OECD: Sozialversicherungsbeiträge für Selbstständige sollten erhöht werden
Madrid – Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in einem Bericht auf die Gefahren für die Zukunft des spanischen Rentensystems hingewiesen und dem spanischen Staat angeraten, die Sozialversicherungsbeiträge der „ungewöhnlichen“ Arbeitsverhältnisse anzuheben.
Die Organisation hat es zum Problem erklärt, dass Freiberufler in Spanien ihre Beitragsbemessungsgrundlage auswählen können. Auch die zunehmende Alterung der Bevölkerung beunruhigt die Experten, stellt diese doch das System unter zusätzlichen Druck.
Der Think Tank der OECD mit Sitz in Paris rät Spanien zu alternativen Lösungen und von der Rückkehr zur Begrenzung der Rentenerhöhung um 0,25% sowie der geplanten Koppelung der Rente an die Lebenserwartung ab.
Um die Perspektiven hinsichtlich der erwarteten Rentenhöhe für alle zu verbessern, müssen alle Einkünfte gleich behandelt werden. Insbesondere die Freiberufler sollten ihre Beiträge entsprechend ihres realen Einkommens und nicht entsprechend ihres deklarierten Einkommens leisten, heißt es in dem Bericht über Renten, der vor Kurzem in Paris vorgestellt wurde. Hervé Boulhol, Rentenexperte der OECD, erklärte ganz unverblümt, die Flexibilität der Selbstständigen, die ihre Beitragsbemessungsgrundlage aussuchen könnten, müsse drastisch begrenzt werden.
Das Problem bestehe nicht nur in Spanien. Die Rentensysteme seien nicht für diese Art von Beschäftigung ausgelegt, denn als sie eingeführt wurden, dominierten die Angestellten-Arbeitsverhältnisse in Vollzeit, fest beschäftigt und mit nur einem Arbeitgeber. Heutzutage handele es sich jedoch bei einem von drei Arbeitsplätzen um solche, die von diesem Standard abweichen. In Spanien sei der Anteil der zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnisse, der Teilzeitarbeitsverträge, der von einer Agentur vermittelten Arbeitsverhältnisse, der Mehrfachbeschäftigung und der Freiberufler besonders hoch. Unter den Selbstständigen würden mehr als 70% lediglich die minimale Beitragsbemessungsgrundlage in die Sozialversicherung einzahlen, warnte die OECD.
Auch wenn kurzfristig die Kaufkraft der Freiberufler – die durchschnittlich nur 69% des Gehaltes eines Angestellten verdienten (OECD-Schnitt: 84%) – erhöht würde, so würde dies im Rentenalter zu Problemen führen. „In Spanien haben viele Angestellte zeitlich begrenzte Arbeitsverträge (mehr als jeder Vierte) oder arbeiten selbstständig (jeder Sechste), wodurch das Risiko erhöht wird, am Ende eine unzureichende Rente zu erhalten,“ heißt es in dem Bericht.
Die offiziellen Daten sprechen für sich. In der OECD beträgt die durchschnittliche Rente der Selbstständigen 79% der Rente der Angestellten, in Spanien nur 42%. Nur in Japan, Mexiko und Holland stehen die Freiberufler im Alter noch schlechter da.
Die Verantwortung liegt in erster Linie beim Selbstständigen, der sich die geringste Beitragsbemessungsgrundlage aussucht, statt die Beiträge seinem Einkommen anzupassen. Doch auch die Politik habe stark zu diesem Verhalten beigetragen, das langfristig zu Armut im Alter führe.
Die OECD ist auch besorgt wegen der mangelnden Lösungen für das Loch in der Rentenkasse, das durch die schnelle Alterung der Bevölkerung immer größer wird. Die Organisation geht davon aus, dass Spanien im Jahr 2050 zu den Ländern der OECD mit dem höchsten Verhältnis von Rentnern auf die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter gehören wird, nämlich 78 über 65-Jährige auf 100 Personen im Alter von 20 bis 64.
All das vor dem Hintergrund, dass die Begrenzung der Rentenerhöhung ausgesetzt und die Koppelung der Höhe an die Lebenserwartung sich in der Schwebe befindet.
Die Regierung hat bekannt gegeben, für das Weihnachtsgeld nur 2,9 Milliarden Euro aus dem Reservefonds der Rentenkasse zu entnehmen. Ursprünglich waren 3,6 Milliarden Euro beschlossen worden. Nach der Auszahlung der Dezember-Rente wird der Fonds, der einmal 65 Milliarden Euro umfasste, nur noch 2,15 Milliarden Euro betragen.