„Wir sollten innerhalb von zehn Minuten unsere Sachen packen“


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Wochenblatt-Interview mit von El Hierro Evakuierten

Das deutsche Ehepaar Ursula und Paul-Gerhardt Kreye war unter den Bewohnern und Urlaubern, die in der Nacht vom 27. September aufgefordert wurden, ihre Häuser und Unterkünfte auf El Hierro zu verlassen. Die Redaktion des Wochenblatts hatte Gelegenheit zu einem Gespräch mit ihnen, nachdem sie ihren Urlaub auf El Hierro abgebrochen und auf Teneriffa fortgesetzt hatten.

Sie haben Urlaub auf El Hierro gemacht. Wie kamen Sie eingentlich auf El Hierro?

Über eine ganz kleine Notiz im Zeit-Mazagin sind wir auf El Hierro aufmerksam geworden. Wir fanden es toll, El Hierro als kleinste der Kanarischen Inseln auch einmal kennenzulernen, nachdem wir früher schon andere Inseln besucht hatten. Die Alternative für diesen Urlaub war Hiddensee, doch wir haben uns für El Hierro entschieden, um dort noch in der Wärme den letzten Rest des Sommers zu erleben.

Wo haben Sie gewohnt?

Wir haben zwei Wochen in „El Sitio“ gebucht – eine herrliche kleine Anlage am Rande von Frontera, im Norden der Insel. Dieses Paradies der Ruhe war genau richtig für uns, da wir nach einer beruflich sehr anstrengenden Zeit unbedingt Erholung brauchten. Anschließend wollten wir noch ein paar Tage zu guten Freunden nach Teneriffa fliegen.

Haben Sie etwas von den Erdbeben mitgekriegt?

Ehrlich gesagt haben wir zunächst gar nichts gemerkt und waren auch nicht informiert über die Vorkommnisse. Dann kam eine SMS von der Tochter: „Was ist denn bei Euch los? Geht’s Euch gut? Bei Euch soll irgendwie ein Erdbeben sein!“ Nachdem die Tochter beruhigt war, merkten wir jedoch die Bewegungen immer deutlicher. Vor allem nachts konnte man immer wieder Vibrationen merken, das Dach hat etwas geknarzt. Am letzten Tag, bevor wir dann evakuiert wurden, hat es unter uns auch zweimal hörbar gegrollt und gerumpelt.

Hat Sie das beunruhigt? Wie haben Sie die Evakuierung erlebt?

An dem Tag hat es wie gesagt zweimal deutlich gerumpelt, dann war aber wieder Ruhe und es war gar nichts mehr zu spüren. Deshalb waren wir dann erstaunt, dass um halb zehn abends plötzlich lauter Aufruhr im Garten war. Polizisten kamen mit Taschenlampen und viel „hola, hola“ und haben an unserer Tür geklopft, um uns zu evakuieren. Immer wieder hieß es „No panic“ und es sei alles nur „präventiv“, aber wir sollten innerhalb von zehn Minuten unsere Sachen packen und mitkommen. Das war schon ein Schreck, schließ­lich wollten wir eigentlich gerade ins Bett gehen. Wir ließen also alles stehen und liegen, packten nur fix unsere Koffer und eilten zu den vier Polizeiwagen, die sich vor Ort versammelt hatten. Gemeinsam mit zwei anderen Gästen von „El Sitio“, zwei Italienerinnen, wurden wir dann nach Las Puntas eskortiert. Hier mussten wir uns mit Namen und Telefonnummer in ein Ringbuch eintragen und warteten circa eine Stunde. Die Polizisten waren aber alle ausgesprochen nett und freundlich.

Es hieß, wir sollten nach Valverde in eine Notunterkunft gebracht werden, doch es war unklar, ob wir alleine mit unserem Mietwagen, oder in Begleitung fahren durften. Schließ­lich hat uns eine „Ambulancia“ eskortiert, wir durften durch den Tunnel fahren und waren damit die Letzten, die den Tunnel benutzen konnten, danach wurde er gesperrt.

Wir wurden zu einem Studentenwohnheim gebracht, wo wir sehr freundlich empfangen wurden und bekamen Bettwäsche und Handtuch in die Hand gedrückt und jeweils zu zweit ein Fünf-Bett-Zimmer zugewiesen. Die ganze Nacht über kamen immer wieder neue Evakuierte an, die mit großem Geräuschpegel ihre Notunterkunft bezogen – an viel Schlaf war also nicht zu denken. In der Nacht spürten wir auch hier wieder Vibrationen. Man merkte, dass die Bewegungen deutlich zunahmen – nicht so intensiv, aber ziemlich häufig.

Am Morgen wurden wir von zahlreichen Fernsehteams und Journalisten empfangen, die vor dem Wohnheim schon auf uns lauerten. Auch der Inselpräsident kam zum freundlichen Händeschütteln, doch seine Nachricht „No one knows anything“ half uns wenig weiter.

Nach einem kleinen Frühstück hieß es dann, wir dürften über den Berg zurück nach Frontera in unsere Unterkunft fahren, aber man könne nicht absehen, ob wir am nächsten Tag erneut evakuiert werden müssten.

Aufgrund der unklaren Lage haben wir uns dann entschieden, den Urlaub auf El Hierro vorzeitig abzubrechen, da nächtliche Evakuierungen zwar spannend sind, aber nicht so sehr zur Erholung beitragen. Wir sind also direkt zum Flughafen gefahren und haben den nächsten Flieger nach Teneriffa genommen, wo unsere Freunde noch gar nichts über die Zuspitzung der Lage auf El Hierro mitgekriegt hatten.

Wie hat man Sie behandelt, wie empfanden Sie die Stimmung bei der Inselbevölkerung?

Während der ganzen Zeit sind wir äußerst nett und freundlich behandelt worden, es war niemals irgendwas von Hektik oder Panik zu spüren. Die Inselbewohner wirkten ganz gelassen. Es war deutlich zu erkennen, dass sie von der Inselverwaltung genaue Anweisungen für das Verhalten im Ernstfall bekommen hatten und sie strahlten eine beruhigende Gelassenheit aus.

Vielen Dank für das Gespräch!

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