wände in den spektakulären, bis zu 500 m aus dem Meer aufragenden Klippen von Los Gigantes fort. Da die Punta mit dem Leuchtturm der Küste etwas vorgelagert ist, hat man von hier aus den besten Blick auf diese außergewöhnliche Landschaft. Ebenso unschwer erkennen wir, dass die Steilwände über Teno Bajo zwischen den Gigantes und El Fraile ebenfalls eine solche Steilküste waren, die durch die Lava der drei Vulkane vom Meer abgetrennt wurden und damit zu einer fossilen Küste geworden ist. Die steilen Klippen lassen erahnen, dass die Insel in dieser Region ursprünglich viel größer war und weiter nach Westen und Norden in den Atlantik hineingeragt hat. Das Meer hat sie beständig abgenagt, vor allem während der Eiszeiten, als der Wasserspiegel deutlich niedriger lag. Tatsächlich befindet sich in dieser Zone in 40 m Wassertiefe eine ausgedehnte Unterwasserplattform; denn unter Wasser blieb die ehemalige Insel erhalten.
Man kann von hier aus entlang der Küste kleine Wanderungen über die Isla Baja unternehmen. Nach Norden geht es gelegentlich etwas weglos, aber unproblematisch. Nach Süden, in Richtung der Gigantes-Klippen, führt ein interessanter Pfad, wenn man frei von Höhenangst ist. Und am Ende des Ausflugs wartet rechts unten in der geschützten Bucht ein erfrischendes Bad, bevor uns der Bus zurückbringt.
Michael von Levetzow
Tenerife on Top