Abtreibungsdebatte beendet Waffenstillstand zwischen katholischer Kirche und Regierung


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Bischofskonferenz kündigt massive Protestbewegungen an

Knapp ein Jahr, nachdem die katholische Kirche in Spanien und die sozialistische Regierung eine Art „Waffenstillstand” ausgehandelt hatten, ist es mit der Ruhe auch schon wieder vorbei.

Madrid – Grund für die erneute Empörung der katholischen Würdenträger ist die von der Regierung angekündigte Reform des Abtreibungsgesetzes. Bereits wenige Tage, nachdem die Ministerin für Gleichstellung, Bibiana Aído,  die Vorschläge vorstellte, die ein Expertenteam im Hinblick auf die geplante Reform ausgearbeitet hatte, riefen Spaniens Bischöfe zum Protest auf. Sobald sich die Pläne der Regierung konkretisieren, sollten die Gläubigen dem Aufruf der Kirche folgen und eine „massive Protestbewegung“ unterstützen, kündigte der Sprecher der spanischen Bischofskonferenz, Juan Antonio Martínez Camino, an. „Einem Menschen das Leben zu nehmen, ist das größte Attentat, das man begehen kann”, erklärte er wörtlich.

Für besonders viel Aufsehen sorgte ein Plakat, mit dem die Kirche zu ihrem Anti-Abtreibungsprotest aufrufen will. Auf dem Plakat, das die Stra­ßen Spaniens in den nächsten Wochen regelrecht „überschwemmen” soll, ist ein krabbelndes Kleinkind neben einem etwa gleich großen Luchs zu sehen. „Und was ist mit mir…? Schütze mein Leben!” heißt es in großen roten Lettern. Die Worte, so wird vermittelt, sollen von dem Baby mit dem unwiderstehlichen Lächeln stammen. Der Luchs hingegen hat dies nicht nötig, wie auf dem Plakat schon der Schutzstempel über seiner Brust beweist. Er steht in Spanien unter Schutz, da er vom Aussterben bedroht ist. 

Die Bischöfe verfolgen dabei ganz offensichtlich die These, dass ein Kind in Spanien weniger geschützt ist, als ein Luchs. „Es ist ja wirklich gut, dass wir vom Aussterben bedrohte Tiere und die Diversität der Biosphäre schützen, aber eben diese Sensibilität, die wir zum Schutz der Bio-sphäre an den Tag legen, sollten wir auch nutzen, um die Menschen, die geboren werden, nicht weniger, sondern mehr zu schützen”, betonte demnach auch Juan Antonio Martínez Camino.

„Wann fängt Leben an”

Der Kirche haben sich auch weitere konservative Sektoren angeschlossen. Inzwischen dreht sich die Debatte nicht mehr um das Für und Wider der geplanten Reform, vielmehr geht es jetzt erneut um die Grundsatzfrage „Wann fängt Leben an?” Eine Frage, über die in Spanien bereits 1983, im Vorfeld der Verabschiedung des bis dato gültigen Abtreibungsgesetzes, debattiert wurde.

Rund tausend Wissenschaftler, Akademiker und Universitätsprofessoren glauben die Wahrheit zu kennen. In dem von ihnen unterzeichneten „Madrider Manifest” lautet ihre Antwort: „Im Moment der Befruchtung existiert bereits Leben und es ist menschliches Leben.”

Zehntausende Bürger folgten am 29. März einem ersten Protestaufruf der Abtreibungsgegner. In rund 50 spanischen Städten gingen Menschen auf die Straße, um sich gegen die geplante Reform, aber auch das derzeit gültige Abtreibungsgesezt auszusprechen.

Konkret geht es bei der geplanten Reform um die Einführung einer Fristenregelung, wie sie in anderen europä-ischen Staaten bereits gültig ist. Bis zur 12. Schwangerschaftswoche soll es möglich sein, ohne Angabe von Gründen abzutreiben. Bislang ist die Schwangerschaftsunterbrechung in Spanien nur in Ausnahmefällen und unter Angabe gewichtiger Gründe erlaubt.  Was allerdings nicht dazu geführt hat, die Anzahl an Abtreibungen in Spanien zu senken. Es werden jährlich über 100.000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen.

Überraschenderweise hält sich die oppositionelle Volkspartei (PP) mit der Kritik dieses Mal zurück. Allem Anschein nach ist es den Konservativen ein zu heißes Eisen, denn bislang wollte die Partei zu dem Thema nicht klar Stellung beziehen.

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