Ein Artikel von Dr. Alexander Steinmetz
Wer daran denkt, eine spanische Immobilie zu kaufen oder zu verkaufen, wird in der Regel mit einer Besonderheit des spanischen Rechts, den „Arras“, konfrontiert.
In Spanien ist es üblich, dass der Käufer bei Abschluss eines privatschriftlichen Kaufvertrages eine Anzahlung, die „arras“ oder das „señal“ leistet.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt – in der Regel bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages- wird der vollständige Restkaufpreis (abzüglich des in Höhe von 3 % an das zuständige Finanzamt abzuführenden Einkommenssteuereinbehaltes) gezahlt.
Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte mit Urteil vom 27.10 2010 darüber zu entscheiden, welche Bedeutung der Vereinbarung einer solchen Anzahlung zukommt. In dem Rechtsstreit hatte der Käufer einer Immobilie aufgrund eines privatschriftlich abgeschlossenen Kaufvertrages eine Anzahlung in Höhe von ca. 30.000,- Euro vereinbart und an den Verkäufer geleistet. Nachdem einige Zeit ins Land gezogen war und die Immobilie einen erheblichen Wertzuwachs erfahren hatte, verlor der Verkäufer das Interesse an dem Vertrag und versuchte, sich einseitig von diesem zu lösen. Er erklärte den Rücktritt und bot dem Käufer die zweifache Rückerstattung der geleisteten Anzahlung an. Er argumentierte, dass er aufgrund der zur Anzahlung getroffenen Vereinbarung bei entsprechender, doppelter Erstattung derselben, ein Rücktrittsrecht ausüben könne. Der Käufer wehrte sich gegen die Rücktrittserklärung des Verkäufers und beantragte gerichtlich, die Wirksamkeit des geschlossenen Immobilien-Kaufvertrages festzustellen.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Käufer nun in seiner Rechtsauffassung. Der Gerichtshof führt aus, dass dem Verkäufer aufgrund der getroffenen Vereinbarung ein Rücktrittsrecht nicht zustand. Nach Auffassung des höchsten spanischen Zivilgerichts ist zwischen drei verschiedenen Formen von Anzahlungen und den damit verbundenen rechtlichen Folgen zu unterscheiden:
Drei unterschiedliche „Arras“-Formen:
1) Verkäufer und Käufer können schlicht eine Anzahlung vereinbaren, durch welche das Zustandekommen eines verbindlichen Vertrages bestätigt wird (arras confirmatorias);
2) Die Anzahlung kann auch den Charakter einer Vertragsstrafe haben, welche (den Käufer) zur Erfüllung der abgeschlossenen Vereinbarung anhalten soll, ohne dass damit für eine der Parteien ein Rücktrittsrecht verbunden wäre;
3) Die Anzahlung kann auch als Zahlung im Sinne von so genannten „arras penitenciales“ (Draufgeld) verstanden werden. In diesem Fall leistet der Käufer eine Anzahlung auf einen wirksamen Kaufvertrag. Jedoch ist sowohl Verkäufer wie auch Käufer ein Rücktrittsrecht vom Vertrag vorbehalten, sodass sich jede Partei einseitig von dem Vertrag lösen kann. Übt der Käufer das Rücktrittsrecht aus, verliert dieser die erbrachte Anzahlung als Draufgeld an den Verkäufer. Für den Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts durch den Verkäufer, verpflichtet sich dieser zur Erstattung des zweifachen Kaufpreises an den Käufer. Der Oberste Gerichtshof hebt hervor, dass dieser letzten Variante des Draufgeldes Ausnahmecharakter zukommt. Sie kann deshalb nur angenommen werden, wenn in dem Vertrag der klare und unzweifelhafte Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck gekommen ist, dass dem Verkäufer und dem Käufer das Recht vorbehalten ist, vom Vertrag einseitig Abstand zu nehmen.
Im vorliegenden Sachverhalt sah der Oberste Gerichtshof diese Voraussetzungen nicht als erfüllt an. Die Leistung der Anzahlung sollte vielmehr die Erfüllung des Vertrages garantieren (Vertragsstrafe), also dem Käufer einen Anreiz geben, der eingegangenen Zahlungsverpflichtung vollständig nachzukommen. Der Gerichtshof stellt fest, dass nach dieser Regelung keinesfalls ein Fall der so genannten „arras penitenciales“, die in Art. 1.454 Código Civil geregelt sind, gegeben ist. Im Ergebnis kann der Verkäufer also aus dieser Regelung kein Rücktrittsrecht herleiten und ist an den Vertrag gebunden, selbst wenn das Grundstück seit Vertragsabschluss einen nicht unerheblichen Wertzuwachs erfahren hat. Das höchste spanische Zivilgericht bestätigte demgemäß das erstinstanzliche Urteil, das die Wirksamkeit des Kaufvertrages festgestellt und den Verkäufer zur Vertragserfüllung verpflichtet hatte.
Wer sich mit dem Gedanken trägt, eine spanische Immobilie zu kaufen, wird nicht selten eine „Arras-Vereinbarung“ von der Verkäuferseite vorgelegt bekommen. Welche Bedeutung diese Vereinbarung tatsächlich hat, sollte zur eigenen Absicherung geprüft werden, damit es nicht zu langwierigen und kostspieligen Missverständnissen kommt.
Der Autor
Dr. Alexander Steimetz ist als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main zugelassen.
Er betreibt in Partnerschaft mit Rechtsanwalt Dr. Löber eine Kanzlei in Frankfurt am Main (Tel. [+ 49] 069 96 22 11 23, www.l-s-w.de).
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