Das neue Anti-Tabakgesetz auf dem Prüfstand


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Hunderte von Anzeigen in zwei Tagen stellen seine Funktionsfähigkeit in Frage

Hunderte von Anzeigen stellten schon am zweiten Tag, nachdem das neue, europaweit härteste Anti-Tabakgesetz in Spanien in Kraft getreten ist, die Respektierung der neuen Vorschriften, das Inspektionssystem sowie den Willen der regionalen Regierungen auf die Probe, Strafen gegen Verstöße zu verhängen.

Marbella – Beim spanischen Verbraucherverband Facua sind bereits in den ersten beiden Tagen mehr als achthundert Anzeigen eingegangen, die an die zuständigen Gesundheitsbehörden der Regionalverwaltungen weitergeleitet werden, damit deren Inspektoren den Anzeigen nachgehen.

Bei den Eisenbahn- und Bus­bahnhöfen sowie Gesundheits-Zentren, für die das Gesetz ganz spezielle Beschränkungen vorsieht, herrschte allgemeine Konfusion. So gingen über die Station Atocha im Zentrum von Madrid zahlreiche Anzeigen ein, dort befinden  sich die Raucher auf den Bahnsteigen nicht unter freiem Himmel, denn diese sind von drei Seiten geschlossen und verfügen nur über die Öffnungen durch die die Züge ein- und ausfahren. Hier lässt die Interpretation der neuen Bestimmungen ganz unterschiedliche Schlüsse zu. Ebenso führt die Bezeichnung „recinto hospitalario“ also in der Umgebung von Krankenhäusern zu Zweifeln und zu Übertretungen, denn das Gesetz sieht ein Verbot in der gesamten Umgebung vor, also auch in Gartenanlagen und auf Parkplätzen, die teilweise nicht eingezäumt sind.

Gesundheitsministerin Leire Pajín, die das umstrittene Gesetz von ihrer Vorgängerin Trinidad Jimenéz , jetzt Außenministerin, übernommen hat, teilte den Medien mit, es sei mit absoluter Normalität in Kraft getreten und werde befolgt, wie man es erwartet habe. Gleichzeitig animierte sie die Bürger Anzeige zu erstatten, wenn sie feststellen, dass gegen die neuen Bestimmungen verstoßen werde. Wie aus den Daten der Verbraucherorganisationen zu entnehmen ist, wird davon bereits eifrig Gebrauch gemacht. Allein bei Facua gingen in zwei Tagen 860 Anzeigen ein. Hinzu kommen andere Organisationen sowie die zuständigen Inspektionen der Regionalregierungen, deren Aufgabe es ist durchzusetzen, dass das Anti-Tabakgesetz befolgt wird.

Wie ein Sprecher von Facua berichtete, hatte seine Organisation ein bestimmtes Protokoll ausgearbeitet, wie die eingehenden Anzeigen an die Gesundheitsbehörden der regionalen Verwaltungen weitergeleitet werden sollen. Dabei war man von höchstens zweihundert täglich ausgegangen. Doch angesichts der Flut von Anzeigen, mit der sie überschüttet wurden, werde jetzt ein neuer Arbeitsplan ausgearbeitet.

Hoch lebe Spanien und der Tabak!

Der Geruch nach Kräuterlikör und Zigarren erfüllte während der Mittagsstunde das Grillrestaurant Asador Guadalmina in Marbella. Es ist das erste Restaurant, das sich offiziell zum „Antitabakgesetz-Verweigerer“ erklärt hat. Sein Eigentümer, José Eugenio Arias-Camison, hatte am 2. Januar zwei Schilder ausgehängt, auf denen zu lesen war, dass die Vorschriften, welche das Rauchen in geschlossen öffentlichen Räumlichkeiten verbieten, in seinem privaten Geschäftslokal keine Anwendung finden. Er nutzte gleichzeitig die Gelegenheit, um der Regierung vorzuwerfen, sie benutze das Gesetz, um sieben Jahre massiver Zerstörung Spaniens zu verschleiern.

Im Restaurant, zwischen Koteletts, Alkohol und Tabakqualm, herrschte eine Atmosphäre von Widerstand. Die Rebellen waren Gruppen von Männern aber auch Familieväter mit ihren Kindern. Sie zeigten dicke Zigarren mit Gesten des Kampfes für die Freiheit. „Hoch lebe Spanien und der Tabak“, rief ein junger Mann beim Verlassen des Lokals. „Einige Gäste haben sich schon beschwert, aber neunzig Prozent der Leute sind Raucher, die von dem Gesetz absolut benachteiligt werden“, erklärte einer der Kellner.

„Es ist unbegreiflich, dass eine linksgerichtete Partei derartig die Freiheit beschneiden kann, ich bin mit dem Besitzer des Lokals völlig einer Meinung“, erklärte Miguel, Stadtpolizist und Nichtraucher.

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