Bitte Warten


Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Mit dem 1. Advent beginnt sie wieder – die Zeit des Wartens. Aber leider geht es mir so, dass ich das Gefühl habe: Boahh, es gibt noch so viel zu tun bis auf Weihnachten hin, dass ich mitunter schon richtig ungehalten und nervös werden kann. Ja, grad für die Eiligen und Ungeduldigen kann die Zeit des Wartens zu einer echten Herausforderung werden.

Was aber, wenn man eben doch warten muss? Ich denke an alle, die z.B. auf eine ärztliche Diagnose warten müssen. Manchmal gibt es eben nicht das klare Ergebnis, und dann muss man wirklich von einem auf den anderen Tag schauen, wie’s weitergeht. Andere warten auf eine Entscheidung, wie es mit dem Arbeitsplatz weitergeht. Wieder andere warten auf ein gu­­tes Angebot, eine zündende Idee, auf Anerkennung oder die Liebe ihres Lebens. Ja, wir müssen uns eingestehen, dass es diese manchmal wirklich unangenehmen Zeiten gibt, in denen scheinbar nichts voran geht, wo’s spannend bleibt und wo viele Fragen offen sind.

Und doch können gerade solche Wartezeiten zu einer „Adventszeit“ im wahrsten Sinne des Wortes für uns werden. Advent heißt ja: Gott kommt zu uns. Er kommt in mein Leben. Ich denke da an den Satz des Propheten Jesaja, der sagt: „Die auf den Herrn vertrauen, bekommen neue Kraft!“ Das heißt doch aber nichts anderes als: Gerade dann, wenn ich voller Spannung und Sehnsucht bin, dann ist Gott bei mir am Werk. Aber wie er das wohl macht?

Vielleicht muss ich mich ja manchmal in Geduld üben, damit ich mein Leben mal in Ruhe sortiere und mir wieder klar werde darüber, was mich wirklich trägt. Vielleicht lerne ich es dann noch einmal ganz neu schätzen, wie wichtig es ist, dass ich meine Familie habe oder auch Freunde, die zu mir stehen und auch Gedulds­proben mit mir zusammen durchstehen. Und vielleicht verordnet mir Gott manchmal auch deswegen eine Wartezeit, damit ich sensibler und nachsichtiger mit denen umgehe, die eben nicht mehr so schnell können und nicht mehr richtig mithalten.

Deshalb möchte ich mich gerade im nun bald beginnenden Advent darauf besinnen, dass Wartezeiten nicht nur vertane Zeiten sind, sondern eine überaus gute Gelegenheit, um auf Gott zu warten: Dass er in mein Leben kommt und in diese Welt; nicht zack-zack und möglichst sofort, aber doch so, dass er eine Kraft zum Leben ist. Wie heißt es so schön: „Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier – dann steht das Christkind vor der Tür.“ Gott kommt zu mir!

Ich möchte Ihnen von zwei Menschen erzählen, die genau das erfahren haben. Elisabeth und Zacharias. Diese beiden biblischen Personen waren miteinander alt geworden und konnten sicher zufrieden auf ihr Leben zurückblicken, schließlich waren sie immer rechtschaffene Leute gewesen. Nur eines war ihnen versagt geblieben: Sie hatten keinen Nachwuchs. In jüngeren Jahren hat ihnen das sicherlich so richtig zu schaffen gemacht. Aber irgendwann findet man sich eben auch mit solchen Schicksalsschlägen ab. Was soll’s – das Leben ist nun mal so, wie es ist.

Doch dann passierte etwas, womit die beiden überhaupt nicht mehr gerechnet haben. Eines Tages erschien Zacharias im Tempel ein Engel und sagte ihm: „Ihr werdet einen kleinen Johannes bekommen, mit dem Gott noch sehr viel vorhat.“ Zacharias verschlug es glatt die Sprache und nur kurze Zeit später meldete sich im Haus von Elisabeth und Zacharias Nachwuchs an. 

Bei dieser Geschichte denke ich mir: Gott lässt sich manchmal schon viel Zeit mit uns und unseren Plänen, Erwartungen und Lebenszielen. Warum sonst muss ein Leben manchmal so ganz anders laufen, als wir uns das vorgestellt haben? Und dann würde ich mir wünschen, dass ich so damit umgehen kann wie Elisabeth und Zacharias: Obwohl sich zunächst der große Lebenstraum nicht erfüllt hat, haben die beiden nie resigniert, haben sie nie mit ihrem Leben abgeschlossen oder nur noch verbissen oder verbiestert den verpassten Gelegenheiten nachgetrauert. Nein, sie haben voller Gottvertrauen nach vorne geschaut und getan, was sie tun konnten. Und als sie dann völlig unerwartet doch noch Eltern geworden sind, da haben sie auch diese Aufgabe angenommen. Ja, es beeindruckt mich gewaltig, wie die beiden in ihrem fortgeschrittenen Alter sich noch einmal auf etwas Neues einlassen können. Und wie ist das bei Ihnen? Wie ist das bei mir?

Ich wage zu hoffen und zu glauben, dass auch ich noch einiges im Leben zu erwarten habe. Wie und was das genau sein wird, das muss mir jetzt noch gar nicht oder zumindest nicht detailliert vor Augen stehen. Wichtig ist nur, dass ich mich in das tiefe Vertrauen einübe, dass Gott es gut mit mir meint; dass ER kommt und dass ER auch zu mir seinen Weg finden wird. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und mir eine erwartungsvolle Adventszeit.

Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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