Weniger Fischfang in diesem Jahr durch „El Niño“


Der Dekan der Fakultät für Meereswissenschaften der Universität Las Palmas sagt für 2007 direkte Auswirkungen des Klimawandels auf die Kanaren voraus

Frühlingshafte Temperaturen im deutschen Winter, Kälteeinbruch im sonst sonnenverwöhnten Kalifornien in den USA, sintflutartige Regenfälle in Malaysia und Nordperu, … und auch auf den Kanarischen Inseln gibt uns das Wetter in den letzten Wochen Rätsel auf.

Ungewöhnlich milde Temperaturen beherrschten bislang die diesjährige Wintersaison und sorgen für glückliche Urlauber. Die positiven Auswirkungen des ausbleibenden Regens und der gar nicht jahreszeitgemäßen Wärme beschränken sich allerdings vermutlich nur auf die Tourismusbranche.

Der Dekan der Fakultät für Meereswissenschaften der Universität Las Palmas de Gran Canaria (Ulpgc), Santiago Hernández León verkündet, dass der Fischfang auf den Kanaren in diesem Jahr merklich unter dem Klimaphänomen „El Niño“ leiden wird. „Wir müssen uns rüsten, denn „El Niño“ bewirkt Klimaveränderungen auf der ganzen Welt, und natürlich auch auf den Kanaren“, sagt er. Die Prognosen sagen für die Kanaren in 2007 weniger Niederschläge und höhere Temperaturen voraus. „1998 gab es eine ähnliche Situation. Auch damals wurden im Dezember ungewöhnlich hohe Temperaturen vermeldet“, erinnert sich der Zoologieprofessor, „denn „El Niño“ hat auch Auswirkungen auf die Passatwinde, die damals plötzlich nachließen und eine Erwärmung bewirkten, die sich direkt auf den Fischfang auf dem Archipel auswirkte. Auf erstaunliche Weise nahm der Fischfang ab. Besonders bei den Sardinen, Makrelen und Sardellen war der negative Effekt spürbar, denn die Fangquoten gingen rapide herunter.“

Ursprünglich stand das Klimaereignis „El Niño“ nur für die jährliche, weihnachtliche Erwärmung des Ostpazifiks vor Perus Küste, wo gewöhnlich kaltes Tiefenwasser aufsteigt. Den Begriff „El Niño“ (Spanisch für „Christkind“) prägten auch peruanische Fischer, die den Effekt – zur Weihnachtszeit – durch ausbleibende Fischschwärme wirtschaftlich zu spüren bekamen.

Mittlerweile verbindet man mit dem Klimaphänomen „El Niño“ vor allem seine extremen Auswirkungen. Alle drei bis sieben Jahre fällt der Temperaturanstieg deutlicher und langfristiger aus. Dann schlafen die Passatwinde vor Südamerikas Westküste ein, die ansonsten das Wasser des Pazifiks gen Asien drücken, und stattdessen schwappen die Fluten von Indonesiens Gestaden wieder zurück in die andere Richtung. Die Wassertemperaturen im zentralen und östlichen Pazifik – vor Südamerika – rangieren deshalb inzwischen um 0,5 bis 1,5 Grad Celsius über ihrem normalen Durchschnittswert und heizen die Luft über dem Meer auf.

Diesen ozeanischen Veränderungen folgen Umstellungen im Wettergeschehen und mit etwa viermonatiger Verzögerung auch steigende globale Temperaturen.

„Momentan ist das „El Niño“-Phänomen noch nicht so stark ausgeprägt wie in 1998, doch es muss trotzdem mit denselben Auswirkungen auf den Fischfang gerechnet werden“, gibt Santiago Hernández León zu bedenken. Daher bemühen sich die Forscher derzeit verstärkt darum herauszufinden, warum ganz besimmte Fischarten besonders betroffen sind.

 1998 führten die schlechten Fischfangerträge dazu, dass der Fischpreis auf dem Markt sich verdoppelte und die Kanarischen Inseln Fisch importieren mussten. Ganz zu schweigen von dem enormen wirtschaftlichen Schaden für die kanarische Fischfangindustrie.

Der Universitätsprofessor legt den zuständigen Stellen bei der kanarischen Regierung nahe, dem Rat der Wissenschaftler zu folgen und sich auf ein schwieriges Jahr für den kanarischen Fischfang einzustellen. Es müsse rechtzeitig an Entschädigungen und Subventionen gedacht werden. „Wir wollen ja nicht behaupten, dass sich die kritische Situation von 1998 wiederholt. Doch es ist wahrscheinlich. Und wir Wissenschaftler sind dafür da, es zu erkennen; also sollten sie auf uns hören und unserem Rat folgen“, lautet die Empfehlung des Professors.

Auswirkungen auf die Fauna

Die globale Erwärmung hat auch Auswirkungen auf die Migration der Vögel, wie Wissenschaftler der Universität Valencia versichern. Die Vögel kommen in ihren Fortpflanzungszyklen durcheinander und die Verwirrung der Zugvögel kann sogar zum erneuten Auftreten bereits ausgemerzter Krankenheiten führen. Im Naturpark von Albufera hat sich bereits ein Rückgang der Zahl der aus Zentral- und Nordeuropa ankommenden Enten, Möwen, Störche und Reiher bemerkbar gemacht. Ein Experte versicherte, dass normalerweise zwischen 30.000 und 40.000 Vögel gezählt werden, und dass in diesem Jahr – erstmals seit 20 Jahren – nur knapp 20.000 Zugvögel gekommen sind.

Ein weiterer Effekt, warnt der Zoologieprofessor Ricardo Jiménez, wird die Vermehrung der Moskitos sein, die Malaria, Gelbfieber und andere tropische Infektionskrankheiten übertragen und nach Spanien bringen können. Bei einer Temperatur von 24 °C wächst ein Moskito in etwa 15 Tagen heran, bei nur zwei Grad mehr verkürzt sich der Zyklus auf acht Tage.

Britische Wissenschaflter prognostizieren neuen

Temperaturrekord

Immerhin haben britische Wetterexperten zu Anfang des Jahres bereits angekündigt, dass 2007 womöglich alle Rekorde brechen wird. Die Meteorologen sind davon überzeugt, dass „El Niño“, der Treibhauseffekt und der globale Klimawandel zu Höchstwerten führen werden. Nach Auskunft eines Sprechers der britischen Wetterbehörde besteht eine 60%ige Wahrscheinlichkeit, dass 2007 weltweit einen neuen Temperaturrekord aufstellt und somit den bisherigen Höchstwert im Jahr 1998 noch toppt.

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