Aznar fordert mehr Einsatz von Rajoy


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Die PP habe „ihre Identität verloren“, es drohe eine Wahlschlappe

Sowohl bei einer Tagung der Stiftung zur Analyse und Auswertung Sozialer Themen (FAES) als auch in einem Interview mit der Tageszeitung ABC sparte Ex-Präsident José María Aznar nicht mit Kritik am aktuellen Amtsinhaber Mariano Rajoy.

Aznar, der die Partido Popular (PP) 1990 praktisch neu gründete und als moralischer und ideologischer Parteivater gilt, erklärte, „seine“ Partei habe die Identität verloren und steuere einem Wahldebakel entgegen. Einzig und allein ein radikaler Strategiewechsel könne das noch verhindern. Doch nicht nur Aznar, auch die Mitglieder der alten Parteiriege kritisieren Parteichef Rajoy immer offener. 

Der hat zwar den höchstumstrittenen, ungeliebten Bildungsminister José Ignacio Wert entlassen und durch Íñigo Méndez de Vigo ersetzt und auch einige Posten in der Partei neu besetzt, doch werden diese Maßnahmen kaum ausreichen, um die sich abzeichnende Wahlschlappe bei den Generalwahlen abzuwenden. 

Dementsprechend kritisch äußerte sich Aznar, Präsident der FAES und Ehrenpräsident der PP, auf einer Tagung der Stiftung. Die Partei habe „ihre Identität verloren und ihre Werte“, sei nicht mehr glaubwürdig für den traditionell konservativ wählenden Bürger, nachdem die klassischen Programmpunkte der PP gemäßigteren Ideen hätten weichen müssen. Die Strategie, möglichst wenig „anzuecken“, würde nicht aufgehen und bei den Wahlen abgestraft werden. Der Ex-Präsident ließ durchblicken, er glaube weder daran, dass ein Strategiewechsel noch rechtzeitig durchgeführt werden könne, noch daran, dass Rajoy einen solchen überhaupt durchführen wolle. 

Diese Einschätzung Aznars wird von einem Teil der „alten“ Parteiriege geteilt. Nach ihrer Wahlschlappe um das Bürgermeisteramt in Madrid kritisierte Esperanza Aguirre Mariano Rajoy öffentlich, während Luisa Fernanda Rudi sowohl persönlich als auch per Brief, Rajoy zu drastischen Maßnahmen aufforderte. 

Auch in einem Interview mit der Tageszeitung ABC gestand Aznar ein, dass die PP bereits mehrmals abgestraft worden sei und erheblich an Stimmen in Europa, den Autonomen Regionen und den Gemeinden verloren habe. Er glaube nicht daran, dass sich diese enttäuschten und zu Bürgerparteien wie Ciudadanos geflüchteten Wähler wiedergewinnen ließen. Aznar erklärte, der klassische PP-Wähler und die Mittelklasse wüssten derzeit nicht, was sie von der PP zu halten hätten. Ob diese nun die Abtreibung befürworte oder ablehne, die Steuern anheben oder senken wolle, für oder gegen eine Abspaltung Kataloniens sei, das  alles sei vollkommen unklar. 

Die Regierung müsse unbedingt tiefgreifende Veränderungen vornehmen, sowohl bei der Besetzung der Spitzenposten als auch beim Parteiprogramm. Neu vereint müsse die Partei wieder die Wählerschaft der rechten Mitte ansprechen. Nur auf diese Weise könne das Ruder vielleicht noch herumgerissen werden. 

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