Allgemeiner Protest gegen die Steuererhöhungen


© EFE

Privatwirtschaft rechnet mit Konsumrückgang und Entlassungen

Die Entscheidung der kanarischen Regierung, das von der Zentralregierung verursachte Finanzloch mit höheren Steuern zu stopfen und unter anderem die kanarische Mehrwertsteuer IGIC sowie die Kraftstoffsteuer anzuheben (das Wochenblatt berichtete), sorgte für große Empörung.

Während die Regierung Stellung bezog und weitere Einzelheiten ausarbeitete, hagelte es Protest von allen Seiten.

Parlamentsdebatte

Ende April verteidigte Regionalpräsident Paulino Rivero die Steuererhöhungen im Parlament und erklärte, diese würden die Auswirkungen der 800-Millionen-Euro-Kürzung von staatlicher Seite abschwächen. Javier González Ortiz, Leiter der Ressorts Wirtschaft, Finanzen und Sicherheit, verwies auf die dramatische Finanzlage: „Entweder wir erhöhen die Steuern und senken die Kosten, oder wir müssen Schulen und Krankenhäuser schließen.“ Auch wurde der Finanzierungsplan im Parlament noch einmal aufgeschlüsselt. Demnach soll die Erhöhung der Abgaben 250 Millionen Euro einbringen, die Kürzung der Personalkosten 200 Millionen Euro und die Verringerung der laufenden Kosten 80 Millionen Euro. Der Restbetrag soll mit Anleihen abgedeckt werden. Die Regionalregierung beabsichtigt, Ende Mai und Anfang Juni Anleihen in Höhe von 500 Millionen Euro auf den Markt zu bringen.

Die Partido Popular (PP) kritisierte die Anhebung der Mehrwertsteuer. Während Mariano Rajoy, spanischer Präsident und Parteichef der PP, mit der Erhöhung der Einkommensteuer eine abgestufte und gerechtere Lösung gewählt habe, würde die Mehrwertsteuererhöhung alle gleich treffen, sodass „sogar die Obdachlosen beim Kauf ihres täglichen Brotes“ diese tragen müssten, so Manuel Fernández, Fraktionsleiter der PP im Regionalparlament. Die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer lehnte Fernández ab und kündigte eine erneute Abschaffung an, wenn die PP wieder auf den Kanaren an die Regierung komme.

Alle ins Boot geholt

Doch gab es noch einen gewichtigen Stolperstein, den die kanarische Regierung aus dem Weg räumen musste, damit die Rechnung aufgeht. Die sieben Cabildos und 88 Gemeinden sollten ihren Anteil an der Erhöhung des IGIC der Regionalregierung überlassen, um die Kürzungen im Gesundheits- und im Bildungswesen auszugleichen. Denn ihnen stehen  58% des Autonomen Finanzsystems der Kanarischen Inseln (REF) zu und damit auch der Mehreinnahmen. Nach einigem Hin und Her kam es am 1. Mai schließlich zu einer Einigung. Demnach werden die Cabildos und Gemeinden bis 2015 einen großen Teil der ihnen zustehenden Beträge ohne Ausgleich an die Region abgeben.

Die Vorgabe, das Gehalt der öffentlichen Angestellten um 5% zu kürzen, konnte jedoch nicht durchgesetzt werden, sodass diese Entscheidung den Insel- und Gemeindeverwaltungen überlassen bleibt.

Heftige Proteste aus der Privatwirtschaft

Besonders scharf kritisierte der Hotelverband Ashotel die Anhebung der Mehrwertsteuer von 5% auf 7%. Die Verträge mit den Reiseveranstaltern seien für dieses Jahr schon abgeschlossen, sodass die Kostenerhöhungen nur durch Einsparungen beim Personal und bei Investitionen getragen werden könnten. Dies ginge zulasten der Wettbewerbsfähigkeit des Urlaubsziels Kanaren, so Ashotel in einer Pressemitteilung.

Die Gewerkschaft CC.OO.-Canarias forderte, die Hotels ein Jahr lang von der erhöhten Mehrwertsteuer zu befreien und erinnerte an die Bedeutung des Sektors, der sich als einziger gut gehalten und noch schlimmere Auswirkungen der Wirtschaftskrise verhindert habe. Doch nun seien auch hier Entlassungen zu befürchten. 

Luis Durango de la Rosa vom Verband der Autovermietungen Apeca gab an, bereits vor zwei Jahren sei die Mehrwertsteuer für die Autovermietungen auf 13% angehoben worden, und viele Unternehmen würden eine weitere Erhöhung nicht überleben.

Der Handelsverband Coreco kritisierte die Erhöhung des IGIC, die den sowieso schon sehr schwachen Konsum noch weiter drücken und den Einzelhandel in arge Bedrängnis bringen werde.

Der Verband der Großmärkte und Einkaufscenter Asodiscan lehnte die neue Abgabe für Einkaufscenter strikt ab und kündigte Entlassungen und höhere Preise an.

Die Handelskammer gab bekannt, alle Wirtschaftsverbände würden die Steuererhöhungen ablehnen, da diese doch den Verbraucher direkt und indirekt treffen und Konsum bzw. Investitionen ausbremsen.

Teurerer Warenkorb

Derweil gab das Wirtschaftsressort bekannt, der Warenkorb werde sich infolge der Mehrwertsteuererhöhung um schätzungsweise 1,7%, die Kraftstoffe um 7,4% verteuern.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.