Auf Teneriffa hat die Weinlese begonnen


© H.P. Albert

Ein Bericht von H. P. Albert

Schon in William Shakespeares Werken verdienen die Kommentare über kanarische Weine besondere Erwähnung, und zwar sowohl in der Charakterisierung seiner Figuren als auch in seinen literarischen Beschreibungen; besonders ist hier Falstaff zu nennen, der mit dem Spitznamen als „das Fäss­chen von den Kanaren“ bezeichnet wird.

Ähnliches findet sich bei Walter Scott, in Ivanhoe und bei anderen Schriftstellern.

Auf Teneriffa gab 1986 die Gründung der kontrollierten Herkunftsbezeichnung (Denominación de Origen) für die Gegend Tacoronte-Acentejo durch die Behörde für Landwirtschaft und Fischfang der kanarischen Regionalregierung den notwendigen Ansporn für eine Neuordnung. In Tacoronte-Acentejo selbst, ebenso wie in den anderen Anbaugebieten der Insel, besonders in La Orotava, La Guancha und San Miguel, sowie ab 1990 in Arico und Güímar im Süden Teneriffas.

War die Vergangenheit der kanarischen Weine durchaus ruhmreich, so hat sich angesichts der Veränderung der Unternehmensstrukturen und der Märkte die Vielfalt und Qualität bis zum heutigen Tage rasant zum Besten entwickelt.

Das DO-Gebiet von Tacoronte-Acentejo befindet sich im Norden der Insel und umfasst die Gemeinden von Tegueste, Tejina, Valle Guerra, Tacoronte, El Sauzal, La Matanza, La Victoria, Santa Ursula, La Laguna, El Rosario und Santa Cruz de Tenerife. Weinberge bedecken die Hänge und Täler der reizvollen Landschaft, umgeben die Dörfer und Bauernhöfe und steigen vom Meer bis auf nahezu 1000 Metern an.

Mit ca. 2.500 ha Rebfläche ist Tacoronte-Acentejo nicht nur vom Umfang sondern auch von der Konzentration her das größte Weinanbaugebiet der Kanaren. Nach dem traditionellen System wird hier die Rebe an Pergelgerüsten gezogen, die abgebaut werden können und aus „horquetillas“ einer Art Gabelstützen bestehen. Man pflanzt in Reihen mit einem Abstand von 1 m bis 1,20 m zwischen den einzelnen Pflanzen und 6 m bis 8 m zwischen den Reihen. Diese Pergel werden alljährlich im Juni bei der „levantada de la viña“ (Aufbau des Weinbergs) aufgestellt, und an ihnen werden die Pflanzen auf einer waagerechten Ebene von 60 cm Höhe befestigt. Nach der Lese im September und Oktober werden sie wieder abgebaut. Die Reben werden dann auf den Boden gelegt, möglichst direkt auf die Pflanzreihe, um den Raum zwischen den Reihen für den Anbau von Winterkartoffeln nutzen zu können. (* Anmerkung: auf Teneriffa werden klimabedingt bis zu viermal im Jahr Kartoffeln geerntet.)

Tacoronte-Acentejo ist eine traditionelle Rotweingegend, doch werden seit einiger Zeit in geringem Umfang auch Weißweine und Rosados (Roséweine) produziert.

Der Consejo Regulador, das Kontrollorgan des Weinbauverbandes dieser Region, der durch die Aufstellung von Mindeststandards und strengen Kontrollen eine verdienstvolle Arbeit für die Qualitätsverbesserung und den guten Ruf der im Verband produzierten Weine geleistet hat, kann dem Kunden heute eine umfassende Garantie für die Qualität dieser Weine bieten.

Die Trauben sind zu 90 % Listán negro und Negramoll zu 8 % sowie Tintilla und Castellana negra (2%). Diese Sorten werden zu 85% für die Herstellung der vorzüglichen Weine dieser Gegend verwendet. In geringerem Umfang findet man aber auch andere weiße Sorten wie Malvasia, Gual, Torrontes, Moscatel u.a. Die Weine aus Tacoronte-Acentejo waren auf den Kanaren schon immer beliebt und genießen zu Recht einen guten Ruf.

Mit dem Consejo Regulador hatte ich eine Infotour durch die Weinberge der D.O. Tacoronte- Acentejo abgestimmt, d.h. eigentlich wollte ich eine Foto-Reportage unternehmen, um mit den Infos und Fotos mein Weinbuch zu ergänzen, das demnächst im HALLWAG-Verlag in der Schweiz erscheint.

Kurzum, samstags ab 10:00 Uhr ging es los, und Elena González Morín von der Marketing Abteilung des Consejo Regulador war mir eine große Hilfe. Unser erstes Ziel war zunächst eine Besuch in der Bodega Monje in El Sauzal. Die Weinberge liegen auf einer Höhe von etwa 500 Metern mit einem traumhaften Blick auf das Meer und den Teide.

Die hier vorherrschenden steinigen Böden mit ihrem vulkanischen Erdreich sind ausgezeichnet zum Weinanbau geeignet. Die Rebkulturen erstrecken sich über Steilhänge, die den Einsatz von modernen Maschinen zur Bearbeitung von Böden und Weinstöcken praktisch unmöglich machen. So werden diese weiterhin von Menschenhand gehegt und gepflegt. Die Sonneneinstrahlung schon vom frühen Morgen an und die sanfte Meeresbrise schaffen ein besonders für die Weinzucht günstiges Mikroklima.

Die Rebfläche ist mit 1.500 Weintstöcken pro Hektar besetzt, eine optimale Bepflanzungsdichte. Die durchschnittlich 50 Jahre alten Stöcke lässt man acht Monate lang in Bodenhöhe wachsen. Erst kurz vor dem Reifen der Trauben, wenn sie Farbe annehmen, werden sie mit Hilfe von hölzernen Stützgabeln bis zur Weinlese hochgebunden. Vorherrschend in diesen Weinbergen sind Listán Negro, Listán Blanco, sowie Negramoll, Traubensorten, deren ganz individuelle Eigenschaften den Charakter der Weine von Monje prägen.

Die Kellergebäude hat der Vater 1956 bauen lassen; 1983 wurden die Einrichtungen dem neuesten technologischen Fortschritt entsprechend erneuert. Die alten Eichenfässer sind jedoch geblieben, dort wird auch weiterhin der traditionelle Rotwein vergoren und gelagert.

Die Produktionskapazität von 160.000 Litern erlaubt es, die gesamten Ernteerträge dieser Bodega  selbst zu verarbeiten. Zuständig für die Weinbereitung sind zehn qualifizierte Mitarbeiter, die ihr Handwerk mit viel Liebe ausüben.

Weinliebhaber und solche, die es noch werden wollen, sind  gern gesehene Gäste. Für sie hat die Familie Monje in ihren Kellereien ein besonderes Plätzchen reserviert, wo man  sie und ihre Weine in einer herzlichen, familiären Atmosphäre kennenlernen kann. Sie veranstalten Gruppenfüh­rungen durch die Rebkulturen und ihre traditionsreichen Weinkeller, und bei der Gelegenheit  zu einem Gläschen Wein kann man auch typische kanarische Gerichte probieren. Auf Wunsch werden auch Weinproben organisiert, sowie Fachtagungen, gesellige oder kulturelle Veranstaltungen, Videovorträge, Ausstellungen und vieles mehr. Räumlichkeiten für bis zu 125 Personen stehen zur Verfügung.

Den Wein zu erleben, wo er wächst und reift, wird hier unvergesslich bleiben.

Nach einer Weinprobe und einigen Tapas setzten wir unsere Weintour fort und besuchten die Familie Dominguez in Tacoronte, wo die Weinlese von Negramoll in vollem Gange war.

Auch hier nahm man sich die Zeit, mit uns durch die

Reb­anlagen zu gehen und ich konnte mit sehr vielen nützlichen Informationen mein Repertoire erweitern. Die Produktion beruht hier auf rein handwerklichem Verfahren, denn in dem hier produzierten Wein soll der Verbraucher eindeutig die Merkmale wiederfinden  können, die traditionell mit den Weinen aus Tacoronte identifiziert werden.

In geringem Umfang wird hier auch Malvasier angebaut, die Trauben lagen auf Bastmatten zum Trocknen in der Sonne bis zur Weiterverarbeitung. Im Garten dieses Anwesens direkt neben den Weinstöcken waren Tische aufgestellt und die obligatorische Weinprobe nahm auch hier ihren Lauf mit Käse, Chorizo und kleinen Happen.

Den krönenden Abschluss auf der „Ruta del Vino“ bildete der Besuch in der Bodega „El Lomo“ in Tegueste. Die Bodega im Ortsteil von Tegueste in einer ländlichen Umgebung mit schönem Ausblick auf die Zone liegt zwischen 375 und 413 m .ü. dem Meer, auf einem Landgut, das ihm den Namen „El Lomo“ gibt.

Auf das vulkanische und felsige Grundstück wurde Erde transportiert, um den Boden zu verbessern. Zusammen mit geeigneter Handhabung des Anbaus wurde erreicht, dass die Trauben diese so besonderen Eigenschaften voll nutzen können.

Der Weinkeller ist im Besitz der Familie D. Felix Rodriguez Rodriguez. Der Chef ist ein Mann von großem Unternehmungsgeist. In den 80er Jahren investierte er einen Teil seiner Ersparnisse in den Kauf eines 30.000 qm großen Grundstücks in „El Lomo“, im Ortskreis von Tegueste.

Er entschloss sich, die Produktionsmöglichkeiten zu verbessern, um das ganze Aroma, den Geschmack und die volle Qualität der im Lomo geernteten Trauben zu erzielen.

D. Felix begann mit der Res­tauration der alten auf dem Grundstück vorhandenen Stallung und wandelte diese in eine kleine und interessante Bodega mit Speichern aus Edelstahl und einem Kontrollsystem der Gärungstemperatur um.

Auf Grund der Qualität des Weines und des Anklangs unter den Verbrauchern, kam es zu wiederholten Vergrößerungen, da die ursprüngliche Anlage zu klein wurde.

Die heutige Ausbaustufe ist eine moderne Bodega, die bis zu 180.000 kg Reben verarbeiten kann. Ein Gebäude im Stil der kanarischen Architektur mit modernsten Einrichtungen. In der gemütlichen und gleichsam eleganten Probierstube, die einen besonderen Rahmen für Bankette bietet und locker bis zu 120 Personen fasst. Mit traumhaftem Blick auf die Umgebung und das Meer, genießen wir ein fantastisches, kanarisches Essen, beginnend mit Ziegenkäse, frisch gebackenen Panecillos, fantastischem Fabada mit Fleischeinlage sowie Conejo mit Salmorejo oder wahlweise ein Fischgericht und die Wahl zwischen zweierlei Postres, Kaffee und natürlich dem „El Lomo Tinto Crianza“ von guter Struktur, sauberem Aroma von mittelhoher Intensität und an reife Früchte, Gewürze und Vanille erinnernd. Wahrlich ein guter Ausklang eines erfolgreichen Tages, bestens zu empfehlen.

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