Anwendbares Recht bei deutsch-spanischen Lebenssachverhalten


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Spanisches Immobilienrecht von A – Z

Die Autoren des Artikels, Löber & Lozano, haben als praktizierende Rechtsanwälte, Abogados und Steuerberater die Hand am Puls des spanischen Immobilienmarktes. In lockerer Folge bringen wir Vorabdrucke von Beiträgen aus der Neuauflage 2012 von Löbers Handbuch „Grundeigentum in Spanien“, in dem neueste Entwicklungen des Gesetzgebers und der zuständigen Gerichte aufgezeigt werden. Sowohl rechtliche als auch steuerliche Aspekte werden beleuchtet.

Bei einem Sachverhalt mit Auslandsbezug – z.B. einem Erbfall eines deutschen Staatsangehörigen mit Vermögen in Spanien oder auch einem Erwerb einer spanischen Immobilie – stellt sich an erster Stelle die Frage, welches Recht überhaupt anwendbar ist. Ob deutsches oder spanisches Recht maßgeblich ist, richtet sich dabei nach den Vorschriften des „Internationalen Privatrechts“ („IPR“). Welches Recht den Sachverhalt regelt, kann im Einzelfall erhebliche Auswirkungen auf die Beantwortung einer Rechtsfrage haben. So ist ein privatschriftlich geschlossener Immobilienkaufvertrag nach spanischem Recht formwirksam, nach deutschem Recht (§ 311b BGB) bedürfen Grundstücksgeschäfte zu ihrer Wirksamkeit dagegen der notariellen Beurkundung.

Grundsätzlich handelt es sich bei dem „IPR“ jeweils um eigenes nationales Recht. Die Kriterien, die ein spanisches Gericht für die Ermittlung des anwendbaren Rechts heranzieht, können sich deshalb grundlegend von den Vorschriften unterscheiden, nach denen ein deutsches Gericht das maßgebliche Recht bestimmen würde.

Spanisches Recht – deutsches Recht – EU-Recht?

In besonders wichtigen Bereichen hat die Europäische Union das Zepter an sich gerissen und das auf „vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht“ (EG-VO 593/ 2008, sog. „Rom I- Verordnung“) und das auf „außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht“ (EG-VO 864/2007, sog. „Rom II-Verordnung“) geregelt. Ziel dieser in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltenden Vorschriften ist es, das anzuwendende Recht nach einheitlichen Kriterien zu bestimmen. Ob die Wirksamkeit eines zwischen Deutschen in Bezug auf eine spanische Immobilie in privatschriftlicher Form geschlossenen Kaufvertrags sich nach deutschem oder spanischem Recht beurteilt, wird  also für solche Verträge, die nach dem 17.12.2009 geschlossen worden sind, einheitlich unter Bezug auf Art. 3, 4 und 11 der „Rom I-Verordnung“ bestimmt – unabhängig davon, ob die Klage vor einem spanischen oder deutschen Gericht anhängig gemacht wird. Der bedeutende Grundsatz, dass die Vertragsparteien das anwendbare Recht durch eine sog. „Rechtswahl“ bestimmen können, bleibt dabei erhalten.  Ob sich Schadensersatzansprüche des Geschädigten aus einem im Spanienurlaub ereigneten Verkehrsunfall nach deutschem oder spanischem Recht beurteilen, muss nunmehr anhand der Rom II-Verordnung ermittelt werden. Diese Verordnung ist auf alle nach dem 11.01.2009 entstandenen Ansprüche anzuwenden.

Außerhalb der genannten europarechtlichen Vorschriften und der bestehenden völkerrechtlichen Abkommen wenden die Gerichte des Königreiches wie auch die deutschen Gerichte grundsätzlich ihre eigenen, d.h. nationalen Vorschriften an, um das anwendbare Recht zu ermitteln. Dies ist besonders im Bereich des Erbrechts relevant, wo sich die „Rechtsnachfolge von Todes wegen“ aus deutscher wie auch aus spanischer Sicht grundsätzlich nach dem Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers richtet. Die europäische Union hat die Bedeutung des Erbrechts erkannt und sich zum Ziel gesteckt, auch die Kriterien für das anwendbare Erbrecht europaweit zu vereinheitlichen. Ein Verordnungsentwurf ist schon auf den Weg gebracht. Daneben bleibt insbesondere im Bereich des sog. „Sachenrechts“ den Mitgliedsstaaten eine eigene legislative Domäne erhalten, sodass sich die Frage, nach welchem Recht man in Spanien oder in Deutschland Grundeigentum oder auch das Eigentum an „beweglichen Sachen“ erwirbt, unverändert nach den jeweiligen Vorschriften des deutschen Einführungsgesetzes zum BGB („EGBGB“) und den Einführungsvorschriften des „Título Preliminar“ zum spanischen Código Civil richtet. Die vorstehende, stark gestraffte Darstellung der Situation macht deutlich, dass der Laie sich in diesem Dickicht ohne Expertenhilfe kaum zurecht finden wird.

Beweis ausländischen Rechts im spanischen Gerichtsverfahren

Erschwerend kommt hinzu, dass es anders als im deutschen Recht nach spanischem Prozessrecht Sache der Partei ist, die ein für sie günstiges ausländisches Recht zur Anwendung bringen will, dieses auch im Rechtsstreit zu beweisen. Im Ergebnis bedeutet das für einen Prozess vor einem spanischem Gericht bei grundsätzlicher Anwendbarkeit deutschen Rechts, dass der Kläger in der Regel nicht nur die deutschen Vorschriften und deren Gültigkeit in spanischer Sprache nachweisen muss, sondern auch die Auslegung des an­­zuwendenden ausländischen Rechts. Dies erfolgt in der Regel durch Vorlage von Rechtsgutachten zum ausländischen Recht. Werden das ausländische Recht und seine Interpretation nicht oder nicht ausreichend nachgewiesen, wenden spanische Gerichte in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (Tribunal Supremo) ihr eigenes spanisches Recht an.

Vorstehender Artikel ist Bestandteil der geplanten Neuauflage 2012 des Ratgeberklassikers „Grundeigentum in Spanien“, die das Wochenblatt vorab abdruckt. Die Autoren sind Dr. Burckhardt Löber, Rechtsanwalt und Abogado in Frankfurt (Tel. 00 49 – 69 96 22 11 – 23) und Fernando Lozano, Abogado und Asesor Fiscal in Valencia (Tel. 00 34 – 963 – 287793).

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