In einem Vorort von Madrid baut ein 76-Jähriger seit 40 Jahren an einer Kathedrale
Mejorada del Campo ist ein Vorort Madrids. Etwa 20 Autominuten von der Hauptstadt entfernt bietet die 18.000-Einwohner-Gemeinde wenig Sehenswürdigkeiten, dafür aber eine ganz besondere. Wer den Ausflug nach Mejorada del Campo unternimmt, wird sich wundern und denken, er sei am falschen Ort gelandet. Die Bewohner haben sich längst an den erstaunlichen Anblick gewöhnt, doch Besucher sind immer wieder überrascht und überwältigt, wenn sie beeindruckt vor dem größten Bauwerk der Gemeinde stehen: einer Kathedrale.
Madrid – An sich ist ein solches Bauwerk, zudem noch unvollendet, keine Besonderheit. Doch die Kathedrale von Mejorada del Campo hat wenig gemein mit anderen Gotteshäusern, deren Kuppeln prunkvoll in den Himmel ragen und die Unmengen von Geld gekostet haben. Die Kathedrale von Mejorada del Campo ist sozusagen ein recyceltes Bauwerk, und ihr Architekt, Bauherr und Erbauer ist im wahrsten Sinne des Wortes ärmer als eine Kirchenmaus. Justo Gallego ist auch nicht wirklich Architekt. Aber das macht nichts, denn er hat in den letzten 40 Jahren bewiesen, dass dies kein Muss ist, um ein erstaunliches und überdimensionales Bauwerk zu erschaffen. Der heute 79-Jährige arbeitet tatsächlich seit nunmehr 40 Jahren an seinem Traum.
Der ehemalige Trappistenmönch des Klosters Santa María de Huerta in Soria wurde Ende der 50er Jahre aufgrund einer Tuberkuloseerkrankung aus dem Kloster verbannt. Nachdem er daraufhin in eine schwere Depression fiel, rappelte er sich 1961 mit einer Idee wieder auf, die ihm Mut und Kraft gab.
Er sagt, es sei einer jener Tage gewesen, an dem man aufsteht und man einen verrückten Einfall oder einen Traum hat. Er hätte einfach gedacht, er könne mit eigenen Händen eine Kathedrale zu Ehren der Jungfrau del Pilar erschaffen. Ausgelacht und verhöhnt wurde er. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und an Entschlossenheit fehlt es dem Mönch nicht.
Justos Kathedrale, wie der Bau genannt wird, ist mit den Jahren zu einem stattlichen Bauwerk gewachsen. Täglich bis zu zwölf Stunden harte Arbeit über 40 Jahre haben den Traum vom scheinbar Unmöglichen möglich gemacht. In Mejorada del Campo entsteht eine Kathedrale. Ihre Kuppel überragt bereits den Ort.
Recyceltes Baumaterial
Justo Gallego verwendet für den Bau seines Meisterwerks nicht die edelsten Materialien. Er begnügt sich mit den Dingen, die andere wegwerfen. Alte Autoreifen, leere Dosen, Flaschen, Tonnen, Farbkübel gehören ebenso zu seinem Baumaterial wie Werkzeug- und Materialspenden von Firmen. Freiwillige junge Leute helfen Justo ab und zu gegen geringes Taschengeld, und seit er durch die Medien bekannt geworden ist, melden sich immer mehr.
Baupläne hat Justo keine, die fertige Kathedrale jedoch im Kopf. Auch von Statik versteht er nicht viel, doch er ist überzeugt davon, dass eine doppelte Menge Zement ausreichen sollte. Mittlerweile ist Justos „Traum“ bereits überdacht und überkuppelt und zieht täglich viele hunderte Touristen an. Einen Sonderzuschuss für die Deckung der Baukosten erhielt der Mönch durch den Dreh eines Werbespots für das Sportlergetränk Aquarius der Firma Coca-Cola. Mit 40.000 Euro Gage unterstützt die Firma das Sisyphusprojekt des bescheidenen Mönchs.
In ein paar Jahren will Justo Gallego sein Lebenswerk vollendet haben. Falls der Herrgott den heute fast 80-Jährigen jedoch schon früher zu sich holt, hat Justo vorgesorgt. In seinem Testament hat er verfügt, dass der Bischof seine Kathedrale erben soll.
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