Der Tourismus-Super-GAU

Canarios, die jetzt bei frühlingshaften Temperaturen die Strände in der kanarischen Sonne genießen, treffen in dieser ungewöhnlichen Hauptsaison nur auf wenige Touristen. Foto: efe

Canarios, die jetzt bei frühlingshaften Temperaturen die Strände in der kanarischen Sonne genießen, treffen in dieser ungewöhnlichen Hauptsaison nur auf wenige Touristen. Foto: efe

2020 wurde das Unvorstellbare wahr: mit 9,5 Millionen Touristen weniger und 12,3 Milliarden Euro weniger Einnahmen als im Vorjahr, erlebt der Tourismussektor der Inseln ein Debakel

Kanarische Inseln – Die am 5. Januar vom spanischen Statistikamt INE veröffentlichten Daten bis Ende November lassen keinen Zweifel mehr daran, dass 2020 als schwarzes Jahr in die Geschichte des Tourismus auf den Kanarischen Inseln eingeht. Das Jahr des Tourismus-Super-GAUs hat eine bisherige Bilanz – die Daten für Dezember stehen noch aus – von 3,58 Millionen ausländischen Touristen auf den Kanaren hinterlassen – 9,5 Millionen weniger als im selben Zeitraum 2019.
Durch das Ausbleiben der Touristen gingen auch die Einnahmen durch die Ausgaben der Urlauber am Zielort drastisch zurück: von 16,8 Milliarden Euro in 2019 auf 4,5 Milliarden in 2020. Das Ausbleiben von circa 12,3 Milliarden Euro des wichtigsten Wirtschaftszweigs entspricht einem erheblichen Teil des Bruttoinlandsprodukts der Kanaren, das 2019 bei rund 47 Milliarden Euro lag.
Obwohl der Dezember noch nicht miteingerechnet ist, steht längst fest, dass das Jahr der Corona-Pandemie die vom Tourismus abhängigen Kanarischen Inseln mit aller Härte getroffen hat und vor eine Herausforderung historischen Ausmaßes stellt.
Zwischen Januar und November 2020 besuchten 3,58 Millionen Touristen aus dem Ausland die Kanarischen Inseln, darunter immerhin 849.000 Mutige, die ihren Urlaub nach dem Corona-Ausbruch im März auf den Inseln verbrachten. Trotzdem stellen diese 3,58 Millionen im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres, als noch Normalität herrschte und 11,9 Millionen Gäste kamen, einen Rückgang um sage und schreibe 70% dar.

Hoteliers fordern Maßnahmenpaket mit direkten und ausreichenden Hilfeleistungen, um den Sektor zu retten

Der spanische Verband der touristischen Beherbergungsunternehmen (Confederación Española de Hoteles y Alojamientos Turísticos, Cehat), dessen Vorsitzender Jorge Marichal von Teneriffa stammt, hat in einem „offenen Brief an die Heiligen Drei Könige“ am 6. Januar deutlich gemacht, wie groß die Sorge ist. Darin wird das Jahr 2020 als „schwerstes und unheilvollstes in Jahrzehnten“ beschrieben. Für die Rettung des Beherbergungssektors fordert Cehat ein Rettungspaket mit direkten Hilfen in ausreichendem Maße, um eine Pleitewelle zu verhindern, der Tausende Unternehmen und Hunderttausende Jobs zum Opfer fallen könnten. Innerhalb dieses Pakets fordern die Hotelunternehmer die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes (ERTE) sowie die Beitragsbefreiung der Sozialversicherung der betroffenen Angestellten für Arbeitgeber bis Ende des Jahres 2021.
Zu den weiteren dringenden Forderungen der Hoteliers, deren Häuser infolge der Pandemie geschlossen sind, zählen die Aussetzung bzw. Befreiung von Steuern wie Grundsteuer, Gewerbesteuer, Müllabfuhrgebühr sowie der Stromgrundgebühr. Für die staatlich garantierten ICO-Kredite forderte der Verband minimale oder Nullzinsen.
Abschließend bittet Cehat-Präsident Jorge Marichal den Staat um eine korrekte Einstufung und Berücksichtigung des Wirtschaftssektors Tourismus und endet mit der Feststellung: „Wir fordern nur die unerlässlichen Maßnahmen, um das Überleben und die Erholung des Sektors zu gewährleisten.“

Viele Hotels sind weiter geschlossen: Nur 35,9% der Gästebetten auf Teneriffa sind derzeit buchbar

Die Corona-Krise hat das Hotelgewerbe mit aller Wucht getroffen. Der Hotelverband Ashotel, dem auf Teneriffa 206 Hotels mit zusammen 90.560 Gästebetten angeschlossen sind, hat eine Aufstellung veröffentlicht, die zeigt, wie dramatisch die Lage ist. Ashotel zufolge sind aktuell lediglich 83 der 206 dem Verband angeschlossenen Hotels auf Teneriffa geöffnet, was 40,2% entspricht; 123 Unterkünfte sind geschlossen.
Wenn man die Zahl der Gästebetten betrachtet, die derzeit verfügbar sind, sinkt der Prozentsatz noch weiter, nur 35,9% aller Hotelbetten liegen in geöffneten Resorts. Im Süden der Insel sind zurzeit 35,7% der Hotelbetten verfügbar, im Norden nur 30,1%. Von den Stadthotels, die weniger vom Tourismus abhängig sind und überwiegend Geschäftsreisende oder auch Mitglieder von Sportvereinen beherbergen, sind immerhin 67,9% derzeit geöffnet.
Die Hotels, die trotz drastisch gesunkener Gästezahlen weiterhin geöffnet haben, verzeichnen außerdem sehr geringe Auslastungen, meldet Ashotel; in vielen Fällen sind sie nicht einmal zu 20% belegt. Die Hotels dennoch geöffnet zu halten, bedeute für die Betreiber enorme Anstrengungen, wird hinzugefügt.
Außerdem geht aus den Daten von Ashotel hervor, dass 34 Hotels auf Teneriffa nach der ersten Schließung infolge des Lockdowns im März 2020 im Sommer wieder den Neustart wagten, jedoch schon kurze Zeit später wieder schließen mussten. Die schlechte Buchungslage und die Unsicherheit angesichts der Entwicklung der Pandemie führten im September viele Hoteliers zu der Entscheidung, zu schließen und das Personal erneut in Kurzarbeit zu schicken.
Die von Ashotel veröffentlichten Zahlen stammen aus einer telefonischen Umfrage, die der Verband am 12. und 13. Januar unter seinen Mitgliedern durchführen ließ.
Der Präsident des Hotelverbands, Jorge Marichal, bedauert: „Die Wintersaison, für die Kanaren die Hauptsaison, haben wir so gut wie abgeschrieben, obwohl wir so große Hoffnungen darauf gesetzt hatten. Nun richten wir den Blick auf den nächsten Winter; auch wenn wir bereits im Sommer den Erholungsprozess beginnen können, wird da die Konkurrenz größer sein.“

[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]

About Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.