„Der härteste Haushalt der Geschichte“


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Kanaren müssen mit 450 Millionen Euro weniger auskommen

Ende November übergab Regierungsvertreter Javier González Ortiz den fertigen Haushaltsentwurf an Parla-mentspräsident Antonio Castro. Angesichts der enormen Kürzungen kam González Ortiz nicht umhin, den Etat für das kommende Jahr als den „härtesten“ der Geschichte zu bezeichnen. Fast alle Ressorts werden Einsparungen vornehmen müssen und das in einem Jahr, das die Wirtschaftsexperten als düster bezeichnen.

Nachdem die Zentralregierung im staatlichen Haushaltsplan für das kommende Jahr die kanarischen Zuschüsse um 487 Millionen Euro gekürzt hatte und die Regionalregierung aufgrund des aufgezwungenen Defizitlimits von 0,7% nur 300 Millionen Euro an Neuverschuldung aufnehmen darf (das Wochenblatt berichtete), stand das Kabinett bei der Aufstellung des eigenen Etats unter enormem Druck. Mitte November segneten die Regierungsmitglieder den fast 6,3 Milliarden Euro umfassenden Entwurf ab, der im Vergleich zum diesjährigen Haushalt um 450 Millionen Euro bzw. fast 7% geringer ausfallen wird.

Zwar werden die sozialen Ressorts Gesundheit, Bildung und Sozialpolitik weiterhin mit insgesamt 70% den Großteil des Kuchens ausmachen, trotzdem wurden auch hier Mittel eingeschränkt. Das kanarische Gesundheitssystem (SCS) wird auf 28 Millionen Euro verzichten müssen. Da für den Personaletat 20 Millionen Euro weniger vorgesehen sind, ist mit Entlassungen und der Nichtbesetzung freier Stellen zu rechnen. Noch viel schlimmer wird es das Bildungswesen treffen, denn hier wurden gleich 130 Millionen gestrichen. Der Rotstift wurde ebenfalls insbesondere bei den Personalkosten angesetzt, mit fatalen Folgen für die Angestellten.

Auswirken werden sich auch die enormen Einschnitte bei den Unterabteilungen Arbeit und Berufsausbildung (trotz der für das kommende Jahr angekündigten Zunahme der Arbeitslosigkeit wurden die Mittel um 46% reduziert), Sozialer Wohnungsbau und Wohnbeihilfen (-29%), Kultur und Sport (-26%), Infrastruktur in Urlaubsgebieten (-41%), Land-, Viehwirtschaft und Fischerei (-51%) sowie Industrie und Energie (-78%). Für den öffentlichen Bau wird erneut fast 30% weniger Geld zur Verfügung stehen. Auch die Regionalverwaltung wird nicht vom Sparzwang verschont. Vorgesehen sind der Abbau gehobener Stellungen und Beraterposten, Lohnkürzungen und verlängerte Arbeitszeiten.

Nur wenige Posten im Haushaltsplan wurden angehoben. Insbesondere der Etat zur Bedienung der öffentlichen Schuld wurde um 21% auf 242 Millionen Euro aufgestockt (Ende 2013 soll die Region übrigens mit über 5,6 Milliarden Euro in der Kreide stehen). Die Inselregierungen und Gemeinden dürfen sich über mehr Geld freuen (+4%, 586 Millionen Euro bzw. +0,5%, 456 Millionen Euro).

Die Kürzung der staatlichen Zuschüsse, der Finanzierungsfehlbetrag und die konjunkturell vorhersehbare Abnahme der direkten Steuereinnahmen wird zum einen durch die Einsparungen abgefedert und soll zum anderen durch einen Anstieg der indirekten Steuereinnahmen (Tabak, kanarische Mehrwertsteuer, Kraftstoff) ausgeglichen werden. Allerdings sind laut Ortiz, Leiter der Ressorts Wirtschaft und Finanzen, kaum Steuererhöhungen – ausgenommen bei der Tabaksteuer – vorgesehen.

Die Regionalregierung stützte sich bei der Erarbeitung des Haushaltes auf die düsteren Aussichten für das kommende Jahr: einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 34%, einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,8% und die Fortsetzung der Rezession, Daten, die Kritiker als „unrealistisch“ weil „zu optimistisch“ bezeichnen. Sämtliche Wirtschaftssektoren – bis auf den Tourismus und den Außenhandel, u.a. mit Afrika – sollen ein weiteres Jahr in der Krise feststecken.

Trotz allem ließ sich Ortiz bei der offiziellen Übergabe des Haushaltsentwurfes an das Regionalparlament zu fünf Versprechen hinreißen, die ihrem Inhalt zufolge Aufschluss über die prekäre Lage geben: keine Schließungen und Privatisierungen von Krankenhäusern, Aufstockung der öffentlichen Ausbildungsplätze, Beibehaltung der Stipendien, Anhebung der Mittel für Schulkantinen (Frühstück und Mittagessen) und die Aufrechterhaltung sozialer Hilfen für Senioren, behinderte und sozial gefährdete Personen.

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