Das Rentensystem steckt in der Krise


In fünf Jahren wird das System nicht mehr haltbar sein und zusammenbrechen. Eine Reform ist dringend erforderlich.

Madrid – Die noch amtierende Regierung hat für die im Juli fällige doppelte Rentenzahlung erneut auf die Rücklagen der Rentenkasse zurückgegriffen und 8,7 Milliarden Euro aus dem Reservefonds entnommen. Die Rücklagen werden immer geringer, und es zeichnet sich ab, dass der Reservefonds in nicht allzu langer Zeit erschöpft sein wird. Mittlerweile ist offensichtlich, dass das spanische Rentensystem nicht nachhaltig ist. Es muss dringend eine Lösung für die Renten-Krise gefunden werden.

Mehr Ausgaben als Einnahmen

Nach den vom Arbeitsministerium veröffentlichten Daten betrugen die Rentenzahlungen im Juni 8,5 Milliarden Euro. Im Juli wurde wegen der speziellen Sommerzahlung ein Betrag von 17,2 Milliarden Euro fällig. Weil jedoch die Sozialversicherung trotz steigender Beschäftigungszahlen nur monatlich etwa 8,6 Milliarden Euro (Stand April 2016) einnimmt, mussten die Rücklagen angegriffen werden.

Das Ungleichgewicht zwischen Rentenzahlungen und Einnahmen – was zum einen seit geraumer Zeit immer wieder eine Entnahme aus dem Reservefonds erfordert und zum anderen die Krise des spanischen Rentensystems und dessen fehlende Zukunftsfähigkeit beweist – ist vielfach begründet.

Schuld ist unter anderem die von den Politikern gern als Fortschritt genannte Senkung des Rentenalters. Mittlerweile kann ein Spanier bereits mit 65 unter bestimmten Voraussetzungen in Rente gehen. Gleichzeitig nimmt die Lebenserwartung zu. Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl der Rentner um 109.000 auf 9,4 Millionen, die durchschnittliche Rentenhöhe auf 903 Euro angewachsen.

Auf der anderen Seite verbessert sich zwar nach und nach die Zahl der Beschäftigten, doch die Einnahmen der Sozialversicherung nehmen nur gering zu, denn oftmals handelt es sich um prekäre Arbeitsverhältnisse mit geringem Sozialversicherungsbeitrag. Die Anreize für Unternehmer, um diese zu Neueinstellungen zu motivieren, gehen teilweise auch zulasten der Sozialversicherung. So wuchs die Zahl der Sozialversicherten zwischen April 2015 und April 2016 zwar um 2,68% auf 455.540 Personen an, die Beiträge zur Sozialversicherung jedoch nur um 1,3%, also nur halb so viel.

Jedenfalls decken die Einnahmen die Ausgaben schon lange nicht mehr, sodass seit Jahren immer wieder auf den Reservefonds der Rentekasse zurückgegriffen werden muss. Mittlerweile haben sich die Rücklagen auf 32,5 Milliarden Euro reduziert.

Die Unabhängige Organisation zur Verantwortlichkeit im Umgang mit Steuergeldern (Airef) geht davon aus, dass bei anhaltenden Rückgriffen der Reservefonds bereits 2018 erschöpft sein könnte. Dann wird der Staat das Minus zwischen Einnahmen der Sozialversicherung und Rentenzahlungen ausgleichen müssen.

Die neue Regierung wird sich nach Amtseinführung gleich einer der schwierigsten und schwerwiegendsten Aufgaben stellen müssen: Der tiefgreifenden Reform des Rentensystems, das weder nachhaltig noch zukunftsfähig ist.

In etwa fünf Jahren wird das aktuelle System, nach dem die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer die Zahlungen an die Rentner finanzieren und decken sollen, zusammenbrechen, und die Renten nicht mehr ausgezahlt werden können.

Die neue Regierung wird sich umgehend diesem Problem widmen und in Zusammenarbeit mit allen Parteien ein neues, nachhaltiges System gestalten müssen. Ein Staatspakt ist dringend erforderlich.

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