Ökoprojekt für Icod de los Vinos


© WB

Biologische Kläranlagen für die „Isla baja“

Die Gemeinde Icod de los Vinos ist mit etwa 25.000 Einwohnern das Zentrum der „Isla baja“, wie der Nordwesten Teneriffas von den Einheimischen genannt wird.

Außer dem berühmten Drachenbaum und dem Strand von San Marcos verfügt die Insel über eine weitere Attraktion: die längste Vulkanhöhle der Welt, die „Cueva del Viento“. Vor einem Jahr wurde nach langen Vorbereitungen ein kleiner Teil der Höhle für Besucher freigegeben und ein Besucherzentrum eingerichtet. Weitere Abschnitte der insgesamt 17 km langen Höhle sollen ebenfalls erschlossen werden, doch da ergibt sich das Problem, dass die Stadt Icod noch nicht über ein Abwassersystem verfügt. Die Abwässer werden seit jeher in sogenannte „pozos“ geleitet, das heißt sie versickern im Untergrund und werden dort durch Bodenbakterien abgebaut. Das funktioniert in ländlichen Gegenden ökologisch korrekt und preiswert. Durch das enorme Wachstum der Gemeinden in den letzten 40 Jahren wird die Kapazität des Untergrunds aber überschritten, und die Abwässer suchen sich ihren Weg in Erdspalten – und eben auch in Teile der Höhle. Um weitere Höhlenabschnitte den Besuchern zu öffnen, muss erst einmal ein Klärsys­tem für die umliegenden Ortsteile, hier „barrios“ genannt, her. Eine konventionelle Kläranlage ist zu teuer und angesichts leerer Gemeindekassen nicht finanzierbar, wie Bürgermeister Diego Afonso bekannt­gab. Doch gibt es eine preiswerte und zudem umweltfreundliche Alternative: Pflanzenkläranlagen.

Das „Ecobarrio“ – der ökologische Stadtteil

Zur Sanierung der Abwässer im Ortsteil „Los Piquetes“, von denen die Höhle am meisten betroffen ist, hat der Bürgermeister zusammen mit den Stadträten Francisco González und Agustín Díaz ein Konzept erarbeitet, das über die Abwasserklärung hinaus Modellcharakter haben soll und unter dem Namen „Ecobarrio“ vorgestellt wurde. Das Projekt umfasst eine Pflanzenkläranlage mit Kanalanschluss, die Kompostierung von organischen Abfällen der Haushalte sowie solarbetriebene Straßenbeleuchtung. Auch ein „Punto limpio“, eine Sammelstelle für Sondermüll soll eingerichtet werden sowie eine „Escuela taller“, das sind Ausbildungsstätten für arbeitslose Jugendliche, die Handwerk vermitteln und gleichzeitig öffentliche Arbeiten erledigen. Doch die Einwohner sind skeptisch, sie befürchten unangenehme Ge­rüche aus der Kläranlage. Dass dem nicht so ist, zeigte die Stadtverwaltung allen interessierten Bürgern, die zu einem Busausflug ins Teno-Gebiet eingeladen wurden. Dort arbeiten nämlich schon zwei Pflanzenkläranlagen, wenn auch kleiner als die geplante.

Besuch der Pflanzen­kläranlagen im Teno

Zunächst ging es zur „Albergue de Bolico“, gelegen oberhalb von Palm Mar auf dem Weg von Buenavista nach Masca. Die frühere Finca des Grafen von Sietefuentes liegt heute im Naturschutzgebiet. Früher arbeiteten dort etwa hundert Menschen in der Landwirtschaft, dann verfiel die Finca und wurde 2003 vom Cabildo, der Inselverwaltung, aufgekauft. Das alte Haus des Verwalters wurde restauriert und als ländliche Pension genutzt. In drei Schlafsälen finden 36 Besucher Platz. Das Angebot richtet sich vornehmlich an Wandergruppen, Vereine oder Schulklassen. Mit dem Umbau wurde auch eine Pflanzenkläranlage gebaut, die seitdem einwandfrei funktioniert. Das Abwasser wird zunächst in einem geschlossenen Tank gesammelt, wo es durch anaerobe Bakterien abgebaut wird. Etwa zwei Kubikmeter pro Person muss der Tank fassen, was einer Verweildauer von ca. drei Wochen entspricht, alle zwei Jahre werden die abgesetzten Feststoffe entleert. Danach durchfließt das vorgeklärte Wasser ein Schilfbeet, dessen Wurzeln es weiter klären, so dass es dann in einem Teich gesammelt werden kann. Es ist nun sauber genug für Fische und Enten im Teich und kann für die Bewässerung genutzt werden. Gerüche gibt es keine, wovon sich die Besucher überzeugen konnten. Diese fuhren dann weiter nach „Los Carrizales“, eine winzige Ansiedlung unterhalb der Straße nach Masca. Auch dort werden die Abwässer durch eine Pflanzenkläranlage abgebaut, bevor sie im Barranco versickern. Sie ist für 100 Personen ausgelegt, obwohl dort wesentlich weniger Menschen leben. Allerdings hat man die Ziegen in den Ställen einkalkuliert, denn jede von ihnen erzeugt soviel „bioaktive Ausscheidungen“ wie vier Menschen.

Nach dem Ausflug wurden die Teilnehmer aus dem zu­künftigen Öko-Stadtteil mit einem kanarischen Essen für ihr Interesse belohnt. Es bleibt abzuwarten, ob dem guten Willen der Stadtverwaltung ebenso gute Taten folgen, denn an guten Ideen und Projekten hat es auf den Kanaren noch nie gemangelt. Leider wurden nur sehr wenige davon auch realisiert.

Wer die „Cueva del Viento“ besichtigen will, muss sich vorher unter 922 815 339 anmelden. Info unter: www.cuevadelviento.net

Web des Albergue de Bolico: www.alberguebolico.com

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