Doppelte Erbschaftsteuer auf Bankguthaben im anderen Mitgliedstaat für zulässig erklärt


Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Erbschaftsbesteuerung Deutschland/Spanien

Der EuGH hat durch Urteil vom 12.02.2009 entschieden, dass im nachstehend geschilderten Fall sowohl Spanien als auch Deutschland erbschaft­steuerberechtigt sind, ohne dass die Anrechnung der im anderen Staat bezahlten Erbschaftsteuer stattfindet (Az: C-67/08).

Der Fall:

Ein deutscher Besitzer eines Luxusbungalows in Spanien, der auch bei seiner spanischen Bank ein Guthabenkonto mit sechsstelligem Saldo führt, verstirbt an seinem letzten Wohnsitz in Deutschland. Sein Sohn, durch deutschen Erbschein als Alleinerbe ausgewiesen, tritt nach Erledigung der zahlreichen Formalitäten in steuerlicher, notarieller, grundbuchrechtlicher und bankmäßiger Hinsicht die Erbschaft in Spanien an. Auf Grund der Belegenheit des Grundstücks und des Bankkontos in Spanien zahlt er die – nicht zu niedrige – spanische Erbschaftsteuer sowohl für das ihm zugefallene Bankguthaben als auch für den Bungalow, für letzteren auch noch die gemeindliche Plusvalía. Das Bankguthaben ist für die Zahlung der spanischen Erbschaftsteuer nahezu aufgezehrt worden. Zu seiner Überraschung erhält er danach vom deutschen Finanzamt die Nachricht, es ginge jetzt um die Zahlung der in Deutschland fälligen Erbschaftsteuer.

Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit?

In Erbsachen besteht zwischen Deutschland und Spanien kein Doppelbesteuerungsabkommen. Danach ist jeder Staat berechtigt, Erbfälle nach seinen eigenen Gesetzen zu besteuern. Es gilt jedoch in den jeweiligen Erbschaftsteuergesetzen das Prinzip, dass im anderen Staat tatsächlich geleis­tete Erbschaftsteuer jeweils grundsätzlich angerechnet werden kann. Im vorliegenden Falle wurde die in Bezug auf den Bungalow entrichtete spanische Erbschaftsteuer vom deutschen Fiskus angerechnet. Eine Anrechnung der spanischen Erbschaftsteuer in Bezug auf das spanische Bankguthaben wurde jedoch vom Finanzgericht München in seinem Urteil vom 6. Juli 2005 verneint. Es bezog sich zur Begründung auf § 121 des deutschen BewG, wonach ausländische Bankguthaben als inländisches Nachlassvermögen gelten. Der EU-Partner Spanien hingegen hatte aufgrund der spanischen Erbschaftsteuergesetzgebung das spanische Bank­guthaben seiner eigenen Besteuerung unterworfen. Ergebnis: Doppelte Besteuerung.

Der Bundesfinanzhof, bei dem der Fall gelandet war, legte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob die doppelte Erbschaftbesteuerung des spanischen Bankguthabens gegen das EU-Prinzip der Kapitalverkehrsfreiheit verstoße.

Die Urteilsbegründung des EuGH:

Der Gerichtshof stellt fest, dass der Steuernachteil daraus resultiert, dass Deutschland und Spanien ihre Besteuerungsbefugnis parallel zu einander wie folgt ausgeübt haben:

– Deutschland erhebt auf Kapitalforderungen dann die deutsche Erbschaftsteuer, wenn der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland hat, und sich das Bankguthaben im Ausland, z. B. in Spanien befindet.

– Spanien ist aufgrund seiner Gesetzgebung befugt, die spanische Erbschaftsteuer dann zu erheben, wenn sich das Bankguthaben in Spanien befindet.

Der Gerichtshof stellte weiterhin fest, dass das Gemeinschaftsrecht aktuell den Mitgliedsstaaten keine allgemeinen Regeln für die Kompetenzverteilung zwecks Beseitigung der Doppelbesteuerung vorschreibt.

Hieraus folgt, so der Gerichtshof, dass die Mitgliedstaaten aktuell „nicht verpflichtet sind, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedsstaaten anzupassen, um eine parallele Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse und die sich hieraus ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass hier der unschöne Fall vorliegt, dass beide Staaten den selben erbrechtlichen Sachverhalt jeweils besteuern. Es ist mithin höchste Zeit, dass die Regierungen Spaniens und Deutschlands in Verhandlungen treten zwecks Abschlusses eines Abkommens zur Beseitigung der Doppelbesteuerung bei Erbschaften. Schließlich hat man sich durch Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens aus dem Jahre 1966 geeinigt über die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Gute Ratschläge für die Betroffenen in gleichartigen Fällen in der Zukunft:

1. Man sollte als Erblasser in Spanien sterben, weil § 21 des deutschen Erbschaftsteuergesetzes günstigere Anrechnungsregeln vorsieht, wenn der Erblasser bei seinem Ableben seinen Wohnsitz beispielsweise in Spanien hatte.

2. Es sollte – möglichst über einen Anwalt oder Steuerberater – ein Antrag beim Deutschen Finanzamt auf teilweisen oder vollständigen Erlass der Besteuerung im Hinblick auf die bereits erfolgte spanische Besteuerung im Kulanzverfahren gestellt werden.

Text: Dr. Burckhardt Löber und Fernando Lozano

Dr. Löber ist als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main und als Abogado in Valencia zugelassen. Er betreibt in Partnerschaft mit Rechtsanwalt Dr. Steinmetz eine Kanzlei in Frankfurt am Main (Tel. [+ 49] 069 96 22 11 23, www.loeber-steinmetz.de) und gemeinsam mit Herrn Abogado und Asesor Fiscal Fernando Lozano Kanzleien in Valencia (Tel. [+34]  963 28 77 93) und Denia (Tel. 965 78 27 54),  www.loeberlozano.com)

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.