EU-Kommission, Bundestag und die spanischen Cortes erlassen Durchführungsverordnungen
Mit dem 17. August 2015 hat sich die europäische Erbrechtsszene fundamental verändert.
Wer als EU-Angehöriger ab diesem Stichtag verstirbt, für den gilt als maßgebliches Erbstatut grundsätzlich das seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts. D. h. für Spanier in Deutschland gilt deutsches Erbrecht, für Deutsche in Spanien spanisches Erbrecht.
Die EU-Durchführungsverordnung
Die von der EU-Kommission erlassene Durchführungsverordnung 1329/2014 enthält Formblätter mit unterschiedlichen Regelungsinhalten wie die Erteilung erbrechtlicher Bescheinigungen und öffentlicher Urkunden, die Bescheinigung über einen erbrechtlichen Gerichtsvergleich, den Antrag auf Erteilung eines europäischen Nachlasszeugnisses und schließlich ein Formblatt über das Europäische Nachlasszeugnis selbst. Es handelt sich jeweils um umfangreiche Muster, die mühsam ausgefüllt werden müssen.
Das deutsche internationale Erbverfahrensgesetz
Die Europäische Kommission hat mit der EU-ErbVO 650/2012 insbesondere Regelungen über die internationale Zuständigkeit in Erbsachen getroffen. Der Deutsche Bundestag hat mit dem am 17.08.2015 in Kraft getretenen Internationalen Erbverfahrensgesetz u.a. die örtliche Zuständigkeit von Gerichten aufgrund der neuen Rechtslage bestimmt und Regelungen über Verfahrensfragen erlassen. Das neue deutsche internationale Erbrechtsverfahrensgesetz bringt u.a. folgende Materien zum Gegenstand:
• Zwangsvollstreckung aus ausländischen erbrechtlichen Titeln, Ausschlagung und Anerkennung von Erbschaften
• Das Europäische Nachlasszeugnis, seine Ausstellung und weitere Rechtsfolgen
• Rechtswahl des Erblassers
• Zuständigkeitsfragen in internationalen Erbangelegenheiten
Auch das Deutsche BGB ist von den Änderungen betroffen. So findet man jetzt die Einzelheiten über die Ausstellung des Erbscheins und sein Verfahren nicht mehr im BGB sondern im FamFG. Das Europäische Nachlasszeugnis hat als öffentliche Urkunde wie der gute alte deutsche Erbschein die Vermutung der Richtigkeit hinsichtlich der darin enthaltenen Tatsachen wie auch der aufgeführten Rechtsfolgen.
Das spanische Gesetz 29/2015 über internationale rechtliche Zusammenarbeit
Auch in Spanien hat der Gesetzgeber durch obiges Gesetz vom 30. Juli 2015 die EU-ErbVO und die Durchführungsverordnung umgesetzt. Danach ergibt sich die Zuständigkeit der Notare bei Erblassern im engeren Familienkreis. Hierzu gehören seit Neuestem auch Geschwister (colaterales) wie auch Mitglieder von Lebensgemeinschaften (parejas de hecho). Der Notar ist in diesen Erbfällen, in denen kein Testament vorliegt, der Ansprechpartner. Seine Entscheidungen unterliegen der gerichtlichen Anfechtbarkeit.
Bei komplizierteren Lebenssachverhalten sind in Bezug auf das Europäische Erbrechtszeugnis neben den Notaren auch die Gerichte zuständig, insbesondere bei streitigen und testamentlosen Erbfällen.
Man sieht, die Materie ist in Bewegung. Mit Spannung ist jetzt anhand der neuen Erbrechtsfälle ab dem 17. August 2015 abzuwarten, wie die nationalen Gerichte und schließlich auch der Europäische Gerichtshof mit der neuen grenzüberschreitenden Rechtsmaterie umgehen werden.
Rechtswahl ist zulässig
Der einzelne Betroffene, also der künftige Erblasser, hat die rechtliche Möglichkeit, in testamentarischer Form oder in der eines Erbvertrages die Anwendbarkeit seines eigenen Heimatrechts, also das Recht seiner Staatsangehörigkeit, für seinen Erbfall zu wählen. Er kann damit sicherstellen, dass dasjenige Erbrecht auf seinen Erbfall Anwendung findet, das seiner Interessenlage entspricht. Er muss, mit anderen Worten, verhindern, dass ein dem Erblasser unbekanntes Erbrecht mit oft fatalen Folgen für seine Erben auf seinen Erbfall Anwendung findet. Da hiervon ein jeder früher oder später betroffen sein wird, sollte man sich informieren, prüfen und handeln. Vor allen Dingen sollten aber diese wichtigen Dinge nicht auf die lange Bank geschoben werden. Die Erben werden es danken.
Die Autoren Jan Löber und Dr. Alexander Steinmetz sind Mitglieder der Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Löber & Steinmetz mit Kanzleien in Frankfurt am Main und Köln, Tel. +49 (0)69 96 22 11 23, Mail: info@loeber-steinmetz.de
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]