Urteil im Fall „Nóos“


Infantin Cristina und Iñaki Urdangarin kurz nach der Urteilsverkündung. Foto: EFE

Urdangarin wurde zu 6 Jahren und 3 Monaten verurteilt, die Infantin Cristina freigesprochen

Palma de Mallorca – Iñaki Urdangarin, Ehemann der Infantin Cristina de Borbón, wurde wegen verschiedener Korruptionsdelikte im Fall „Nóos“ zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Das Provinzgericht der Balearen hat in dem wohl mit größter Spannung erwarteten Urteilsspruch der letzten Jahre die Schwester von König Felipe von den Steuerdelikten, die ihr zur Last gelegt wurden, freigesprochen. Iñaki Urdangarin wurde des Amtsmissbrauchs, der Veruntreuung, des Betrugs, der Steuerhinterziehung und Vetternwirtschaft für schuldig befunden. Das Gericht vertritt jedoch die Meinung, dass die Prinzessin durch die Delikte ihres Mannes begünstigt wurde, indem sie die gemeinsame Kreditkarte eines Kontos des Unternehmens „Aizoon“ benutzte, an dem sie zu 50% beteiligt war. Dafür muss sie einen Betrag von 265.088 Euro erstatten.

Samantha Romero, die Vorsitzende des Gerichtshofes der Balearen, hatte den 741 Seiten umfassenden Urteilsspruch bekannt gegeben, in dem als erwiesen angesehen wird, dass öffentliche Mittel der Regierung der Balearen, der Region Valencia und der Stadtverwaltung von Madrid an das Institut Nóos geflossen sind. Urdangarin war der Präsident dieser Einrichtung, die als Stiftung ohne Gewinnerzielungsabsicht firmierte, während sein Partner Diego Torres die Geschäfte führte. Dieser wurde zu acht Jahren Haft verurteilt.

Das sogenannte „Valencia-Komplott“ kam überraschenderweise ungestraft davon. Fünf hochstehende PP-Politiker der Regionalregierung und der Stadtverwaltung von Valencia hatten zwischen 2005 und 2007 Urdangarin Verträge für Veranstaltungen im Wert von 3,4 Millionen Euro „zugeschoben“, die teilweise niemals stattfanden. Ihre Strategie, eine Beteiligung zu bestreiten oder sich ahnungslos zu zeigen, hat das Gericht offensichtlich überzeugt. Auch Ana María Tejeiro, die Ehefrau von Diego Torres, ihr Bruder Marco Antonio, der Buchhalter des Instituto Nóos war, und der Architekt Salvador Trinxet, der bei der Geldwäsche mitgewirkt hatte, wurden freigesprochen.

Gemischte Gefühle

Prinzessin Cristina hat das Urteil mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen. Einerseits war sie mit ihrem Freispruch zufrieden. Auf der anderen Seite missfiel ihr die Verurteilung ihres Mannes, von dessen Unschuld sie nach wie vor überzeugt ist. Das hat ihr Anwalt Miquel Roca den Medien mitgeteilt. Jetzt erwarte sie von der Justizbehörde noch eine Rückzahlung von etwa 372.000 Euro. Der Staatsanwalt hatte im Dezember 2014 angeordnet, einen Betrag von 587.000 Euro zu hinterlegen. Da sich die Zahlung, die ihr auferlegt wurde, lediglich auf 265.088 Euro belaufe, stehe ihr nun die genannte Rückzahlung zu.

Die Zukunft liegt in Portugal

Cristina de Borbón hat das Urteil gemeinsam mit ihrem Mann und den vier Kindern in der Schweiz erwartet, wo sie derzeit leben. Erst vor einigen Tagen war sie aus beruflichen Gründen in Barcelona. Dort hat sie, wie so oft in den vergangenen Monaten, jegliche Öffentlichkeit vermieden. Die jüngste Tochter des emeritierten Königspaares will auch weiterhin in einem selbst auferlegten Exil leben und sich mit ihren vier Kindern in Lissabon niederlassen.

Als der Fall Nóos seinerzeit öffentlich wurde, zog die Familie Urdangarin–Borbón nach Washington, um sich vor der Öffentlichkeit zu schützen und eine neue berufliche Existenz des ehemaligen Grafen von Palma de Mallorca bei der Telefónica wahrzunehmen. Als dieser Vertrag beendet war, kehrte die Familie nach Barcelona zurück und bezog ihren Wohnsitz im eleganten Stadtteil Pedralbes. Doch nach weniger als einem Jahr beschloss die Infantin, Spanien wieder zu verlassen. Mit der Unterstützung des Kreditinstitutes La Caixa, für dessen Stiftung sie seit mehr als 20 Jahren arbeitete, erhielt sie eine Anstellung im Sitz der Aga-Khan-Stiftung in Genf. Dort lebt sie nun seit drei Jahren in einem Haus im Stadtzentrum, dessen Miete von der Stiftung bezahlt wird. Ihr Gehalt bezieht sie, wie es heißt, weiterhin von La Caixa, während der Großvater, König Juan Carlos, das Schulgeld für ihre vier Kinder bezahlt. Übrigens auch für die beiden Kinder von Prinzessin Elena, seiner älteren Tochter.

Seitdem die Familie in Genf lebt, ist Iñaki Urdangarin keinerlei Arbeit nachgegangen. Weil Cristina de Borbón ein festes Arbeitsverhältnis hat, verfügt sie für sich und ihre vier Kinder über eine Aufenthaltsgenehmigung für die Schweiz. Ihr Mann hat sich dort für lange Zeit als Tourist aufgehalten.

Offenbar hat die Infantin bereits vor längerer Zeit geplant, nicht in Genf zu bleiben, sondern nach Lissabon umzuziehen, wenn ihr Mann verurteilt werden würde. So wird sie nun mit ihren Kindern Juan, Pablo, Miguel und Irene umziehen, sobald dieses Schuljahr beendet ist. Die königliche Familie hat seit vielen Jahren enge Beziehungen zu dieser Stadt. Dort lebten der Großvater der Prinzessin und ihr Vater König Juan Carlos im Stadtteil Lapa während des Franco-Regimes viele Jahre im Exil. Die Aga-Khan-Stiftung hat auch in Lissabon einen Sitz, wo Cristina ihrer Arbeit nachgehen kann. Und in Lissabon sei sie näher bei ihrem Ehemann, wenn dieser seine Haftstrafe antreten müsse, heißt es aus ihrer Umgebung.

Aufatmen im Königshaus

Der Freispruch der Prinzessin wurde im Königshaus mit Erleichterung aufgenommen. War diese Etappe mit der Anklage eines direkten Familienmitglieds doch die problematischste seit der Wiedereinführung der Monarchie in Spanien im Jahr 1975. König Felipe hat sich auf einen knappen Kommentar beschränkt und seinen völligen Respekt gegenüber der Unabhängigkeit der Justiz zum Ausdruck gebracht.

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