Zukunft von El Rincón weiter umstritten


© Moisés Pérez

Die alte Kontroverse um La Orotavas Küstengebiet geht weiter

Seit über 20 Jahren wird heftig gestritten um die Nutzung eines der letzten Gebiete in Küstennähe, das vom Tourismus bisher verschont gebliebes ist: El Rincón.

So heißt die Küstenzone von La Orotava oberhalb des Bollullo-Strandes. Auf über zwei Millionen Quadratmetern wird dort überwiegend Landwirtschaft betrieben, Bananenfincas prägen das Bild.

Die Nähe zum Strand, zu Puerto de la Cruz sowie das günstige Klima haben schon sehr früh Begehrlichkeiten geweckt. Mitte der 1980er Jahre planten mehrere Investoren mit Unterstützung des „ewigen Bürgermeisters“ von La Orotava, Isaac Valencia, einen Golfplatz, Hotels und eine Pferderennbahn, kurzum: eine Tourismuszone. Das wiederum lehnten sowohl die Anwohner als auch die Umweltschützer ab, und so bildeten sich mehrere Bürgerinitiativen wie die „Coordinadora Popular Ecologista El Rincón“, „Naturaleza y Sociedad“, „Tagoror Ecologista Alternativa“ und andere.

Große Demonstrationen für den Erhalt des Rincóns sorgten damals für öffentliches Aufsehen, und 35.000 Unterschriften wurden zur Unterstützung gesammelt. Diese sorgten letztlich dafür, dass das Regionalparlament 1992 ein Gesetz erließ, welches das Gebiet als „einen der letzten nicht-urbanisierbaren Überreste der gesamten Küste“ festschrieb. 1997 wurde dann im „Plan operativo de Desarollo agrario“ (Landwirtschafts-Entwicklungsplan), kurz „Plan especial“ genannt, als Teil des Raumordnungsplans die künftige Nutzung des Rincóns festgelegt. Vorgesehen sind in diesem Plan ein Bewässerungsnetz, eine mehr ökologisch orientierte Diversifikation der Anpflanzungen weg von der Bananen-Monokultur, sowie eine neue Zufahrt zu den Stränden. Nach diesem Plan sollen 90 % der Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten bleiben.

Außerdem gründete man ein Konsortium, in dem die Regierung, die Stadtverwaltung, die Eigentümer und die Landwirtschafts- und Umweltverbände vertreten sind.

Wie geht es weiter?

Seit dieser Zeit passierte in El Rincón nichts. Zwar tagte das Konsortium ein paar Mal, aber keine der geplanten Verbesserungen konnte auf den Weg gebracht werden. Zumindest ist es jedoch gelungen, das Gebiet vor touristischer Bebauung und Spekulation zu bewahren. Nun wird die Zukunft des Rincón wieder öffentlich diskutiert. Manuel González, der Sprecher der oppositionellen Sozialisten im Stadtrat meint, es sei der Moment gekommen, angesichts der Krise die Debatte wieder aufzunehmen.

Bürgermeister Valencia beklagt nach wie vor, man habe damals die Chance zur (touristischen) Entwicklung verpasst, und das kanarische Parlament habe mit dem Gesetz zum Schutz des Rincón „die Hosen heruntergelassen“. Er nutzt die Krise für seine Zwecke, indem er andeutet, man müsse angesichts des nachlassenden Tourismus Alternativen suchen. Was er genau damit meint, sagt er nicht, aber angesichts seiner früheren Rincón-Pläne steht zu vermuten, dass er hier einen neuen Anlauf wagen könnte.

Der Sprecher der konservativen Partido Popular, Enrique Luis, hingegen möchte die Landwirtschaft unterstützt sehen, denn „jeden Sommer vertrocknet eine weitere Finca“, was eine mögliche Revision des Plan especial begünstigen könnte. „In einigen Jahren wird der Rincón das Zeichen sein, das das Scheitern der Landwirtschaft in La Orotava verdeutlicht.“ Die Installation des lange geplanten Bewässerungsnetzes ist überfällig. Außerdem solle endlich ein besserer Zugang zu den Stränden geschaffen werden.

Die Umweltverbände beklagen ebenfalls das jahrelange totale Schweigen, die institutionelle Lähmung der Behörden. Einer ihrer Sprecher, José Manuel Hernández, findet zu der festgefahrenen Situation deutliche Worte: „Es gab nie ein Interesse seitens der Behörden, den ‘Plan especial’ zu verwirklichen, weil es ein schlechtes Beispiel dafür wäre, wie man die Dinge auf den Kanaren auch mal richtig machen könnte.“

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