Die „Irrtümer“ der Kirche


Die Mezquita von Cordoba. Foto: Toni Castillo Quero

Die Bischofskonferenz räumt mögliche Unrichtigkeiten bei den massenhaften Immobilien-Registrierungen ein

Madrid – Trotz des jahrelangen Kampfes von Bürgerinitiativen für den Schutz des Volksvermögens und des Drucks vonseiten der Medien, konnte bisher nicht ans Licht gebracht werden, wie viele Liegenschaften – Kirchen, Kapellen, Friedhöfe, Grundstücke, Häuser und andere Immobilien – die Kirche im Stillen und hinter dem Rücken zahlreicher Stadt- und Gemeindeverwaltungen auf ihren Namen eingetragen hat. Ein Gesetz aus der Zeit der Franco-Diktatur hatte den Bischöfen das Privileg eingeräumt, Grundbucheintragungen vorzunehmen, ohne den Nachweis, der rechtmäßige Eigentümer zu sein, führen zu müssen. Dieses Gesetz wurde 1998, in Zeiten von Demokratie und vermeintlicher Trennung von Kirche und Staat, unter der Regierung von José María Aznar (PP) sogar noch um Gebäude erweitert, in denen Gottesdienste abgehalten werden und die bis dato ausgenommen waren. Schon zuvor, in den Achtzigerjahren waren auch Kirchen als Eigentum der Katholischen Kirche registriert worden, das Gesetz Aznars legalisierte diese Praxis nur.

Aktuell nimmt diese Angelegenheit eine Wendung, denn die neue spanische Regierung hat begonnen, die Versprechen der Sozialisten aus der Oppositionszeit einzulösen. Das Justizministerium, das sich lange Zeit auf diesem Auge blind zeigte, ist nun dabei, aus allen Grundbuchregistern Daten zusammenzutragen und eine vollständige Liste dessen zu erstellen, was manche die „große Plünderung“ nennen. Im Herbst sollen die Zahlen vorliegen.

Schätzungen gestalten sich schwierig, allein in den letzten zwei Jahrzehnten wurden beispielsweise in Navarra 2.007, in Aragón 1.751 und im Baskenland 522 Liegenschaften auf die Kirche eingetragen. Rechnet man diese Zahlen auf alle siebzehn autonomen Regionen und auf die Zeit vor 1998 hoch, kommen leicht mehrere Zehntausend Immobilien zusammen, die bis dato in keinem Grundbuch eingetragen waren und durch die Kirche erstmals registriert wurden, ohne die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse zu klären.

Der stellvertretende Sekretär für die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Kirche in der Bischofskonferenz, Fernando Giménez Barriocanal, behauptet, die genauen Zahlen nicht zu kennen. Seine Schätzung, es könnte sich um etwa 40.000 handeln, beruht auf der Überlegung, dass nicht nur Bischöfe, sondern auch Pfarrer und Klöster Grundeigentum registrieren lassen können und es allein 23.000 Pfarreien in Spanien gibt. Barriocanal rechtfertigt die massenhaften Grundbucheintragungen als Maßnahme, um sicherzustellen, dass die Gebäude weiterhin dem Zweck dienen, für den sie gebaut wurden. Doch tatsächlich geht es nicht nur um Gotteshäuser, sondern auch um Weinberge, Lehrerunterkünfte, Sporthallen, Gewerberäume und Landwirtschaftsflächen, die keinem religiösen Zweck dienen. Sicherlich habe es „Irrtümer“ gegeben, räumt Barriocanal ein, doch falls Unregelmäßigkeiten vorgekommen sein sollten, gebe es Möglichkeiten, diese zu korrigieren.

Doch die Berichtigung der im großen Stil geschaffenen Tatsachen gestaltet sich schwierig. Drei Möglichkeiten, das Problem anzugehen, bieten sich an: Der private Klageweg, über den die fraglichen Liegenschaften einzeln in das Volksvermögen zurückgeführt werden – ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stützt diesen Weg – , ein Gesetz, das ein für alle Mal regelt, welches kulturelle, historische und wirtschaftliche Vermögen per Definition öffentliches Eigentum ist, oder die „portugiesische Methode“. Portugal hat sich 1940 mit dem Vatikan darauf geeinigt, dass alle Monumente von allgemeinem Interesse dem Staat gehören, die Katholische Kirche aber das uneingeschränkte Nutzungsrecht hat.

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