Ehemaliger Generaldirektor der Guardia Civil nach 15 Jahren Haft entlassen


© EFE

Luis Roldán ist mit seiner Beute davongekommen

Nachdem sich die Gefängnistore zum letzten Mal hinter ihm geschlossen hatten, setzte sich Luis Roldán, einst der mächtige Generaldirektor der Guardia Civil, demonstrativ in einen öffentlichen Bus, mit dem er in die Innenstadt von Zaragoza fuhr.

Zaragoza – Denen, die gespannt auf Äußerungen von ihm warteten, erklärte Roldán knapp: „Ich habe kein Geld. Deshalb kann ich nicht woanders hingehen.“ Er werde kün­f­tig im Bus fahren und die 70 qm-Wohnung seiner Eltern in Zaragoza bewohnen. Immerhin sei er froh, dass er nicht mehr im Gefängnis schlafen müsse.

Luis Roldán ist einer der prominentesten Häftlinge Spaniens. Die Skandale um Amtsmissbrauch, unlautere Bereicherung, Annahme von Bestechungsgeldern und Steuerhinterziehung kosteten nicht nur den damaligen Innenminister Antoni Asunción Hernández seinen Posten, sondern trugen auch wesentlich zur Wahlniederlage der Sozialisten 1996 unter Felipe González bei.

Den Skandal hatte die Zeitschrift Diario 16 aufgedeckt, die 1993 mit der Frage an die Öffentlichkeit trat, wie Luis Roldán mit seinem damaligen Gehalt von 600.000 Peseten – rund 3.600 Euro – 15 Wohnungen und Villen auf den Namen der Gesellschaft Europe Capital S.L. erwerben konnte. Die Ermittlungen ergaben, dass Roldán außerdem noch fette Konten in der Schweiz besaß, gefüllt mit Provisionen, die er hauptsächlich für die Vergabe von Bau- und Renovierungsaufträgen der zahlreichen Kasernen der Guardia Civil im ganzen Land eingestrichen hatte.

Während der laufenden Gerichtsverhandlungen gegen Roldán wurde am 27. April 1994 sein Reisepass eingezogen. Beim nachfolgenden Termin am 29. April war Roldán bereits untergetaucht. 10 Monate war er auf der Flucht, bis er am 27. Februar 1995 auf dem Transitflughafen von Bangkok verhaftet und nach Spanien zurückgebracht werden konnte.

Wie im Krimi

Das Vermögen, das er in seinen Jahren als Guardia Civil-Generaldirektor anhäufen kon­n­­te, wurde auf obskuren Wegen und mit Hilfe seines Vertrauten Francisco Paesa, Agent im Dienste der damaligen Antiterrorismuseinheit GAL, ins Ausland transferiert und steckt nun vermutlich in verschiedenen Steuerparadiesen. Die beiden Helfershelfer, die Paesa bei diesen Aktionen zur Seite standen, wurden unter ungeklärten Umständen tot aufgefunden. Der Schweizer Feuerwehrmann Jean Henri, Alkoholiker, hatte sich in seinem Appartement in Genf eine Kugel in den Kopf geschossen. Jack Pierre Aberlé wurde in halbnacktem Zustand tot in einem Obdachlosenheim aufgefunden, wo er in seinen letzten Monaten umgeben von Prostituierten und Obdachlosen gelebt hatte. Wie es der Zufall will, stammt der Direktor des Heims aus Málaga und ist mit Paesa befreundet. Henri und Aberlé hatten die rund 10 Millionen Euro von Roldáns Konto in der Schweiz zunächst auf Konten transferiert, die sie unter den Namen von panamesischen und irischen Unternehmen eröffnet hatten, bis das Geld schließlich bei der Overseas Union Bank of Singapore landete und von dort verschwand, ohne Spuren zu hinterlassen.

Luis Roldán wurde zunächst zu 28 Jahren Gefängnis verurteilt, dann wurde die Strafe auf 31 Jahre angehoben. Das über seinen Besitz verhängte gerichtliche Embargo endete in einem Fiasko, wird vom Finanzministerium zugegeben. Lediglich 1.646.845 Euro konn­­ten sichergestellt werden, wobei die vom Staat eingeklagte Summe 18 Millionen Euro beträgt.

Luis Roldán, der sich immer wieder irgendwie aus der Schlinge des Gesetzes herauslavieren konnte, hat es auch diesmal wieder geschafft. Indem er sich auf Paragraphen der alten Gesetzgebung, die zum Zeitpunkt seiner Straftaten gültig war, und der heutigen Gesetze berief, wurde seine Haftstrafe auf 20 Jahre gesenkt. Jetzt ist er wegen guter Führung nach 15 Jahren entlassen worden, wobei er die letzten Jahre im offenen Strafvollzug verbracht hat und lediglich die Nächte im Gefängnis verbringen musste.

Nun spielt er der Öffentlichkeit die Posse vom armen Mann vor, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren muss. Die Zeitung El Pais berichtet jedoch am 14. Februar, dass er zumindest zwei Sahnestücke seines Vermögens vor dem Zugriff der Justiz gerettet hat: Eine Wohnung im Zentrum von Paris und eine Villa in San Bartolomé auf den französischen Antillen, deren Wert insgesamt auf 3,7 Millionen Euro geschätzt wird. Nicht zu vergessen die 10 Millionen Euro, die so mysteriös verschwunden sind.

Und der einstige Innenminister Antoni Asunción stellt die berechtigte Frage, wie es möglich ist, dass der ehemalige Agent Francisco Paesa in dieser Sache völlig unbehelligt blieb.

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