Durch den Lavastrom, der seit dem 28. September bei Tazacorte ins Meer fließt, wächst die Landzunge jeden Tag
La Palma – Um 23.00 Uhr am 28. September erreichte der Lavafluss des Vulkans von La Palma bei Tazacorte das Meer. Am Strand El Perdido ergoss sich die 1.000 Grad heiße, glühende Masse in den etwa 20 Grad warmen Ozean. Seither wächst durch die ständig nachfließende Lava eine Halbinsel heran, die bis zum 4. Oktober die beachtliche Größe von 32,7 Hektar erreicht hatte.
Alles verloren
Am Wochenende des 25. und 26. September hatte der mehrere Hundert Meter breite und meterhohe Lavastrom den Ort Todoque erreicht. Langsam, aber unerbittlich bahnte sich das glühende Vulkangestein seinen Weg bergab Richtung Küste und begrub große Teile des Ortes unter sich. Viele Häuser, aber auch die Kirche samt Glockenturm, das örtliche Ärztezentrum und die Räumlichkeiten des Nachbarschaftsvereins, wurden unter dem Lavastrom begraben. Auch die Grundschule von Todoque fiel dem Vulkan zum Opfer.
Die Zahl der Geschädigten ist enorm. Die Zeitung „Canarias7“ zeigte am Beispiel des persönlichen Schicksals einer Familie mit mehreren Generationen, wie furchtbar die Auswirkungen des Vulkanausbruchs sind. Die Familie Rodríguez hat alles verloren, das Elternhaus, die vier Häuser der Kinder, die alle verheiratet sind und selbst Kinder haben, sowie die Bananenplantagen, die zum Einkommen beitrugen. Alle lebten im Ort Todoque; jetzt sind sie bei Verwandten und Freunden untergekommen. Wie es für sie weitergeht, vermag sich Jésica, eine der Töchter, jetzt noch nicht vorzustellen. Die Eltern hatten ihr Leben lang gearbeitet, um ihren Kindern jeweils ein Haus kaufen oder bauen zu können. Für ihr Rentnerdasein hatten sie nicht gespart. Nun sind alle ihre Häuser unter der Lava begraben, und die Hypotheken sind noch längst nicht getilgt. Zum Glück haben alle Familienmitglieder im arbeitsfähigen Alter einen Job, aber das wird nicht reichen, um sich ein Haus oder Wohnung zu kaufen, die Ausbildung der Kinder zu finanzieren und all das zu beschaffen, was sie verloren haben. „Wir können nur hoffen, dass die Regierung uns hilft, denn wir haben nichts mehr“, schließt Jésica ihren erschütternden Bericht ab.
946 Gebäude komplett zerstört
Schätzungen des europäischen satellitengestützten Erdbeobachtungsprogramm Copernicus zufolge, wurden in den ersten zehn Tagen der Eruption – zwischen dem 19. und dem 28. September – 744 Gebäude durch den Lavastrom beschädigt, 656 wurden vollständig zerstört und für immer unter der Lava begraben. Und der Sachschaden wird mit jedem Tag größer. Bis zum 4. Oktober war die Zahl der beschädigten Gebäude auf 1.074 angewachsen, von denen 946 vollkommen zerstört und 128 beschädigt sind. Mittlerweile sind 434,7 Hektar von Lava bedeckt, und der Lavastrom misst an seiner breitesten Stelle 1.250 Meter.
Ascheregen unterbrach Flugverkehr
Der Vulkan spuckt nicht nur Lava, sondern lässt auch über weite Teile der Insel einen Ascheregen niedergehen, der alles überzieht. Straßenreinigungsmaschinen sind im Dauereinsatz, um die schwarze Schicht von den Fahrbahnen zu räumen. Die Inselverwaltung von Teneriffa schickte per Schiff mehrere ihrer Kehrmaschinen, um diese Arbeit zu unterstützen.
Aufgrund des Ascheregens musste der Flughafen für mehrere Tage gesperrt werden. Die Insel konnte tagelang nur auf dem Seeweg erreicht oder verlassen werden. Am 29. September teilte die Airline Binter mit, dass der Flugbetrieb mit La Palma wieder aufgenommen werde. Seither wird La Palma wieder mit der üblichen Regelmäßigkeit angeflogen.
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