Gedanken für mich – Augenblicke für Gott
Umberto Ecos mittelalterlicher Roman „Der Name der Rose“, ist den meisten von uns spätestens seit seiner Verfilmung mit Sean Connery und Christian Slater ein Begriff. Das Lachen – man sollte es kaum für möglich halten – ist in diesem Roman ein zentrales Thema. Denn wer über was lachen darf und wer nicht, das ist heftig umstritten.
In einem solchen Streitgespräch behauptet z.B. einer der Mönche: Wer lacht, das ist einer, dem letztlich nichts heilig ist. Und wer umgekehrt an die Wahrheit glaubt, der oder diejenige kann kein Humorist sein. Hört also beim Glaube der Spaß auf?
Offensichtlich ja! Denn der heilige Benedikt wendet sich in seiner Ordensregel strikt gegen das Lachen. Lachen, so sagt er, steht für Diesseitigkeit und Gottferne, für Dummheit und Eitelkeit. Seiner Ansicht nach verträgt sich der Ernst des Glaubens nicht mit dem Lachen. Die radikale Nachfolge Jesu hat eben nun mal mit Spott und Scherz nichts zu tun. Sicher: Vieles in dieser Welt ist nicht zum Lachen, beim besten Willen nicht. Auf Krieg und Terror, Hunger und Überbevölkerung, auf Verschuldung der Staaten und das Verschmutzen der Umwelt ist das Lachen sicher keine angemessene Reaktion. Da wird es schon eher zum zynischen Gelächter. Doch das Gegenteil von Lachen ist gar nicht der Ernst. Das Lachen steht vielmehr gegen Fatalismus und Resignation. Lachen findet sich nicht ab mit der Welt und resigniert nicht. Es setzt sich der Welt entgegen, indem es diese Welt eben nicht so wichtig nimmt. Vielmehr ist Lachen ein Trotz gegen den Zustand dieser Welt.
Wenn wir jetzt auf den christlichen Glauben blicken, dann kann ich nur sagen: Der trotzt dieser Welt in der gleichen Weise. Gerade der glaubende Mensch sieht und nimmt wahr, dass es mit dieser Welt nicht zum Besten steht und dass sich nur allzu oft Ungerechtigkeit und Gemeinheit durchsetzen. Doch Glaube heißt auch, an einen Grund zu glauben der trägt und durchhält. Und dieser Grund ist Gott selbst. Deshalb sieht der Glaubende auch die Realität der Welt ganz und gar in Gott aufgehoben. Das heißt: Wie das Lachen schließt auch der Glaube den Schmerz und das Leid nicht aus, sondern in sich ein. Aber dabei bleibt es nicht. Glaube und Lachen beinhalten eben auch das Glück und die Befreiung.
Ich bin der festen Überzeugung: Der Glaube braucht das Lachen. Lachen, vor allem befreites Auflachen, das brauche ich nämlich von Zeit zu Zeit, um dann auch wieder ernst werden zu können. Für mich ist Lachen nämlich so etwas wie eine „Auszeit des Herzens“. Es sorgt für eine Distanz zu sich selbst, für eine Distanz zu dieser Welt. Das Lachen unterzieht diese Welt einer radikalen Kritik. Denn es fragt: Was ist denn wirklich wichtig? Haben wir vieles nicht viel zu ernst genommen? Wenn man sich diesen Fragen stellt, dann eröffnet das Lachen die Möglichkeit, ernsthaft zu werden. Deshalb braucht der Glaube das Lachen, damit es wirklich Ernstes und Albernes voneinander unterscheiden kann.
So kann man aber doch sagen, dass Lachen und Glaube wie zwei Geschwister im Geiste sind. Sie widerstehen beide einer unmenschlichen „Ernsthaftigkeit der Welt“. Glaube und Lachen wissen nämlich, dass alle menschlichen Überzeugungen und Grundsätze relativ sind. Das ist nicht schlimm. Aber Glaube und Lachen führen uns vor, dass wir uns nicht allzu sehr in diese Welt und in unsere Meinungen und Positionen verbeißen sollten.
Der englische Schriftsteller Keith Chesterton, der sich Zeit seines Lebens auf originelle und ungewöhnliche Art und Weise mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt und dabei nie ein Blatt vor den Mund genommen hat, unterstreicht eigentlich all diese Überlegungen. Zu ihm kam mal ein Kritiker und hielt ihm vor: „Wenn Sie schon Witze machen müssen, dann doch wenigstens nicht über so ernsthafte Dinge wie den Glauben.“ Und Chesterton erwiderte: „Über was soll man denn sonst Witze machen, wenn nicht über ernsthafte Dinge.“ Ja spricht nicht selbst der große Völkerapostel Paulus von den „Narren und Närrinnen in Christo“, wenn er sagt: „Die Botschaft vom Kreuz ist eine Torheit“? Ja, man könnte meinen, dass das zum Lachen reizt, wenn Menschliches und Göttliches in einer Person zusammenkommen. Doch beim Lachen bleibt es nicht. Das Lachen – auch über den Glauben – ermöglicht es vielmehr, dass ich wieder ernst werden kann; schafft den Freiraum dafür, dass ich meinen Glauben immer wieder leben kann. In diesem Sinne: Lachen Sie viel und genießen Sie die kommenden Tage.
Bertram Bolz, Diakon
Kath. Touristen- und
Residentenseelsorger
Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.katholische-gemeinde-teneriffa.de oder www.wochenblatt.es
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