Ein Artikel von Dr. Burckhardt Löber und Fernando Lozano
Wer als Schwerbehinderter vom Schicksal hart getroffen ist, für den haben die Gesellschaft und ihre Steuergesetzgebung Vergünstigungen geschaffen. Gewissermaßen als Ausgleich für alltäglich erlittene Nachteile gegenüber „gesunden“ Mitbürgern.
Ein moderner Sozialstaat wie Spanien erkennt als EU-Mitgliedsstaat ausländische Qualifikationen der Schwerbehinderung an. Dies gilt insbesondere bei der Versteuerung von Erbschaften wie auch beim Verkauf von Immobilien.
Bei Schenkungen und Erbschaften gelten steuerliche Vergünstigungen ab 33% der Erwerbsbehinderung des Betroffenen. Beläuft sich die Schwerbehinderung auf bis zu 65%, so beträgt der Freibetrag 47.858,59 Euro. Dieser Betrag erhöht sich auf 150.253,03 Euro in Fällen der Schwerbehinderung mit einem Satz von 65 und mehr Prozent (Artikel 20.2 der Ausführungsverordnung zum spanischen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz). Sonderregelungen gelten für Menschen mit Behinderungen, die in einzelnen autonomen Gemeinschaften ansässig sind (residentes), wie etwa in der Valencianer Gemeinschaft, die in den vorgenannten Fällen Freibeträge von 120.000 bzw. 240.000 Euro vorsieht.
Ein Beispielfall:
Ein Deutscher mit einer anerkannten und ausgewiesenen Schwerbehinderung von mehr als 65% erbt von seinem Vater eine Spanien-Immobilie mit einem Verkaufswert von 160.000 Euro. Die spanische Erbschaftssteuer würde unter Hinzurechnung des im Haus befindlichen Inventars (3%, in diesem Fall also 4.800 Euro) für den sogenannten Normalverbraucher ca. 21.000 Euro betragen. Wer, wie im Beispielfall, eine Schwerbehinderung von mehr als 65 % nachweisen kann, erwirbt die ererbte Immobilie unter Berücksichtigung des hier vorliegenden Verwandtschaftsverhältnisses wie auch des zusätzlichen Freibetrages für Schwerbehinderte in Höhe von 150.253,03 Euro erbschaftssteuerfrei. Zum Nachweis der im Ausland anerkannten Schwerbehinderung ist ein mit Apostille versehener Schwerbehindertenausweis wie auch dessen beglaubigte Übersetzung in die spanische Sprache erforderlich.
Steuervorteile beim Verkauf der Spanien-Immobilie
Auch bei dem Verkauf von Immobilien durch residente Ausländer genießen Personen mit ernstlicher und schwerer Einschränkung der Lebenssituation (personas en situación de dependencia severa o gran dependencia) ganz erhebliche steuerliche Vorteile. Beim Verkauf der ständigen Wohnstätte (vivienda habitual) wird keine Einkommensteuer erhoben, selbst wenn der Betroffene das Alter von 65 Jahren noch nicht erreicht hat: Artikel 33.4 b) des spanischen Einkommensteuergesetzes. Allerdings gilt diese Regelung nur für in Spanien Ansässige. Ob dies mit dem Gleichheitsgrundsatz der EU-Verträge vereinbar ist, ist strittig. Jedenfalls ist ein Verfahren der EU-Kommission gegen Spanien wegen Ungleichbehandlung von EU-Bürgern ohne Residenz in Spanien anhängig.
Beispiel: Ein 50-jähriger Österreicher mit ständigem Wohnsitz in Spanien verkauft seine Eigentumswohnung, die zugleich seine ständige Wohnstätte bildet. Er erhält Steuerfreiheit auf den erzielten Zugewinn (ganancia patrimonial). Während „gesunde“ Mitglieder der Gesellschaft 21 % und mehr an spanischer Einkommensteuer (IRPF) zahlen müssen, besteht für den vorgenannten Fall der erheblichen Schwerbehinderung Einkommensteuerfreiheit. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Betreffende in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ein Wermutstropfen: die gemeindliche Wertzuwachssteuer („plusvalía“) ist gnadenlos; sie kennt keine Ausnahmen für Menschen mit schwerer Behinderung bzw. für Personen mit schweren Einschränkungen; hier und da sind allerdings lokale Begünstigungen möglich.
Was sich hier so leicht und problemlos anhört, ist jedoch tatsächlich in der Regel ein ganz erheblicher Papierkrieg gegen die spanische „burrocracia“; denn diese tanzt nicht unbedingt nach der Regie der hier Betroffenen und Anspruchsteller. Erst professionelle juristische und sprachliche Kenntnisse und die entsprechende nachhaltige Verfolgung der Interessen des Schwerbehinderten öffnen hier die Tür der Steuerverwaltung. Die kosten etwas, führen aber in aller Regel zum Erfolg und stellen lediglich Minimalpositionen dar im Vergleich zu dem erzielten steuerlichen Ergebnis.
Die Autoren sind Rechtsanwälte in Frankfurt am Main (info@loeber-steinmetz.de), Tel. +49-6996221123, Dr. Löber betreibt mit dem Abogado und Asesor Fiscal Fernando Lozano Kanzleien in Valencia und Denia (info@loeberlozano.com), Tel. +34-963 287793 bzw. +34-965 782754.
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