Die Organisation führt Meinungsfreiheit an
Barcelona – Amnesty International (AI) hat einen ausführlichen Bericht über das Verfahren gegen die katalanischen Separatisten vor dem Obersten Spanischen Gerichtshof (das Wochenblatt berichtete) vorge-
stellt. Dabei komme AI zu dem Schluss, das Verfahren als ganzes habe nicht gegen die Gerechtigkeitsprinzipien verstoßen, erklärte Esteban Beltrán, Direktor der Organisation in Spanien.
Für Amnesty International habe der Oberste Gerichtshof jedoch eine „übermäßig weite und gefährliche“ Auslegung des Delikts des Aufruhrs vorgenommen und „Handlungen des legitimen Protestes kriminalisiert“, so Adriana Ribas, Koordinatorin von AI in Katalonien.
Damit bezieht AI Stellung zur Inhaftierung und Verurteilung von Jordi Cuixart und Jordi Sànchez. Jordi Cuixart, Präsident der Kulturorganisation Òmnium Cultural, die als eine der wichtigsten Mobilisierungsplattformen für die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen 2017 gilt, und Jordi Sànchez, Präsident der Bürgerbewegung Assembler Nacional Catalana (ANC), hatten in der Nacht des 20. September 2017 eine Gruppe von mehr als 40.000 Demonstranten angeführt, die polizeiliche Maßnahmen gegen das am 1. Oktober 2017 geplante Unabhängigkeitsreferendum behinderten. Danach wurden sie verhaftet und saßen seitdem in Untersuchungshaft. Am 14. Oktober 2019 wurden sie im Rahmen des Strafverfahrens gegen 12 katalanische Politiker wegen Aufruhrs (sedición) zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Amnesty International sieht die Handlungen von Cuixart und Sànchez als „legitimen Protest” an und forderte erneut die „umgehende Entlassung” der beiden Männer. Die nichtstaatliche Organisation vertritt, dass Bürger und Anführer von Organisationen das Recht haben, ihre Meinung zu äußern und friedliche Treffen zu organisieren, die das Referendum und die Unabhängigkeit von Katalonien unterstützen sollen. Und: „Das internationale Recht schützt auch den friedlichen zivilen Ungehorsam.”
Der Direktor von AI in Spanien erklärte, die Mitglieder des damaligen Regionalparlaments und die damalige Parlamentspräsidentin Carmen Forcadell „könnten ein Delikt” mit ihren Handlungen während des Unabhängigkeitsprozesses begangen haben, jedoch befand er auch deren Strafmaß als zu hoch.