Dutzende Angeklagte kandidieren bei den Kommunalwahlen


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Beklagte Lokalpolitiker, besonders der PP, führen erneut die Wahllisten an

Fall für Fall, so hatte Präsident Mariano Rajoy angekündigt, werde die Partei die Kandidaten überprüfen, die sich bei den bevorstehenden Kommunalwahlen um das Bürgermeisteramt bewerben. Damit sollte ausgeschlossen werden, dass sich Kandidaten präsentieren, gegen die Strafverfahren anhängig sind.

Trotz der angekündigten genauen Prüfungen stellen sich Dutzende von Politikern zur Wahl, gegen die von der Justiz ermittelt wird. Auch die sozialistische PSOE hat einige angeklagte Kandidaten präsentiert, allerdings in geringerer Zahl.

Unter ihnen befinden sich prominente Namen, die aufgrund von Skandalprozessen durch die Medien gingen, wie der Bürgermeister von Valladolid, der sich genau wie die Amtskollegen, aus Melilla, Jérez oder Cartagena wieder zur Wahl stellen, obwohl gegen sie wegen verschiedenster Korruptionsfälle ermittelt wird oder bereits ein Urteil vorliegt.

In Galicien bewerben sich 18 noch amtierende Bürgermeister – 14 von der PP und 4 von der PSOE – darunter auch der Stadtvater von Lugo um ihre Wiederwahl, obwohl sie Probleme mit der Justiz haben.

In der Region Valencia, die ganz besonders stark von Korruptionsfällen betroffen ist, was den Rücktritt des Regionalpräsidenten Francisco Camps nur einen Monat nach seiner Wiederwahl bewirkt hatte, ist die Zahl der „unredlichen Kandidaten“ besonders hoch. Ein gutes Dutzend Abgeordnete des Regionalparlaments und mehrere Bürgermeister bewerben sich um ihre Wiederwahl. Sechs Bürgermeister, darunter vier der Partido Popular und ein Sozialist, gegen die ebenfalls ermittelt wird, stehen auf den Kandidatenlisten.

In der Region Madrid hat die dortige Generalsekretärin der PP, Esperanza Aguirre, drei Bürgermeister als Kandidaten vorgestellt, gegen die Untersuchungen laufen. Allerdings hatte Aguirre versichert, es handele sich dabei um verwaltungstechnische Verfehlungen und nicht um Korruption. Die PSOE-Führung von Madrid hat versichert, dass sie keine Kandidaten in ihren Listen führe, gegen die Anklagen laufen. Bei einigen Ausnahmen ginge es um Privatprozesse, die in keiner Weise mit Korruption in Verbindung stehen.

Auch in Katalonien, wo lediglich Kommunalwahlen stattfinden, da die Regionalwahlen für den Monat September festgelegt wurden, bewerben sich zahlreiche Politiker, gegen die Untersuchungen laufen.

Die Wahlen vom 24. dieses Monats, die in 13 Regionen und 8.108 Gemeinden neue Regierungen hervorbringen oder alte bestätigen sollen, werden zeigen, in welchem Maße sich die zahlreichen Korruptionsfälle auf das Wahlergebnis auswirken. Diese waren bekanntlich während der vergangenen Krisenjahre neben der Arbeitslosigkeit die größte Sorge der spanischen Bürger, wie Umfragen immer wieder ergeben hatten. 

Bei den letzten Wahlen vom Mai 2011 bzw. November 2011, hatte die Korruption, die zu diesem Zeitpunkt bereits an die Öffentlichkeit gedrungen war, praktisch keinerlei Auswirkungen auf die Wahlergebnisse der Regional- und Kommunalwahlen und später auf die Generalwahlen. Partido Popular gewann in 10 von 13 Regionen, in denen Wahlen abgehalten wurden, und mit absoluter Mehrheit in 3.317 Gemeinden. Sie war mit Abstand die meistgewählte politische Partei Spaniens, obwohl bereits mehrere Untersuchungen wegen Korruption liefen, die in der Öffentlichkeit heftig diskutiert und kritisiert wurden.

Nach ihrem Sieg bei den Generalwahlen vom 20. November 2011 erzielte Partido Popular die größte politische Macht ihrer Geschichte in Zeiten der Demokratie. Sie regierte Spanien mit absoluter Mehrheit, in mehr als der Hälfte der Gemeinden und in 11 der 17 Autonomen Regierungen. Zu dieser Zeit liefen bereits seit zwei Jahren die Untersuchungen gegen das Korruptionsnetz „Gürtel“. Zwanzig prominente PP-Politiker, darunter der Schatzmeister der Partei, Luis Bárcenas sowie der Regionalpräsident von Valencia, Francisco Camps gehörten zu den Beschuldigten. 

Der größte Korruptions-Skandal in der Geschichte der Partido Popular hat die Partei bei den Wahlen von 2011 und zwar bei den Kommunal- und bei den Parlamentswahlen keinerlei Stimmen gekostet. Sie konnte sowohl in Valencia als auch in Madrid, wo das Korruptionsnetz von Francisco Correa seine größten illegalen Geschäfte machen konnte, absolute Mehrheiten erzielen. Die nationale Leitung der PP verabschiedete seinerzeit eine Kandidatenliste für Valencia, auf der neun Personen standen, die der Korruption angeklagt waren. Und mit diesem „Schaufenster“ erreichte die Partei 55 der 99 Sitze, die auf dem Spiel standen und 1,2 Millionen Stimmen, doppelt so viele wie die Sozialisten, die zweite politische Kraft in der Region.

Der derzeitige Präsident von Valencia, Alberto Fabra, der Francisco Camps im Amt folgte, als dieser vor Gericht stand und daher zurücktreten musste, möchte ebenfalls wiedergewählt werden. Er hat offiziell mitgeteilt, dass auf seiner Kandidatenliste niemand stehe, der angeklagt sei oder gegen den ermittelt werde.

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