„Wir wollen nichts geschenkt bekommen“


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Steuererhöhungen, eine weitere Schlinge um den Hals der Kleinunternehmer

Hart mit der Regierung ins Gericht gegangen ist der Vorsitzende des spanischen Dachverbands selbständiger Unternehmer (ATA), Lorenzo Amor, auf Teneriffa.

Er klagt über die mangelnde Zahlungsmoral der Regierung, die dazu beiträgt, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU; in Spanien PYMES genannt) unter anderem auch an einst hochbegehrten Regierungsaufträgen Pleite gehen. Er fordert direkte Finanzspritzen für diese Unternehmerkreise und bezeichnet die jüngst verabschiedeten Steuererhöhungen als bitteren Hohn: „Das heißt, den PYMES eine weitere Schlinge um den Hals zu legen.“

Die Regierung habe ganz offensichtlich das eigentliche Wesen der Wirtschaftskrise nicht erkannt und mit dem im Januar verabschiedeten Antikrisenpaket, das 87 Einzelmaßnahmen beinhaltet, das Ziel völlig verfehlt. „Die Wirtschaft besteht nicht nur aus einem Finanzsystem und Groß­unternehmen wie Autokon­zernen, die fette Finanzspritzen kassiert haben. Die Wirtschaft, das ist auch die Vielzahl kleiner und mittelständiger Unternehmen, auf die das System bislang keine Rücksicht nimmt.“

Bis zum Jahresende, so kalkuliert Amor, werden auf den Inseln 9- bis 10.000 Selbstständige pleitegegangen sein, wenn nicht die Regierung endlich Maßnahmen ergreift und den PYMES direkte Finanzspritzen zukommen lässt. Der Hilfsplan der Regierung Zapatero für die PYMES sehe zwar eine derartige Unterstützung vor, doch solle die gemäß der neuen ICO-Richtlinien erfolgen, was nach seiner Ansicht „vollkommen unbrauchbar“ ist. „Im Januar wurde das Antikrisenpaket verabschiedet, und heute sind wir schlechter dran als damals.“

Bis September hatten in diesem Jahr bereits 5.748 Selbstständige ihren Betrieb schließen müssen. „Bedenkt man, dass das letzte Jahresviertel grund­sätzlich kein gutes für den Arbeitsmarkt ist, können wir davon ausgehen, dass bis zum Jahresende die Zahl von 9- bis 10.000 Pleiten auf den Kanaren nicht zu hoch gegriffen ist.“

Seiner Ansicht nach können „nur die kleinen und mittelständigen Betriebe das Land aus der Krise reißen“, während die Regierung ihr Augenmerk weitgehend auf Großunter­nehmen richtet und Kleinbetriebe unter anderem durch säumige Zahlungsmoral in den Ruin getrieben werden. Dabei seien es nicht nur Privatkunden; die Regierung selbst stehe ganz vorn unter den schlechten Zahlern: „Es geht nicht an, dass Unternehmer über ein Jahr auf ihr Geld für Regierungs­aufträge warten müssen.“

„Wir wollen“, sagte er,  „nun wirklich nichts geschenkt bekommen. Wir fordern lediglich, dass uns die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird wie den Finanzinstituten oder beispielsweise der Opel-Fabrik in Zaragoza, wo 1.300 Arbeitsplätze in Gefahr sind.“ Nach seinen Berechnungen müssen jedoch spanienweit pro Woche rund 4.000 Selbstständige ihren Betrieb aufgeben. 4.000 selbstständige Kleinunternehmer, an denen vielfach noch weitere Arbeitsplätze hängen und von denen niemand spricht.

„Der Verdacht drängt sich auf, dass die Regierung keine Ahnung von den realen Verhältnissen im Lande hat. Denn sie kümmert sich keinen Deut um die Selbstständigen. Man könnte fast glauben, die einzigen, die Arbeitsplätze schaffen, seien die Gewerkschaften.“ Und er schloss bitter: „Die Antwort der Regierung auf die Forderungen der Selbstständigen war die Erhöhung der Steuern, was noch sehr vielen zusätzlich das Genick brechen wird.“

Beurteilung der Europäischen Kommission

„Mikro-, klein- und mittelgroße Unternehmen sind sozial und wirtschaftlich wichtig, da sie 99% aller Unternehmen in der EU darstellen, etwa 65 Millionen Arbeitsplätze bieten und eine wichtige Quelle für unternehmerische Initiative und Innovation sind.“

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