Bevölkerungsrückgang


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Die Einwanderer zieht es wieder in ihre Heimat zurück – mit noch nicht einschätzbaren Folgen

Die langandauernde Krise, von der sich Spanien aller Voraussicht nach nur sehr langsam erholen wird, hat viele Spuren hinterlassen, die teilweise erst nach und nach ans Licht kommen. Dazu gehört, dass seit 2012 die Bevölkerungszahl kontinuierlich schrumpft. Enttäuschte Einwanderer kehren auf der Suche nach einer besseren Zukunft in ihre Heimatländer zurück, Spanier kehren ihrem eigenen Land den Rücken, weil sie im Ausland bessere Chancen erwarten. Im Rahmen einer Studie über die demografischen Veränderungen im Lande hat das Nationale Statistikinstitut (INE) ermittelt, dass im Jahr 2012 – zum ersten Mal überhaupt seit 1971 – die Bevölkerung um 90.326 Personen geschrumpft ist.

Madrid – Im darauffolgenden Jahr belief sich das Negativwachstum sogar auf 220.130 Personen.

Wegen der schlechten Arbeitsmarktlage wagen immer mehr Spanier den Sprung ins Ausland, wo ihre Ausbildung und ihre Fähigkeiten oftmals hoch geschätzt und gut bezahlt werden. Im vergangenen Jahr waren es laut dem INE 79.306, die ihrem Heimatland den Rücken kehrten, doch Experten gehen davon aus, dass es zehnmal mehr sind. Die meisten gehen nach Ecuador, Großbritannien, Frankreich oder Deutschland, wo sie sich nicht immer beim Konsulat anmelden, weswegen die Dunkelziffer bedeutend höher sein könnte.

Einstige Einwanderer verlassen das Land

Doch vor allem der Wegzug der Einwanderer ist schuld an dem Bevölkerungsrückgang. Viele Einwanderer, die während des Baubooms nach Spanien strömten, kehren nun enttäuscht zurück. Ihr Durchhaltevermögen ist erschöpft, nachdem ihnen gekündigt wurde, die Arbeitslosenhilfe ausgelaufen ist, sie ihre Eigentumswohnung an die Bank abgeben mussten und sie keine Zukunftsperspektive in Spanien mehr erkennen können. Der Wunsch nach einer besseren Zukunft führt sie jetzt dahin zurück, wo sie ursprünglich hergekommen sind. Darüber hinaus fühlen sie sich häufig immer weniger willkommen, denn es gibt Einheimische, die ihnen die Schuld für ihre eigene Misere geben oder sie als  Konkurrenten für einen Arbeitsplatz einstufen. Im letzten Jahr belief sich die Zahl der Einwanderer, die wieder „auswanderten“, auf 547.890 Personen. Dazu gehören auch die gutsituierten Rentner, die sich einst, aus wohlhabenden Ländern wie Deutschland kommend, wegen des besseren Wetters und der niedrigen Lebenshaltungskosten in Spanien niederließen, jetzt zu Hause jedoch günstigere Preise vorfinden.

Die Einzigen, die es weiterhin nach Spanien zieht, sind Chinesen und Russen. Erstere haben die Krise und ihre Folgen wegen ihrer familiären Netzwerke und Arbeitskultur besser bewältigen können, Letztere nutzen die Gelegenheit, Immobilien, Grundstücke und sonstige im Ausverkauf stehende Güter übergünstig einzukaufen.

Ein folgenschwerer Verlust

Der starke Abzug der ehemaligen Einwanderer – insbesondere aus den kleineren Ortschaften und Städten – hat tiefgreifende Folgen. Kurzfristig schließen Geschäfte und werden ganze Wohnungskomplexe verlassen und von den Banken zu Ramschpreisen angeboten, langfristig wird die Geburtenrate der Spanier weiter sinken und die Gesellschaft zunehmend altern.

Der Wirtschaftswissenschaftler Edward Hugh glaubt, die Abwanderung, Umsatzeinbrüche und der Verlust qualifizierter Arbeitskräfte seien nur der Anfang. Es würden insbesondere die Jüngeren gehen, die Sozialversicherungsbeiträge bezahlten und kaum das Gesundheitssystem in Anspruch nähmen und in die Rentenkasse einzahlten. Nach Meinung des Experten werde der unkontrollierte Abzug der Einwanderer die Wirtschaft und das Rentensystem gefährden.

Andere Experten stimmen mit Hugh in dieser Einschätzung überein. Joaquín Arango, Direktor des Forschungszentrums über Migration und Bevölkerung, meint, nach erfolgter wirtschaftlicher Erholung werde man diejenigen vermissen, die gegangen seien. Wirtschaftsprofessor Javier Díaz Giménez beklagte, wie alle Vorgänger würde auch diese Regierung keinen Migrationsplan entwerfen, um die Abziehenden zurückzuhalten.

Die Experten weisen auch darauf hin, dass die Dunkelziffer viel höher sein könnte. Nicht immer melden die Auswandernden sich ab, sodass ihre Abreise oftmals erst in die Statistiken einfließt, wenn die Gemeinde alle zwei Jahre das Einwohnermelderegister überprüft. Dabei hilft es nicht, dass die Gemeinden an einer möglichst hohen Einwohnerzahl interessiert sind, um die entsprechenden Subventionen erhalten zu können. Auch wenn die genauen Zahlen unbekannt sind, so zeichnet sich doch ab, dass derjenige geht, der es kann. Diejenigen, deren Herkunftsländer die besten Alternativen bieten, verlassen Spanien zuerst, also die Europäer, gefolgt von den Brasilianern und den Argentiniern.

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