AKW Garoña schafft Präzedenzfall


Das älteste AKW Spaniens. Foto: EFE

Die Betriebszeit des ältesten Atomkraftwerks Spaniens wird auf 60 Jahre verlängert. Die anderen fünf AKWs könnten folgen

Madrid – Der Rat für Nukleare Sicherheit (Consejo de Seguridad Nuclear, CSN) hat grünes Licht erteilt, um das Atomkraftwerk Garoña wieder in Betrieb zu nehmen. Garoña wurde 2012 vom Netz genommen, und es war heftig darüber diskutiert worden, ob die Betriebszeit des bereits mehr als 40 Jahre alten Kraftwerkes auf 60 Jahre verlängert werden könne. Die Opposition kritisierte die Entscheidung und verlangt eine Grund­-

satzdebatte über die Zukunft der Kernenergie in Spanien.

Wirren um Garoña

Das Atomkraftwerk Garoña bei Burgos wurde 1971 in Betrieb genommen und sollte nach einer Betriebszeit von 40 Jahren 2011 vom Netz gehen.

Bereits damals erlaubte der Rat für Nukleare Sicherheit, das AKW weitere zehn Jahre zu betreiben. Die Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero schränkte diese Zeitspanne auf vier Jahre ein. Wegen verschiedener Zwischenfälle nahmen die Betreiber Garoña 2012 trotzdem vom Netz.

Mariano Rajoy, der 2011 an die Regierung kam, wollte die Lebensdauer des AKWs bis 2019 verlängern. Doch der Rat für Nukleare Sicherheit machte der Regierung einen Strich durch die Rechnung und schrieb enorme sicherheitstechnische Investitionen vor. Die nötigen Mittel wollten die Eigentümer Endesa und Iberdrola zunächst nicht aufbringen, sodass der seinerzeit zuständige Industrieminister José Manuel Soria im Juli 2013 die offizielle Schließung bekannt gab.

Die Energiekonzerne änderten jedoch ihre Meinung und beantragten 2014 die Verlängerung der Betriebszeit des Reaktors auf 60 Jahre, obwohl diese, wie erwähnt, auf 40 Jahre begrenzt war.

Garoña geht wieder ans Netz

Der Rat für Nukleare Sicherheit genehmigte nun den erneuten Anschluss von Garoña ans Netz und den Betrieb bis 2031, obwohl die Auflagen noch nicht erfüllt worden sind. Allerdings wurde den Betreibern Endesa und Iberdrola deren rechtzeitige Erfüllung zur Bedingung gemacht. Nun steht noch eine letzte Genehmigung des Ministeriums für Industrie und Energie aus. Das dürfte kein Problem darstellen, denn die Regierung hat in ihre Energieplanung bis 2020 Garoña bereits miteinbezogen.

Opposition fordert Grundsatzdebatte

Die Opposition lehnt die erneute Inbetriebnahme von Garoña entschieden ab, wie Vertreter von PSOE, Podemos und Ciudadanos mitteilten. Melisa Rodríguez (Ciudadanos) erhob den Vorwurf, mit Garoña solle ein Präzedenzfall geschaffen werden, um die Betriebszeit der anderen fünf Atomkraftwerke ebenfalls über die 40-Jahres-Grenze hinaus zu verlängern. Juantxo López de Uralde, Sprecher der Umweltpartei Equo, kritisierte aufgrund der verworrenen Geschichte rund um die Betreibung oder Nicht-Betreibung von Garoña, die Legalität habe sich den Interessen der Atomkraft-Industrie angepasst – und nicht andersherum.

Dabei spielt Garoña keine große Rolle bei der Stromproduktion des Landes. Im letzten Betriebsjahr produzierte das älteste Atomkraftwerk Spaniens gerade mal 6% der gesamten von AKWs produzierten Strommenge.

Umso mehr sieht sich López de Uralde in seiner Vermutung bestätigt, dass Garoña nur als Präzedenzfall zur Verlängerung der Lebensdauer der anderen AKWs herhalten soll. „Diese Debatte sollte nicht um ein konkretes Atomkraftwerk, sondern um die Zukunft der Atomenergie insgesamt geführt werden,“ wie die Oppositions­parteien schon seit Längerem erfolglos von der Regierung verlangen.

Inzwischen drängt die Zeit, denn noch in diesem Jahr wird das größte Atomkraftwerk Spaniens, Almaraz, die Erweiterung der Lebensdauer auf 60 Jahre beantragen.

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