Exklusiv-Interview zur Konzertsaison 2008/09 mit OST-Chefdirigent Lü Jia
Auf einer Pressekonferenz wurde kürzlich das ABO-Programm der Spielzeit 2008/09 unseres Sinfonieorchesters von Teneriffa vorgestellt. Die exakt 1.115 Abonnenten und alle anderen Besucher des letzten Konzerts mit Chefdirigent Lü Jia waren da bereits informiert. Sie erhielten den neuen Spielplan zusammen mit dem Abendprogramm schon Tage vor der Pressekonferenz. Gewohnt freundlich und offen gewährte Maestro Lü Jia uns vorab ein Exklusiv-Interview für Leserinnen und Leser des „Wochenblatts“.
Wochenblatt: Gratulation zum soeben erlebten Finale mit Ihnen als Dirigent in dieser Spielzeit. Sie haben diese Saison als neuer Chef unseres Sinfonieorchesters gestaltet, – zum Abschluss mit einer „Misa Tango“. Die Klassik-Fans waren begeistert. Sind Sie es auch?
Lü Jia: Klar, ich liebe Tango! Und mit der Saison insgesamt bin ich sehr zufrieden. Die Menschen haben die Konzerte fantastisch aufgenommen. Das Publikum in Santa Cruz geht mit Interesse und viel Emotion bei den Konzerten mit. An den Abenden in La Orotava, im Magma Arte von Adeje waren es zuerst vielleicht hundert Leute. Später war der Saal voll. Es ist die Frucht harter Arbeit. Das Orchester hat Großes geleistet.
Wochenblatt: Zu den Konzerten hat das Wochenblatt jedes Mal ein Gewinnrätselspiel mit Fragen zum Musikprogramm gemacht. Viele Hundert Klassik-Fans haben daran teilgenommen. Die Mehrzahl unserer fast 300 Verkaufsstellen liegt im Süden der Insel. Möchten Sie raten, woher die meisten Zuschriften kamen?
Lü Jia: Ich denke, das hält sich die Waage, oder?
Wochenblatt: Falsch getippt. Über 80 Prozent kommen dennoch von dort her, wo auch Sie auf Teneriffa wohnen – aus dem Norden. In unseren Berichten weisen wir natürlich auch auf Ihre Konzerte mit dem OST im Magma Arte von Adeje hin. Anscheinend wohnen zumindest aber mehr deutsche Klassik-Fans im Norden.
Lü Jia: Das überrascht mich etwas.
Wochenblatt: Manche Konzertmanager meinen ja, man könne neues Klassik-Publikum durch Open Air-Spektakel gewinnen. Ihr chinesischer Landsmann Lang Lang tourt zum Beispiel jetzt mit Klavierkonzerten von Chopin und Rachmaninow auf riesigen Wald- und Wiesenbühnen durch Deutschland. Was halten Sie davon? Sind wenige Superstars, wie gerade jetzt Anna Netrepko, oder eben auch Lang Lang, auf Riesen-Open-Air-Konzerten nur Geldmaschinen für die Kassen der Veranstalter, oder bringen sie der Klassik tatsächlich neues Publikum auch für die Konzertsäle?
Lü Jia: Die wichtigste Voraussetzung für mich als Musiker ist die Qualität meiner Arbeit. Da darf es keine Kompromisse gaben. Wenn die Qualität solcher Open-Air-Konzerte nicht gut ist, empfinde ich solches als Betrug an den Besuchern. Hervorragende Qualität aber mit Business verbinden, – dagegen habe ich nichts. Dann, aber nur dann, ist alles in Ordnung.
Wochenblatt: Noch besser aber gefällt uns ein anderer Weg, den Sie gerade aufgezeigt haben: Was Sie mit einer „Misa Tango“ als Saison-Abschlusskonzert auf Teneriffa unternommen haben, scheint uns viel versprechender zu sein: Ein berühmter Filmkomponist schreibt auch einmal „klassisch“, – als Argentinier eben auch im Rhythmus des Tango. Sie haben Luis Bakalov damit hierher eingeladen, und es wurde ein großer Erfolg. Wir meinen, so kann man junge Menschen neugierig machen und Interesse wecken dann auch für Mozart und Beethoven. Haben Sie ähnliche Pläne für die nächste Saison wie diesmal mit der „Misa Tango“?
Lü Jia: Klar, das haben wir. Fangen wir an mit unserem Saisonabschlusskonzert im nächsten Jahr am 19. Juni: Dann werden unsere Musikfreunde sogar Tanz erleben. Das berühmte „Corella Ballett-Ensemble“ wird mit einem Welthit gastieren, „La Bayadère“, ein absolutes Meisterwerk von León Minkus. Das wird richtig spektakulär, kann ich Ihnen versprechen.
Für den 13. März haben wir Michel Camilo eingeladen. Er ist einer der besten Pianisten und Komponisten der internationalen Jazzszene und hat viele Grammy Awards gewonnen. Aber auch als Klassik-Pianist ist er großartig. Er kommt ja aus der Dominikanischen Republik und hat auf Teneriffa viele Fans. Wir haben ihn gebeten, für die Insel ein eigenes Klavierkonzert zu schreiben. Tatsächlich wird das Konzert sogar „Tenerife“ heißen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm.
Wochenblatt: Das allerdings ist sensationell. Wir sind beeindruckt, Maestro! Mögen Sie unseren Leser/innen noch mehr über das Programm der neuen Spielzeit sagen?
Lü Jia: Ja, gern. Es sind wieder 19 Konzertprogramme. Ich selbst werde elfmal dirigieren. Ganz wichtig aber sind auch namhafte, erstklassige Gastdirigenten und Solisten. Wir sind stolz, Kollegen wie Ton Koopmann, James Judd, Dmitry Sitkovetsky und Arcardi Volodos für die neue Spielzeit gewonnen zu haben. Ein Schwerpunkt der Programme liegt diesmal auf der Romantik. Aber auch die „Wiener Klassik“ um Beethoven und große Klassikerfolge des 20. Jahrhunderts werden zu erleben sein. Wir beginnen am 14. November mit Gustav Mahlers 3. Sinfonie, einem Riesenwerk, das ich besonders liebe. Im Frühling, am 17. April, wird Igor Strawinskys „Sacre du printemps“ zu hören sein. Mit diesem Ballett „Frühlingsweihe“ gab es damals zur Uraufführung ja einen großen Skandal. Heute ist es vielleicht d e r Klassikhit von Strawinsky überhaupt.
Wochenblatt: Sie haben in der vergangenen Saison neben großen Solisten und Dirigenten aus Europa und Amerika auch einige fantastische junge Künstler aus Ihrer Heimat China hier vorgestellt. Sie selbst sind international schon ein hoch angesehener Dirigent und gehören zur jungen Riege bekannter, erfolgreicher Musiker Ihres Landes. Sie kommen aber aus einem völlig anderen Kulturkreis als unsere „Wiener Klassiker“ Mozart und Beethoven, sollte man denken. Wie erklären Sie sich dieses Phänomen? Eigentlich ist es unglaublich.
Lü Jia: Musik ist auch ein Mysterium. Große Begabung, Talent mit Kopf, Fleiß und Beharrlichkeit sind für einen erfolgreichen Künstler unverzichtbar. Im Tiefsten aber ist Musik nicht sachlich sondern spirituell. Menschen sind überall gleich. In unserer chinesischen Tradition und Kultur genießt das Spirituelle einen hohen Stellenwert. Daraus erklärt sich das.
Wochenblatt: Letzte Frage: Sie haben Großes vor in Zukunft mit dem Orchester. Können Sie uns dazu schon Konkretes sagen?
Lü Jia: Das Orchester arbeitet großartig und sehr engagiert. Für das nächste Jahr schon und insbesondere für das Jahr der EXPO 2010 in Schanghai liegen dem OST Einladungen vor. Wir werden auf internationalen Tourneen neben Peking auch in etlichen anderen chinesischen Städten Gastspiele geben. In zwei Jahren werden wir mit dem Orchester auf hohem Niveau dann auch Schallplatten produzieren. Ich freue mich sehr auf diese Aufgaben.
Das Interview führte
Hans Rueda
Infos und Termine
* Verlängerung bestehender Abonnements: 16. – 27. Juni 2008
* Änderung von Sitzplätzen bestehender Abonnements: 1. – 8. Juli 2008
* Freier Abonnement-Verkauf: 2. – 23. September 2008
* Freier Kartenvorverkauf: ab 6. Oktober 2008
* Kartenpreise: 15 / 18 / 22 / 25 Euro
* ABO-Preise: 228 / 274 / 334 / 380 Euro
* ABO-Preise für Senioren ab 65 Jahre: 157 / 188 / 230 / 261 Euro
* ABO- und Kartenverkauf im Ticketbüro des Auditorio von Santa Cruz, Öffnungszeiten: Montag – Freitag: 10-15 Uhr
Samstag: 10-14 Uhr
* Telefonische ABO-Verlängerung und Änderungen: Tel. 922 568 611
Informationen ohne Gewähr.
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