Pedro Sánchez und Quim Torra werden persönlich am Verhandlungstisch sitzen
Madrid/Barcelona – Nach zehn Jahren hat ein Regierungspräsident zum ersten Mal wieder den Palau de Generalitat, den Sitz der katalanischen Regierung in Barcelona, betreten. Pedro Sánchez hat damit den politischen Preis seiner Reise nach Barcelona auf sich genommen und die Person von Quim Torra aufgewertet, über der ein mögliches Amtsverbot schwebt. Der Präsident will zur konstitutionellen Normalität und zum Dialog zurückkehren. Trotz tiefgreifender Differenzen diente das Treffen dazu, die Positionen anzunähern, bevor das erste Treffen der Verhandlungspartner – Mesa de diálogo – stattfindet, das zwischen der PSOE und katalanischen Linken ERC, als Preis für deren Stimmenthaltung bei der Investitur von Sánchez, vereinbart wurde. Die Regierung bietet die längst überfällige Übertragung von Kompetenzen, höhere Investitionen sowie die Reduzierung von schwebenden Rechtsstreitigkeiten an.
Torra gefährdet den Dialog, bevor dieser überhaupt begonnen hat.
Die Regierung ist sehr zufrieden mit sich selbst. Ihr Versuch, die Abspaltungskrise mit Katalonien auf einem anderen Weg zu lösen, hatte Pedro Sánchez bewogen, sich am 6. Februar mit Quim Torra zu treffen. Er hatte auch Angelegenheiten auf seiner Verhandlungsliste, die alle Katalanen betreffen. 44 Vorschläge legte er dem Präsidenten der Regionalregierung vor. Doch nur zwei Tage nach dem Treffen musste er sich von der unvorhersehbaren aber hinlänglich bekannten Verhaltensweise des katalanischen Regierungschefs überzeugen. Der hatte erklärt, die Rolle des Vermittlers sei eine unverzichtbare Bedingung für den „Tisch des Dialogs“, der zusammentreten müsse, noch bevor dieser Monat zu Ende gehe. Diese Äußerungen von Torra prallen unerwartet auf den Optimismus, den Sánchez nach dem Treffen in Barcelona zur Schau getragen hat. Der versichert nun, dass er niemals einem Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens zustimmen werde, noch einem Vermittler bei Gesprächen mit einer autonomen Regierung. Die Regierung von Pedro Sánchez glaubt, wenn Torra den Dialog verhindere oder unmöglich mache, würden viele Katalanen, einschließlich der Unabhängigkeitsverfechter, wissen, warum das passierte und wer dafür die Schuld trägt.
Während Sánchez sich mit seinen Ministern in einem historischen Anwesen in Toledo traf, um den Kurs der Regierung zu besprechen, war Torra damit beschäftigt, jeglichen Eindruck von Zugeständnissen aus seinem Diskurs zu löschen. „Es war wichtig, die Notwendigkeit eines Dialogs mit dem Staat auszuloten. Ein Dialog, zu dem man mit der ganzen Kraft des Unabhängigkeitsbestrebens und der Beschlüsse des Parlaments antreten muss. Daher verlangen wir einen Vermittler, denn so hat es das Parlament beschlossen“. Der Parlamentsbeschluss, auf den Torra sich bezieht, besagt wörtlich „Internationaler Beobachter und Vermittler“. Wie aus der Regierung verlautet, hatte Torra diese Forderung bei der Besprechung nicht gestellt. Die Beobachtung liege bei den 47 Millionen Spaniern, hat Präsident Sánchez dazu erklärt. „Man muss über die Wurzel dieses Problems reden“, erklärte Torra seinerseits, und das sei das Recht der Katalanen auf Selbstbestimmung und auf Amnestie, ließ er wissen. Im Grunde habe es keine Annäherung gegeben.
Trotzdem ist die Regierung noch immer recht optimistisch gestimmt und weist auf die 44 Vorschläge hin, welche Sánchez in einem Dokument vorbereitet hat. Sie ist sich der Tatsache bewusst, dass Torra und sein Vorgänger Carles Puigdemont, der sich auf der Flucht vor der Justiz noch immer in Belgien aufhält, sich im offenen Kampf mit der ERC um die Vorherrschaft bei den Unabhängigkeitsbestrebungen befinden. „Wenn sie den Dialog mit der Zentralregierung abbrechen müssen, werden sie es tun“, verlautet aus politischen Kreisen.
Pablo Iglesias, Vizepräsident und Chef von Podemos, des Koalitionspartners von Pedro Sánchez, hat bestätigt, dass er mit am Verhandlungstisch sitzen werde, wenn die Besprechungen des „Mesa de Diálogo“ beginnen, die der Regierungschef mit Regionalpräsident Quim Torra vereinbart habe. Bekanntlich sollen die Gespräche noch in diesem Monat beginnen, doch ist bislang noch nicht bekannt, welche weiteren Personen für beide Parteien am Tisch sitzen werden. Der Beobachter und Vermittler, den Torra nach dem Gespräch mit Sánchez forderte, hat eine Auseinandersetzung zwischen den einzelnen Unabhängigkeitsparteien ausgelöst. Die linksorientierte ERC hat vor einigen Tagen klargestellt, dass diese Figur absolut unverzichtbar sei.
Der Machtkampf unter den Gruppen, welche die Abspaltung betreiben, ist deutlicher sichtbar geworden, seitdem der katalanische Wahlkalender bekannt wurde. Nach mehr als einer Woche gibt es keinerlei Fortschritte bei der Vorbereitung des „Verhandlungstisches“. Von der technischen Kommission, die Torra angekündigt hatte, gibt es weder Namen, noch wurde sie bislang gebildet, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Ebenso wenig ist klar, wer außer Pedro Sánchez und Pablo Iglesias vonseiten der Regierung auf der einen, sowie Torra und Pere Aragonés für die „Generalitat“, am Tisch sitzen wird.
„Jetzt, wo wir den Staat gezwungen haben, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, können wir ihm nicht unsere Schwächen, Vorwürfe und Zweifel präsentieren“, erklärte Sergi Sabriá, Sprecher der Republikaner, im Regionalparlament. Er warf Torra Hartknäckigkeit bezüglich der Vermittlerrolle vor. Er bezeichnete sie als Ausrede, um dahinter seinen Willen zu verbergen, den Verhandlungstisch „Mesa de Diálogo“ unmöglich zu machen.