Die weite Reise der gefälschten Markenartikel


Sogenannte „Manteros“, Straßenverkäufer, die ihre Ware auf Decken anbieten, im Zentrum von Barcelona. Obwohl Schilder Touristen warnen, dass der Erwerb dieser Produkte verboten ist und mit 50 Euro Bußgeld geahndet wird, floriert das Geschäft. Foto: wb

Eine Studie hat die Verkehrsrouten der Imitationen analysiert

Madrid – Woher kommen eigentlich gefälschte Artikel, und wer stellt sie her? Welche Wege legen sie zurück, bevor sie beim Käufer landen? Diese Fragen beantwortet eine Studie, welche die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemeinsam durchgeführt haben.

China ist der bedeutendste Hersteller für gefälschte und kopierte Erzeugnisse, während Hongkong, die Vereinigten Arabischen Emirate und Singapur die Staaten sind, in denen sie zwischengelagert werden. Von dort aus erfolgt dann der Versand. Stark gestiegen ist dabei die Versendung auf dem Postweg, insbesondere was Elektronik, T-Shirts und gefälschte Medikamente betrifft.

Die Ergebnisse dieser Studie ergänzen eine andere, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde und in der aufgrund der Daten von Beschlagnahmungen durch den Zoll der Umfang des Geschäftes mit gefälschten Artikeln hochgerechnet wurde. Allein im Jahr 2013 soll dieser bei mehr als 413,5 Milliarden Euro gelegen haben – etwa 2,5 % des weltweiten Handelsaufkommens und 5 % des Handels der EU.

In ihrer neuesten Studie haben die beiden Organisationen die Produkte in zehn Kategorien aufgeteilt, die am häufigsten gefälscht oder kopiert werden und 62 % aller Fälschungen ausmachen: Nahrungsmittel, Medikamente, Parfüm und Kosmetik, Lederwaren, Taschen, Textilien, Schuhe, Schmuck, elektronische und elektrische Geräte, optische, fotografische und medizinische Gerätschaften sowie Spielzeug.

Bei der Studie wird, wie eingangs erwähnt, zwischen Erzeuger- und Transitländern unterschieden. Es werden Daten von Beschlagnahmungen aus dem Jahr 2016 mit denen der industriellen Kapazität der Staaten verglichen – denn wenn ein Land legale Güter produziert, könnte es auch Fälschungen herstellen. Auch sogenannte Reexporte werden mit in die Kalkulation einbezogen.

Mit dieser Berechnungsmethode sind die Autoren der Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass China den größten Anteil von gefälschten Artikeln weltweit produziert und zwar in neun der zehn genannten Kategorien. Nur bei der Herstellung gefälschter pharmazeutischer Produkte liegt Indien an der Spitze. Weitere asiatische Staaten wie Thailand, Malaysia, Pakistan oder Vietnam wurden als Produktionsstätten identifiziert, aber auch die Türkei spielt eine bedeutende Rolle unter den Produktfälschern, führt jedoch in keiner der Kategorien die Hitliste an. Gefälschte Nahrungsmittel und Kosmetika kommen hauptsächlich von dort und gelangen auf dem Landweg in die europäischen Länder.

Aus einer speziell für diese Studie angefertigten Karte ist zu entnehmen, wie und wo sich die gefälschten Artikel bewegen, die in Asien – China, Indien, Thailand hergestellt werden. Auf ihrem Weg in den Westen machen sie in Häfen wie Hongkong, Macao, Singapur, in Osteuropa wie der Ukraine und Albanien, in Nordafrika wie Marokko und Ägypten, im Vorderen Orient wie Kuweit, Saudi-Arabien und dem Jemen halt. Auf ihrem Weg in die USA geht die Reise der Fälschungen in der Regel über Panama.

Diese „Versandadressen“ sind erforderlich, um die illegale Herkunft der Waren zu verschleiern. Oft sind auch noch andere Dienstleistungen wie Dokumentenfälschung, Um-Etikettierung und Neuverpackung erforderlich. Nicht selten werden die Fälschungen in Containern zusammen mit regulären Warensendungen verschickt.

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