Generationswechsel im Königshaus


© EFE

Felipe VI. und Letizia – das neue spanische Königspaar

Mehr als 39 Jahre war Juan Carlos de Borbón König von Spanien. Nun hat er zugunsten seines Sohnes abgedankt. Prinz Felipe wird den Thron übernehmen. In einer Fernsehansprache von knapp zehn Minuten erklärte der Monarch am 2. Juni seine Entscheidung. Spanien durchlebe gerade eine schwere Wirtschaftskrise und müsse nun von einer jüngeren Generation mit neuer Energie geführt werden, sagte König Juan Carlos unter anderem. Sein Sohn Felipe, so unterstrich er, sei für diese Aufgabe bestens vorbereitet und geeignet. Er könne den Wandel durchführen.

Madrid – „Die Krise“, so erklärte der Monarch in seiner Ansprache, „hat Narben in der spanischen Gesellschaft hinterlassen, aber auch den Weg in die Zukunft aufgezeigt.“ Sein Sohn Felipe sei der Garant für Stabilität und werde das Land in dieser neuen Ära führen.

„Spanien ist immer in meinem Herzen“, sagte der König in seiner letzten öffentlichen Fernsehansprache als Oberhaupt des spanischen Staates. Dankbar aber auch stolz sei er auf das, was das Volk und er gemeinsam erreicht hätten. „Ich habe immer das Beste für Spanien gewollt, und gemeinsam haben wir alle Herausforderungen gemeistert und ein stabiles und friedliches Land geschaffen.“         

Seit er als Regierungschef im Moncloa-Palast residiert, hatte Mariano Rajoy noch niemals eine Institutionelle Dringlichkeitserklärung angekündigt. Deshalb konnte es sich nicht um eine bloße Regierungsumbildung handeln, sondern um etwas wesentlich Wichtigeres. Der Präsident erschien mit ernster Mine und dem historischen Moment gerecht werdend im Gobelin-Saal des Regierungspalastes und verkündete mit schnellen Worten die Nachricht von der Abdankung des Königs.

Er beschrieb die Persönlichkeiten Don Juan Carlos und Kronprinz Felipe und beeilte sich zu versichern, dass der komplexe Prozess der Thronfolge „mit absoluter Normalität„ vonstatten gehen werde. „Ich habe einen König angetroffen, der fest davon überzeugt ist, dass dies der beste Moment für eine Thronfolge ist.“ Er werde umgehend eine außerordentliche Sitzung des Ministerrates einberufen, um die Vorschriften der Verfassung zu erfüllen. Es sei erforderlich, ein spezielles Gesetz zu verabschieden, wie es der Artikel 57.5 des Grundgesetzes vorschreibe. Denn die Abdankung eines Monarchen sei im spanischen Rechtssystem nicht vorgesehen. Er verfüge bereits über die Zustimmung der sozialistischen Partei PSOE, damit der Wechsel schnell vollzogen werden könne. Es sei schon alles mit dem Sozialisten-Chef Alfredo Pérez Rubalcaba besprochen, den eine lange intensive politische und private Beziehung mit dem Monarchen verbindet.

Der Präsident ist davon überzeugt, dass alles schnell und reibungslos über die Bühne gehen wird. „Ich  erwarte, dass in einem relativ kurzen Zeitraum das Parlament den Prinzen zum König proklamieren wird“, versicherte er.

Die Gesundheitsprobleme des Königs hatte bereits mehrmals die Debatte über eine mögliche Abdankung aufflammen lassen. Seit Mai 2010 musste er neun Operationen über sich ergehen lassen. Ihm wurde ein gutartiger Tumor aus der Lunge entfernt, er wurde am Knie und mehrfach an der Hüfte sowie an der Bandscheibe operiert. Trotzdem verlautet aus eingeweihten Kreisen, der Thronwechsel habe politische Motive, die Gesundheit des Monarchen sei nicht ausschlaggebend gewesen.

Die Entscheidung habe er im Januar bei seinem 76. Geburtstag gefasst. Doch mit Rücksicht auf die Europawahlen habe er mit der Bekanntgabe bis jetzt gewartet, erklärte er in seiner Ansprache.

„König Juan Carlos von Spanien war vielleicht der letzte politische Monarch in Europa. Das lag an der Geschichte seines Landes, das sich erst spät aus einer fast vier Jahrzehnte währenden Diktatur befreien konnte“, heißt es im Kommentar einer nationalen Zeitung.

Tatsächlich war Juan Carlos von Borbón noch vom Generalísimo Franco ernannt worden. Der hatte bereits 1946 die Monarchie wieder eingeführt. Trotzdem hielt er die Zügel des Staates bis zu seinem Tode im Herbst 1975 fest in der Hand. Der junge König Juan Carlos ermöglichte den friedlichen Übergang zur Demokratie. Dabei ist die Rolle, die er bei dem Putschversuch des Militärs und dem Überfall auf den Kongress im Februar 1981 gespielt hatte, von grundlegender Bedeutung gewesen. Das Ansehen, das er dadurch erwarb, brachte der Monarchie Stabilität und trug dazu bei, dass Spanien ein stabiles politisches System aufbauen konnte.

„Mit der Krone auf dem Kopf sterben“

Die Nachricht von seiner Abdankung hat selbst die engste Umgebung von König Juan Carlos überrascht. José Ortega, der verschiedene Ämter im Königshaus bekleidet hat und den Monarchen auf vielen Auslandsreisen begleitete, berichtete erstaunt einer Zeitung, der König habe immer wieder erklärt: „Ich werde mit der Krone auf dem Kopf sterben, denn Könige danken nicht ab, sie sterben im Bett.“ Es müsse in den vergangenen zwei Wochen etwas Entscheidendes geschehen sein, das ihn zu diesem Entschluss bewogen habe.

Schwindende Popularität

Der König dankt zu einem Zeitpunkt ab, zu dem sich die Popularität der Monarchie auf dem Tiefstand befindet. Verschiedene Skandale haben dem Ansehen des Königshauses geschadet. Dazu gehören die Fotos von der Elefantenjagd in Botswana, aber vor allen Dingen die Korruptionsaffäre des Schwiegersohns Iñaki Urdangarin, in die auch die jüngste Tochter Cristina verwickelt ist. Die letzte Meinungsumfrage brachte für die Königsfamilie nur noch 3,7 von zehn möglichen Punkten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihrerseits die Verdienste von König Juan Carlos gewürdigt. Sie schätze ihn sehr, persönlich und auch wegen seiner historischen Rolle beim Übergang Spaniens in die Demokratie. Sie habe ihre Begegnungen mit ihm in guter Erinnerung und wünsche ihm alles Gute, ließ sie von ihrem Sprecher mitteilen.

Anti-Monarchie-Kundgebungen

Die unerwartete Abdankung des Monarchen hat die monarchiekritischen und monarchiefeindlichen Bewegungen in Spanien auf den Plan gerufen. Über die sozialen Netzwerke animiert, kamen in zahlreichen Großstädten Tausende Manifestanten zusammen – allein in Madrid sollen es mehr als 20.000 gewesen sein – die ein Referendum über die Abschaffung oder den Fortbestand der Monarchie verlangen.

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