Wasserwüsten fruchtbar machen


In tief hinunterreichenden Netzkäfigen, den Mesokosmen, wird die Entwicklung von Fischlarven unter verschiedenen Bedingungen untersucht. Fotos: EFE

Das Kieler Zentrum für Ozeanforschung führt auf Gran Canaria ein Experiment zur Erschaffung neuer Fischgründe durch

Gran Canaria – Das Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR) hat damit begonnen, im Hafen von Taliarte im Gemeindegebiet Telde auf Gran Canaria acht schwimmende Netzkäfige, sogenannte Mesokosmen, zu installieren. An ihnen sollen Techniken erprobt werden, die im kommenden Jahr bei einem größer angelegten Experiment im offenen Meer Anwendung finden werden.

In tief hinunterreichenden Netzkäfigen, den Mesokosmen, wird die Entwicklung von Fischlarven unter verschiedenen Bedingungen untersucht. Fotos: EFE

Während die Ozeane in den nährstoffreichen Küstengebieten voller Leben sind, birgt fast die Hälfte der Meeresräume nur wenig Leben. Das Experiment der Kieler Wissenschaftler verfolgt ein hohes Ziel, nämlich den Versuch, auf hoher See Bedingungen zu schaffen, wie sie sonst nur in Küstennähe vorzufinden sind. Dort sollen eine ähnliche Vielfalt des Lebens und auf lange Sicht zusätzliche reiche Fischgründe erzeugt werden. Man will versuchen, in diesen kargen Meeresgebieten künstlich die Bedingungen für üppiges Leben zu schaffen, so wie es an den Küsten von Westsahara, Namibia, Peru und Kalifornien, welche die reichsten und produktivsten Fischvorkommen der Welt beherbergen, der Fall ist.

Wenn die Idee funktioniert, würde sich eine vielversprechende neue Forschungsrichtung ergeben, die versuchen soll, heutige „Wasserwüsten“ in neue Fischfanggebiete zu verwandeln und nebenher den Druck auf die natürlichen Fischvorkommen zu senken.

Wie Prof. Dr. Ulf Riebesell, Professor für Biologische Ozeanographie beim GEOMAR und Leiter des Projekts, erklärt, handelt es sich um eine Herausforderung, die weit über die Marikultur, die Aufzucht von Fischen in schwimmenden Käfigen, hinausgeht. Es gehe um nichts Geringeres als ein lebensfeindliches Gebiet fruchtbar zu machen.

Der Biologe Prof. Dr. rer. nat Ulf Riebesell leitet das Experiment. Foto: EFE

„Auf dem Festland kann man die Wüste begrünen, doch das erfordert, Wasser und Dünger unter hohen Kosten aus weiter Entfernung herbeizuschaffen. In einer Wasserwüste im Ozean braucht man nur auf Nährstoffe, die in 200 Metern Tiefe vorhanden sind, zurückzugreifen“, erläutert der deutsche Forscher, der schon vor zwei Jahren ein großes Experiment auf Gran Canaria geleitet hat. Damals ging es darum, zu untersuchen, wie die Meere auf die zunehmende Versauerung des Wassers reagieren.

Bei diesem Experiment gab es schon erste Hinweise darauf, dass das aktuelle Projekt funktionieren kann. Auch hier wurde Wasser aus den Tiefen heraufgebracht, woraufhin sich das Phytoplankton, die Nahrungsgrundlage der Fische, schlagartig vermehrte. Nun soll dieses Konzept verfeinert werden. Es wird dabei mit Fischlarven gearbeitet, die in Mesokosmen von je 7.500 Litern Volumen gehalten werden. Es werden verschiedene anorganische Nährstoffe, wie Nitrat, Phosphat und Silikat, zugesetzt und beobachtet, wie sie darauf reagieren. 2018 wird das Experiment in der Bucht von Gando, mit größeren Mesokosmen und natürlichen Nährstoffen aus 200 Metern Tiefe wiederholt.

Für eine spätere Umsetzung der Idee im großen Stil wird Energie benötigt, um das Wasser aus der Tiefe heraufzupumpen. Mitarbeiter von Plocan, der kanarischen Plattform für wissenschaftliche Experimente in kanarischen Gewässern, erklärten dazu, dass auf dem Meer genug Energie in Form von Wind vorhanden sei, die mit schwimmenden Generatoren genutzt werden könne.

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